Mein Weg: Der Weg der weißen Wolke. Osho
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Ist es wahr, dass wir, um wirklich frei zu sein, und total in diesem Moment zu leben und eine weiße Wolke zu werden, erst alle unsere Träume und Fantasien ausleben müssen?
ES IST KEINE FRAGE, ob ihr erst alle Träume und Fantasien ausleben müsst. Ihr lebt in ihnen. Ihr seid schon drin. Es gibt keine Wahl, ihr könnt nicht entscheiden. Könnt ihr wählen? Könnt ihr eure Träume fallenlassen? Eure Fantasien? Wenn man versucht, aus einem Traum herauszukommen, wird sofort ein neuer Traum daraus. Wenn ihr eure Fantasievorstellungen ändern wollt, verändern sie sich in eine andere Art von Vorstellung, aber es bleiben immer Vorstellungen und Träume. Was soll man nun machen? Akzeptiert sie! Warum dagegen sein? Dieser Baum hat rote Blüten, ein anderer Baum hat gelbe Blüten … Das ist doch in Ordnung! Du hast deine gelben Träume, ein anderer hat seine roten oder blauen Träume, es bleibt sich gleich.
Warum kämpfen, warum etwas ändern wollen? Wenn du versuchst, etwas daran zu ändern, heißt das, dass du zu sehr an sie glaubst. Du merkst es nicht, dass es nur Träume sind. Du denkst, es sei Wirklichkeit, und sie zu ändern sei von Bedeutung. Wenn Träume bloß Träume sind, warum könnt ihr sie dann nicht einfach als solche nehmen?
Wenn sie akzeptiert werden, verschwinden sie. Das ist das Geheimnis. In dem Moment, in dem sie akzeptiert werden, verschwinden sie, denn der träumende Verstand existiert nur durch die Ablehnung. Das ganze Phänomen des träumenden Verstandes ist Ablehnung. Ihr habt so vieles abgelehnt, deshalb taucht es dann in euren Träumen wieder auf. Ein Beispiel: Du gehst auf der Straße und siehst eine schöne Frau oder einen schönen Mann, und Begehren steigt in dir auf. Aber dann unterdrückst du den Wunsch und verurteilst dein Begehren.
Die gesamte Tradition, die Kultur, die Gesellschaft, die Moral, alle sagen, dass Begierde schlecht ist. Du darfst eine schöne Blume anschauen, nichts Böses ist dabei, aber wenn du ein schönes Gesicht anschaust, ist sofort etwas Schlechtes daran, darum lehnst du es ab. Jetzt wird dieses Gesicht zu einem Traum.
Das Abgelehnte wird zum Traum. Jetzt taucht dieses Gesicht in der Nacht auf und verfolgt dich. Unterdrückte Begierden werden zu Träumen und Fantasien. Wie fabriziert man einen Traum? Das Geheimnis ist Unterdrückung. Je mehr man unterdrückt, desto mehr Träume hat man. Menschen, die in die Einsamkeit fliehen und das Leben ablehnen, sind voll von Träumen. Und ihre Träume werden so realistisch, so eindrucksstark, dass sie nicht mehr zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden können.
Unterdrücke nichts, sonst schaffst du dir immer neue Träume. Akzeptiere alles! Was auch immer geschieht, akzeptiere es als Teil deines Traumes. Verurteile es nicht. In dem Augenblick, in dem du alles annimmst, lösen sich die Träume auf. Ein Mensch, der das Leben völlig akzeptiert, wird traumlos, weil die gesamte Grundlage für Träume zerstört ist. Das war das eine, und das andere ist, dass alles natürlich ist. Alles, sage ich. Nicht nur die Bäume, nicht nur die Wolken, das Ganze. Was auch immer geschieht, es geschieht aus der Natur. Es gibt nichts Unnatürliches, das kann es nicht geben. Wie könnte es sonst passiert sein?
Alles ist natürlich. Darum macht keine Trennung zwischen natürlich und unnatürlich. Alles, was es gibt, ist natürlich. Aber der Verstand lebt von Unterschieden und Trennungen. Erlaubt keine Trennungen, akzeptiert alles, was es gibt, und akzeptiert es ohne jede Analyse. Ob du auf dem Marktplatz stehst oder in den Bergen, du bist in der gleichen Natur. An einem Ort ist die Natur Hügel und Bäume, und am anderen Ort ist die Natur die Läden auf der Straße.
Wenn du einmal das Geheimnis des völligen Akzeptierens kennst, dann ist selbst der Marktplatz schön. Die Lebendigkeit, die Geschäftigkeit, der herrliche Wahnsinn ringsumher – das hat seine eigene Schönheit. Und wenn es keine Marktplätze gäbe, dann wären die Berge nicht so still und schön, das darf man nicht vergessen. Durch diesen Kontrast gibt die Großstadt den Bergen ihre Stille. Egal wo ihr seid, auf dem Marktplatz oder unter einem Baum in Meditation, betrachtet es als einen Baum, macht keine Trennung. Einfach in den Straßen zu tanzen und zu singen, meinetwegen Hare Krishna, Hare Ram, kann ein Genuss sein. Es kann ein Erblühen in euch sein.
In den Tagen, als Mahaprabhu Chaitanya durch die Dörfer Bengalens tanzte und Hare Krishna, Hare Rama sang, war das der Ausdruck seines inneren Erblühens, eines der schönsten Dinge, die jemals vorgekommen sind. Nicht nur ein Buddha unter dem Bodhibaum in Meditation ist schön, ein singender, tanzender Chaitanya ist das Gleiche, nur das andere Extrem. Man kann unter einem Baum sitzen und sein Ich so völlig vergessen, dass man als Ego verschwunden ist. Man kann auf den Straßen singen und tanzen und sich dabei so völlig hineingeben, dass man verschwindet.
Das Geheimnis ist die völlige Versunkenheit, egal wo und wie. Es passiert verschiedenen Leuten auf verschiedene Weise. Man kann sich Buddha nicht tanzend vorstellen. Er war nicht der Typ dafür. Aber du kannst ein Sing- und Tanztyp sein, also tu dir keinen Zwang an und versuche nicht krampfhaft unter einem Baum zu sitzen.
Wenn man sich zur Ruhe zwingt ist man gewalttätig, und man wird nicht wie ein Buddha aussehen. Es wär Selbstquälerei. Manche sind wie Chaitanya oder Meera.
Ihr müsst herausfinden, wohin eure Wolke zieht und ihr jede Freiheit einräumen. Wo immer sie hinzieht, kämpft nicht, lasst euch tragen, sie wird zum göttlichen Ursprung gelangen. Fließt mit dem Fluss. Tanzen ist eine gute Sache, aber man muss sich ganz hineingeben. Darum geht es! Lehne nichts ab, Ablehnung ist Unglauben. Nimm alles total an, totales Akzeptieren ist Beten.
Genug für heute.
2. Kapitel
DAS MYSTERIUM HINTER DEM VERSTAND
Wie kommt es, dass wir das Glück haben, dich bei uns zu haben? Warum bist du bei uns?
„WARUM“ KANN MAN NIE BEANTWORTEN. Dem Verstand kommt es so vor, als könnte jede Frage mit warum beantwortet werden. Aber das ist eine dieser trügerischen Annahmen. Kein Warum ist jemals beantwortet worden oder könnte jemals beantwortet werden. Die gesamte Existenz ist, da gibt es kein Warum. Wenn man hartnäckig fragt, kann man eine Antwort fabrizieren, aber diese Antwort ist dann hergestellt, es ist keine richtige Antwort. Fragen als solches ist grundsätzlich absurd. Die Bäume sind, man kann nicht fragen warum. Der Himmel ist, man kann nicht fragen warum. Die gesamte Existenz existiert. Flüsse fließen, Wolken ziehen, man kann nicht fragen: „Warum?“
Aber der Verstand fragt warum. Ich weiß, der Verstand ist neugierig. Der Verstand will bei allem das Warum wissen, aber das ist eine Krankheit, die nicht geheilt werden kann, denn wenn ein Warum beantwortet wurde, taucht dahinter sofort ein neues auf. Jede Antwort gebiert nur neue Fragen, und der Verstand bleibt solange unbefriedigt, bis die letztmögliche Antwort gegeben worden ist. Und mit letztmöglicher Antwort meine ich eine Antwort, auf die kein Warum mehr folgen kann. Aber so ein Stadium gibt es eben nicht. Was auch immer gesagt wird, Warum kann immer wieder gefragt werden …
Das ist die ganze absurde Anstrengung der Philosophien. Man hat darüber nachgedacht, warum diese Welt existiert, und dann eine Theorie aufgestellt. Man dachte, dass Gott die Welt geschaffen hat, aber warum hat er sie geschaffen? Jetzt kommen immer neue Theorien ins Spiel und am Ende: Warum ist Gott?
Darum muss man diese Eigenschaft des Verstandes, immer warum zu fragen, von Anfang an kennen. So wie die Blätter aus den Bäumen wachsen, so wächst das Warum aus dem Verstand, und wenn man