Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann страница 149

Автор:
Серия:
Издательство:
Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann

Скачать книгу

vor der Haustür; man brachte den Mönch, der mit totenbleichem und verstörtem Gesicht sich geduldig führen ließ. Er antwortete auf keine Frage, er wollte nichts genießen, kaum schien er die Menschen um sich zu gewahren. Man hob ihn auf den Wagen und band ihn mit Stricken fest, da sein Zustand allerdings bedenklich schien und man vor dem plötzlichen Ausbruch einer innern verhaltenen Wut keinesweges sicher war. Als man seine Arme festschnürte, verzog sich sein Gesicht krampfhaft, und er ächzte leise. Sein Zustand durchbohrte mein Herz, er war mir verwandt worden, ja nur seinem Verderben verdankte ich vielleicht meine Rettung. Christian und ein Jägerbursche setzten sich neben ihm in den Wagen. Erst im Fortfahren fiel sein Blick auf mich, und er wurde plötzlich von tiefem Staunen ergriffen; als der Wagen sich schon entfernte (wir waren ihm bis vor die Mauer gefolgt), blieb sein Kopf gewandt und sein Blick auf mich gerichtet. “Sehen Sie”, sagte der alte Förster, “wie er Sie so scharf ins Auge faßt; ich glaube, daß Ihre Gegenwart im Speisezimmer, die er nicht vermutete, auch viel zu seinem rasenden Beginnen beigetragen hat, denn selbst in seiner guten Periode blieb er ungemein scheu und hatte immer den Argwohn, daß ein Fremder kommen und ihn töten würde. Vor dem Tode hat er nämlich eine ganz ungemessene Furcht, und durch die Drohung, ihn gleich erschießen zu lassen, habe ich oft den Ausbrüchen seiner Raserei widerstanden.” Mir war wohl und leicht, daß der Mönch, dessen Erscheinung mein eignes Ich in verzerrten, gräßlichen Zügen reflektierte, entfernt worden. Ich freuete mich auf die Residenz, denn es war mir, als solle dort die Last des schweren finstern Verhängnisses, die mich niedergedrückt, mir entnommen werden, ja, als würde ich mich dort, erkräftigt, der bösen Macht, die mein Leben befangen, entreißen können. Als das Frühstück verzehrt, fuhr der saubre, mit raschen Pferden bespannte Reisewagen des Försters vor. – Kaum gelang es mir, der Frau für die Gastlichkeit, mit der ich aufgenommen, etwas Geld, sowie den beiden bildhübschen Töchtern einige Galanteriewaren, die ich zufällig bei mir trug, aufzudringen. Die ganze Familie nahm so herzlichen Abschied, als sei ich längst im Hause bekannt gewesen, der Alte scherzte noch viel über mein Jägertalent. Heiter und froh fuhr ich von dannen.

      Vierter Abschnitt

      Das Leben am fürstlichen Hofe

       Inhaltsverzeichnis

      Die Residenz des Fürsten bildete gerade den Gegensatz zu der Handelsstadt, die ich verlassen. Im Umfange bedeutend kleiner, war sie regelmäßiger und schöner gebaut, aber ziemlich menschenleer. Mehrere Straßen, worin Alleen gepflanzt, schienen mehr Anlagen eines Parks zu sein als zur Stadt zu gehören; alles bewegte sich still und feierlich, selten von dem rasselnden Geräusch eines Wagens unterbrochen. Selbst in der Kleidung und in dem Anstände der Einwohner bis auf den gemeinen Mann herrschte eine gewisse Zierlichkeit, ein Streben, äußere Bildung zu zeigen.

      Der fürstliche Palast war nichts weniger als groß, auch nicht im großen Stil erbaut, aber rücksichts der Eleganz, der richtigen Verhältnisse eines der schönsten Gebäude, die ich jemals gesehen; an ihn schloß sich ein anmutiger Park, den der liberale Fürst den Einwohnern zum Spaziergange geöffnet. Man sagte mir in dem Gasthause, wo ich eingekehrt, daß die fürstliche Familie gewöhnlich abends einen Gang durch den Park zu machen pflege und daß viele Einwohner diese Gelegenheit niemals versäumten, den gütigen Landesherrn zu sehen. Ich eilte um die bestimmte Stunde in den Park, der Fürst trat mit seiner Gemahlin und einer geringen Umgebung aus dem Schlosse. – Ach! – bald sah ich nichts mehr als die Fürstin, sie, die meiner Pflegemutter so ähnlich war! – Dieselbe Hoheit, dieselbe Anmut in jeder ihrer Bewegungen, derselbe geistvolle Blick des Auges, dieselbe freie Stirne, das himmlische Lächeln. – Nur schien sie mir im Wüchse voller und jünger als die Äbtissin. Sie redete liebreich mit mehreren Frauenzimmern, die sich eben in der Allee befanden, während der Fürst mit einem ernsten Mann im interessanten, eifrigen Gespräch begriffen schien. – Die Kleidung, das Benehmen der fürstlichen Familie, ihre Umgebung, alles griff ein in den Ton des Ganzen. Man sah wohl, wie die anständige Haltung in einer gewissen Ruhe und anspruchslosen Zierlichkeit, in der sich die Residenz erhielt, von dem Hofe ausging. Zufällig stand ich bei einem aufgeweckten Mann, der mir auf alle mögliche Fragen Bescheid gab und manche muntere Anmerkung einzuflechten wußte. Als die fürstliche Familie vorüber war, schlug er mir vor, einen Gang durch den Park zu machen und mir, dem Fremden, die geschmackvollen Anlagen zu zeigen, welche überall in demselben anzutreffen; das war mir nun ganz recht, und ich fand in der Tat, daß überall der Geist der Anmut und des geregelten Geschmacks verbreitet, wiewohl mir oft in den im Park zerstreuten Gebäuden das Streben nach der antiken Form, die nur die grandiosesten Verhältnisse duldet, den Bauherrn zu Kleinlichkeiten verleitet zu haben schien. Antike Säulen, deren Kapitaler ein großer Mann beinahe mit der Hand erreicht, sind wohl ziemlich lächerlich. Ebenso gab es in entgegengesetzter Art im ändern Teil des Parks ein paar gotische Gebäude, die sich in ihrer Kleinheit gar zu kleinlich ausnahmen. Ich glaube, daß das Nachahmen gotischer Formen beinahe noch gefährlicher ist als jenes Streben nach dem Antiken. Denn ist es auch allerdings richtig, daß kleine Kapellen dem Baumeister, der rücksichts der Größe des Gebäudes und der darauf zu verwendenden Kosten eingeschränkt ist, Anlaß genug geben, in jenem Stil zu bauen, so möchte es doch wohl mit den Spitzbogen, bizarren Säulen, Schnörkeln, die man dieser oder jener Kirche nachahmt, nicht getan sein, da nur der Baumeister etwas Wahrhaftiges in der Art leisten wird, der sich von dem tiefen Sinn – wie er in den alten Meistern wohnte, welche das willkürlich, ja das heterogen Scheinende so herrlich zu einem sinnigen, bedeutungsvollen Ganzen zu verbinden wußten – beseelt fühlt. Es ist mit einem Wort der seltene Sinn für das Romantische, der den gotischen Baumeister leiten muß, da hier von dem Schulgerechten, an das er sich bei der antiken Form halten kann, nicht die Rede ist. Ich äußerte alles dieses meinem Begleiter; er stimmte mir vollkommen bei und suchte nur für jene Kleinigkeiten darin eine Entschuldigung, daß die in einem Park nötige Abwechslung und selbst das Bedürfnis, hie und da Gebäude als Zufluchtsort bei plötzlich einbrechendem Unwetter oder auch nur zur Erholung, zum Ausruhen zu finden, beinahe von selbst jene Mißgriffe herbeiführe. – Die einfachsten, anspruchslosesten Gartenhäuser, Strohdächer, auf Baumstämme gestützt und in anmutige Gebüsche versteckt, die eben jenen angedeuteten Zweck erreichten, meinte ich dagegen, wären mir lieber als alle jene Tempelchen und Kapellchen; und sollte denn nun einmal gezimmert und gemauert werden, so stehe dem geistreichen Baumeister, der rücksichts des Umfanges und der Kosten beschränkt sei, wohl ein Stil zu Gebote, der, sich zum antiken oder zum gotischen hinneigend, ohne kleinliche Nachahmerei, ohne Anspruch, das grandiose, alte Muster zu erreichen, nur das Anmutige, den dem Gemüte des Beschauers wohltuenden Eindruck bezwecke. “Ich bin ganz Ihrer Meinung”, erwiderte mein Begleiter, “indessen rühren alle diese Gebäude, ja die Anlage des ganzen Parks von dem Fürsten selbst her, und dieser Umstand beschwichtigt, wenigstens bei uns Einheimischen, jeden Tadel. – Der Fürst ist der beste Mensch, den es auf der Welt geben kann, von jeher hat er den wahrhaft landesväterlichen Grundsatz, daß die Untertanen nicht seinetwegen da wären, er vielmehr der Untertanen wegen da sei, recht an den Tag gelegt. Die Freiheit, alles zu äußern, was man denkt; die Geringfügigkeit der Abgaben und der daraus entspringende niedrige Preis aller Lebensbedürfnisse; das gänzliche Zurücktreten der Polizei, die nur dem boshaften Übermute ohne Geräusch Schranken setzt und weit entfernt ist, den einheimischen Bürger sowie den Fremden mit gehässigem Amtseifer zu quälen; die Entfernung alles soldatischen Unwesens, die gemütliche Ruhe, womit Geschäfte, Gewerbe getrieben werden: alles das wird Ihnen den Aufenthalt in unserm Ländchen erfreulich machen. Ich wette, daß man Sie bis jetzt noch nicht nach Namen und Stand gefragt hat und der Gastwirt keinesweges, wie in ändern Städten, in der ersten Viertelstunde mit dem großen Buche unterm Arm feierlich angerückt ist, worin man genötigt wird, seinen eignen Steckbrief mit stumpfer Feder und blasser Tinte hineinzukritzeln. Kurz, die ganze Einrichtung unseres kleinen Staats, in dem die wahre Lebensweisheit herrscht, geht von unserm herrlichen Fürsten aus, da vorher die Menschen, wie man mir gesagt hat, durch albernen Pedantismus eines Hofes, der die Ausgabe des benachbarten großen Hofes in Taschenformat war, gequält wurden. Der Fürst liebt Künste und Wissenschaft, daher ist ihm jeder geschickte Künstler, jeder geistreiche Gelehrte willkommen, und der Grad seines Wissens nur ist die Ahnenprobe,

Скачать книгу