Die dreißig tolldreisten Geschichten. Оноре де Бальзак

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Die dreißig tolldreisten Geschichten - Оноре де Бальзак

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juckt, man einen guten Theologen braucht, um sich kratzen zu lassen.

      Und also kam das Pfäfflein zum Konzil und wurde im Hause seines Prälaten einquartiert, der ein Mann war von guten Sitten und hoher Gelehrtheit. Philipp von Mala, so war der Name des Priesters, war entschlossen, sich gut zu führen und seinem Beschützer gewissenhaft zu dienen; aber er sah auf diesem Konzil hochheiliger Gottesgelahrtheit viele Leute, die weniger ein gottesgelehrtes als ein gottesgeleertes und lästerliches Leben führten, aber darum nur ein mehreres an Ablässen, Goldgulden und Pfründen gewannen als die andern, die sich eines würdigen und frommen Lebenswandels befleißigten. Eines Nachts also, da seine Tugend einmal wieder schwere Anfechtungen zu bestehen hatte, flüsterte ihm der Teufel ins Ohr und Hirn, er solle doch nicht so dumm sein und Hunger leiden, während ihm der große Brotkorb vor der Nase hänge; könne doch jeder am Busen unsrer heiligen Mutter, der Kirche, sich satt trinken, ohne dass die Quelle je versiege, durch welches Wunder allein schon die Gegenwart Gottes in seiner Kirche bewiesen werde. Der junge Priester aus unsrem allzeit lustigen Tourainer Land ließ sich das gesagt sein. Er nahm sich vor, zu bankettieren wie die andern und sich die deutschen Braten mitsamt der Brühe, Fasttage hin, Fasttage her, wohlschmecken zu lassen, wo sie nichts kosteten; denn der gute Jüngling war arm wie eine Kirchenmaus.

      Da er sehr enthaltsam lebte, dabei immer seinen alten Erzbischof als Muster vor Augen, der nicht mehr sündigte, weil er es nicht mehr konnte, und darum für einen Heiligen galt, hatte sein Fleisch fast immer böse Anfechtungen, und seine Seele wurde darüber voll Traurigkeit, um so mehr, als er nirgends jenen verführerischen Frauenzimmern ausweichen konnte, die so offen und freigebig ihre Reize zur Schau trugen, aber kalt waren wie Eis, wenn es sich um einen armen Teufel handelte. Sie waren aus der ganzen Welt zusammengekommen, um mit dem Licht ihrer Schönheit die Köpfe der versammelten Patres zu erleuchten. Und also war das Pfäfflein voll Verzweiflung, weil er kein Mittel fand, sich eine von den glänzenden Elstern zu zähmen, die sogar mit Kardinälen, mit Äbten, mit Hoch- und Großmeistern, mit Oberappellationsräten, Legaten, Bischöfen, Fürsten, Herzögen und Markgrafen manchmal so wenig Federlesens machten, wie wenn es arme Schreiber gewesen wären ohne einen Pfennig in der Tasche.

      Oft, wenn er abends sein Gebet verrichtet hatte, dachte er sich aus, wie er eine der Kostbaren anreden wolle; er komponierte sich selber eine Art Liebesbrevier mit Anreden und Antworten, mit Antiphonen und Responsorien für alle Fälle. Und wenn er dann tags darauf nach der Vesper einer dieser Prinzessinnen begegnete, wie sie mit ihrer fleischlichen Üppigkeit sich in ihrer Sänfte breitmachte, von dienenden Pagen begleitet, gebläht von Stolz, da stand er mit offenem Mund verlegen wie ein Hund, der vergeblich nach einer Fliege schnappt, und starrte nur idiotisch in das Feuer ihrer Augen, das ihm das Herz versengte wie ein Licht die arme graue Motte.

      Der Sekretär von Monsignore, ein Edelmann aus dem Perigord, hatte ihm gestanden, dass die Patres, Prokuratoren und Appellationsräte den Beutel weit aufmachen müssten, weil sie anders keinen Zutritt fänden bei den vornehmsten dieser verhätschelten Katzen, die nicht für irgendein Stück Heiligenknochen noch Ablassversprechen, sondern nur für Schmuck und Geschmeide in Gold und Edelstein guter Laune gemacht werden könnten und von denen eine jede unter den obersten Herrschaften des Konzils ihren besonderen Protektor habe. Da kam der arme Tourainer, sosehr Nestling und unflügg er war, auf den Einfall, sich einen Schatz anzulegen; und er sammelte in seinem Strohsack all die Silberlinge, die ihm der gute Erzbischof für seine Schreibereien zukommen ließ, und hoffte eines Tages genug zu haben, um der Leibhure eines Rotmantels ein wenig aufzuwarten. Das übrige stellte er Gott anheim.

      Seine Ausstattung war von Kopf bis zu den Füßen so schäbig, dass man eine Ziege mit einer Nachthaube auf den Hörnern eher für ein Fräulein als ihn für ein Ebenbild Gottes gehalten hätte. Aber von der Begierde angestachelt, trieb er sich jede Nacht in den Straßen von Konstanz herum, unbekümmert um sein Leben und ewig in Gefahr, die Hellebarde eines Landsknechts ins Gedärm zu bekommen. So lauerte er den Kardinälen auf, die nächtlich zu ihren Schönen schlichen.

      Da sah er, wie in dem Haus die Wachskerzen angezündet und alle Fenster und Kreuzstöcke hell wurden. Wenn er dann horchte, hörte er, wie die geweihten Äbte und andre sich lustig machten, wie sie vom Besten tranken und das geheime Halleluja der Liebe anstimmten, ohne sich viel aus der Musik zu machen, die man ihnen dazu aufspielte. Die Küche tat auch wahre Wunder und sorgte dafür, dass die Hora nicht langweilig wurde. Präludiert wurde mit fetten, kräftigen Brühen, die Metten wurden mit Schinken eingeläutet, dann kam die Bratenvesper, und verzuckerte Früchte und andere leckere Bissen machten als die Laudes den Beschluss. Nach langer tumultuöser Fresserei und Sauferei trat dann Silentium ein. Die Pagen spielten mit Würfeln auf den Stufen der Treppe, die Maultiere, die auf der Straße warteten, schlugen und bissen nacheinander, um doch auch einen Zeitvertreib zu haben. Alles ging zum besten. Wahrlich, da war noch Glaube und Religion, und darum haben sie auch den Gevatter Hus verbrannt. Und der Grund dafür? Er wollte in die Schüssel langen, ohne dass ihn jemand aufgefordert hatte. Es ist ihm recht geschehen; warum wollte er auch ein Hugenotte sein, ehe die Hugenotten erst erfunden waren!

      Um auf den allerliebsten kleinen Philipp von Mala zurückzukommen. Er erwischte wohl manchen Schlag und Rippenstoß, aber der Teufel flößte ihm Mut ein, indem er ihm zuflüsterte und ihn in dem Glauben und der Zuversicht stärkte, dass früher oder später die Reihe an ihn kommen müsste, Kardinal zu werden, wenigstens bei der Hure eines Kardinals. Die Begierde machte ihn tolldreist gleich einem Hirsch in der Zeit der Brunst, so sehr, dass er sich eines Abends in das schönste Haus von Konstanz einschlich, auf dessen hoher Staffel er öfter ein hochnäsiges Pack von Bedientenvolk bemerkt hatte: Stallknechte, Kammerdiener, Pagen, Läufer, die mit brennenden Fackeln ihre Herren erwarteten, als da waren Herzöge, Könige, Kardinäle und Erzbischöfe.

      »Ah«, seufzte er, »die da muss wohl über alle Maßen schön und verführerisch sein.«

      Ein bewaffneter Landsknecht ließ ihn durchschlüpfen, weil er glaubte, dass er zum Gefolge des Kurfürsten von Bayern gehöre, der gerade das Haus verlassen und vielleicht etwas vergessen hatte, was er durch seinen Kaplan wollte zurückholen lassen. Schnell und geschmeidig wie ein Windhund erstieg Philipp von Mala, vom Liebesteufel getrieben, die Treppe, und ein deliziöser Duft von Spezereien brachte ihn, er brauchte nur seiner Nase nachzugehen, in die Nähe des Gemachs, wo gerade die Herrin mit ihren Frauen über ihren Schmuck und Anzug parlamentierte und beratschlagte. Ein jäher Schreck durchfuhr ihn. Wie ein Dieb, vor dem plötzlich die Häscher auftauchten, stand er da. Die Schöne war ohne Häubchen und Kleid, und die Dienerinnen und Zofen, damit beschäftigt, ihre Dame für die Nacht zu schmucken, hatten gerade den weißen Kern, ich will sagen ihren Körper, blink und blank aus seinen Hüllen herausgeschält, dass das arme Pfäfflein unter der Tür wie in einen Zauberspiegel zu blicken vermeinte und ein ›Ach‹ ausstieß, dass die ganze Not seiner Seele und seines Körpers verriet.

      »Was willst du, Kleiner?« fragte die Schöne.

      »Euch meine Seele bringen«, antwortete er, indem er sie mit den Augen verschlang.

      »So komm morgen wieder her!«

      Das klang höhnisch und wenig einladend; aber Philipp, rot bis über die Ohren, antwortete mit Anstand:

      »Ich werde nicht verfehlen, schöne Frau.«

      Sie brach in ein schallendes Gelächter aus. Philipp verstummte, blieb aber lüstern und lauernd stehen, immer die begehrlichen Blicke auf sie geheftet. Er schlug durchaus nicht die Augen nieder vor all den enthüllten Heimlichkeiten, wie etwa diesem aufgelösten üppigen Haar, das über den Rücken niederfloss, der schimmerte wie poliertes Elfenbein und zwischen den dunklen welligen Strähnen wollüstig aufleuchtete. Sie trug auf der schneeweißen Stirn einen geschliffenen Rubin, der aber weniger Feuer ausstrahlte und Blitze warf als ihre schwarzen Augen, in denen die Lachtränen schimmerten. Mutwillig warf sie ihren Schnabelschuh in die Höhe, der mit Gold gestickt war wie ein Messgewand, dabei machte sie eine unzüchtig kitzlige Bewegung und zeigte einen Fuß, kleiner als der Schnabel

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