Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang. Оноре де Бальзак
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Читать онлайн книгу Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang - Оноре де Бальзак страница 5
»Aber ein Notar kann doch nicht mit seinem Namen bei einem Spekulationsgeschäft hervortreten.«
»Weshalb macht er denn dann etwas, was das Gesetz verbietet? Was denkst du denn darüber, du, der du doch immer nur nach dem Gesetze handelst?«
»Lass mich doch ausreden. Weil Roguin dabei ist, soll die Sache nicht gut sein. Hat das einen Sinn? Dann sagst du, er macht etwas Gesetzwidriges. Aber er wird schon offen hervortreten, wenn es nötig ist. Ferner sagst du: er ist aber doch schon reich. Kann man nicht von mir dasselbe sagen? Würden vielleicht Ragon und Pillerault zu mir gekommen sein und gesagt haben: Weshalb beteiligst du dich denn, wo du Geld hast wie ein Schweinehändler?«
»Kaufleute und Notare haben nicht die gleiche Position«, sagte Frau Birotteau.
»Mein Gewissen ist hierbei ganz ruhig«, fuhr Cäsar fort. »Die Leute, die verkaufen, tun das, weil sie dazu gezwungen sind; wir betrügen sie ebensowenig, wie man die betrügt, von denen man Renten zu fünfundsiebzig kauft. Heute kauft man die Terrains für den Preis, den sie heute wert sind; in zwei Jahren ist er ein anderer, wie bei den Renten. Und das solltest du wissen, Konstanze Barbara Josefine Pillerault, dass du Cäsar Birotteau niemals auf einer Tat ertappen wirst, die auch nur im geringsten der strengsten Rechtlichkeit, dem Gesetz, dem Gewissen oder dem Zartgefühl widerspricht. Wie kann man jemandem, der seit achtzehn Jahren etabliert ist, in seiner eigenen Familie Unredlichkeit vorwerfen!«
»Nein, Cäsar, nein. Beruhige dich nur. Eine Frau, die so lange an deiner Seite gelebt hat, die kennt dich doch durch und durch. Und schließlich bist du ja der Herr. Du hast doch das Vermögen verdient, also kannst du auch darüber verfügen. Und wenn wir ins äußerste Elend gerieten, weder von mir, noch von deiner Tochter würdest du auch nur ein vorwurfsvolles Wort hören. Aber eins gebe ich dir zu bedenken: als du deine Sultaninnen-Paste und deine Eau Carminative einführtest, wieviel hast du da riskiert? Fünf- bis sechstausend Franken. Heute willst du dein ganzes Vermögen auf eine Karte setzen, und das ist ein Spiel, wo du nicht allein beteiligt bist, sondern wo du Teilhaber hast, die sich als gerissener erweisen können, als du bist. Meinetwegen gib deinen Ball, kauf neue Möbel, das ist zwar überflüssig, das kann uns aber nicht ruinieren. Aber gegen die Sache mit den Terrains an der Madeleine lehne ich mich direkt auf. Du bist Parfümeriehändler, bleibe das, aber werde nicht Terrainhändler. Wir Frauen, wir haben für so etwas ein instinktives Gefühl, das uns nicht täuscht! Ich habe dich gewarnt und nun kannst du ja nach deinem Kopfe handeln. Du bist Handelsrichter gewesen, du kennst die Gesetze, du hast dein Schiff gut gesteuert und ich werde immer mit dir gehn, Cäsar! Aber ich zittere so lange, bis unser Vermögen sicher angelegt und Cäsarine gut verheiratet ist. Gebe der Himmel, dass mein Traum nicht eine Warnung war!«
Diese Unterwürfigkeit war Birotteau peinlich, und er gebrauchte eine unschuldige List, zu der er schon bei ähnlichen Gelegenheiten gegriffen hatte. »Höre, Konstanze, eine bindende Erklärung habe ich noch nicht abgegeben; aber ich habe so gut wie zugesagt.«
»Ach, Cäsar, dann ist es erledigt, reden wir nicht weiter darüber. Erst kommt die Ehre, dann das Vermögen. Und nun geh schlafen, mein Lieber, wir haben kein Holz mehr. Und im Bette werden wir besser reden können, wenn dir das Spaß macht. Ach, dieser scheußliche Traum! Mein Gott, wenn man sich so doppelt sieht! Es ist furchtbar! Cäsarine und ich, wir werden gehörig beten, dass die Terrainsache glückt.«
»Gewiss wird die Hilfe des Himmels nichts schaden«, sagte Birotteau feierlich. »Aber die Nussessenz ist auch eine Macht, mein Kind. Ich habe diese Erfindung wie die der Sultaninnen-Doppelpaste einem Zufall zu verdanken: das erstemal, als ich ein Buch öffnete, diesmal, als ich den Stich von Hero und Leander betrachtete. Du erinnerst dich, wo eine Frau Öl auf das Haupt ihres Geliebten gießt; ist das nicht reizend? Die sichersten Spekulationen sind die auf die Eitelkeit, die Eigenliebe und die Prahlerei. Diese Gefühle werden niemals aussterben.«
»Ach ja, das sehe ich.«
»In einem gewissen Alter sind die Männer, die kein Haar mehr haben, zu allem fähig, um wieder welches zu bekommen. Seit einiger Zeit höre ich von den Friseuren, dass nicht nur das Makassaröl geht, sondern alle Arten von Haarfärbemitteln und von Mitteln, bei deren Anwendung angeblich die Haare wachsen. Seit dem Friedensschlusse sind die Männer viel mehr hinter den Weibern her, und die haben die Kahlköpfe nicht gerne, nicht wahr, mein Liebling? Die Nachfrage nach diesem Artikel erklärt sich also aus der politischen Situation. Ein Mittel, das die Haare gesund erhält, würde abgehen wie warme Semmeln, und um so mehr, da diese Essenz sicher von der Akademie der Wissenschaften approbiert werden wird. Mein lieber Herr Vauquelin wird mich wohl auch dabei wieder unterstützen. Morgen gehe ich hin und unterbreite ihm meine Idee, und dabei werde ich ihm den Stich verehren, den ich nun endlich, nach zweijährigem Suchen in Deutschland, erhalten habe. Er befasst sich gerade mit der Haaruntersuchung. Chiffreville, der Teilhaber bei seiner Fabrik chemischer Produkte, hat es mir mitgeteilt. Wenn meine Erfindung mit seinen Resultaten übereinstimmt, wird meine Essenz von beiden Geschlechtern gekauft werden. In meiner Idee, ich wiederhole es, steckt ein Vermögen. Ich kann wahrhaftig deshalb nicht schlafen. Glücklicherweise hat der kleine Popinot das schönste Haar, was man sich denken kann. Wenn man dann noch ein Kontorfräulein nimmt, mit Haar, das bis auf die Erde fällt, die, wenn das ginge, ohne bei Gott und Menschen Anstoß zu erregen, sagen könnte, dass das Comagenöl (es wird jedenfalls ein Öl sein) das bewirkt hat, dann werden sich alle Grauköpfe darauf stürzen, wie das Elend auf die Welt. Sag mal, Kleine, und was wird mit unserm Ball? Ich bin nicht bösartig, aber ich möchte gern diesen Kerl, den kleinen du Tillet, dabei sehen, der mit seinem Vermögen großtut und mir auf der Börse immer ausweicht. Er weiß, dass ich etwas, das er gemacht hat, kenne, was nicht schön war. Vielleicht bin ich doch zu gut zu ihm gewesen. Ist es nicht komisch, mein Kind, dass man immer für seine guten Taten bestraft wird, hier auf Erden versteht sich! Ich habe wie ein Vater gegen ihn gehandelt, du weißt gar nicht, was ich alles für ihn getan habe.«
»Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn du nur seinen Namen erwähnst. Wenn du gewusst hättest, was er aus dir machen wollte, hättest du über die gestohlenen dreitausend Franken nicht geschwiegen, denn ich habe erraten, wie die Sache arrangiert worden ist. Hättest du ihn der Polizei angezeigt, dann hättest du vielleicht vielen Leuten einen guten Dienst erwiesen.«
»Was beabsichtigte er denn aus mir zu machen?«
»Ach, nichts. Wenn du heute auf mich hören wolltest, dann würde ich dir den guten Rat geben, Birotteau, deinen du Tillet beiseite zu lassen.«
»Würde man es aber nicht merkwürdig finden, wenn ich einen Kommis, für den ich für die ersten zwanzigtausend Franken, mit denen er sein Geschäft angefangen hat, Bürgschaft geleistet habe, nicht einlade? Geh, lass uns gütig sein um des Guten willen. Übrigens hat sich du Tillet auch vielleicht gebessert.«
»Hier wird ja nun wohl alles drunter und drüber gehen.«
»Was redest du da von drunter und drüber? Alles wird hier wie am Schnürchen gehn. Hast du denn schon vergessen, was ich dir über die Treppe und das Mieten der Räume im Nachbarhause, nach der Abmachung mit dem Schirmhändler Cayron, gesagt habe? Wir müssen beide morgen zu Herrn Molineux, seinem Hauswirt, gehn, und ich habe morgen so viel Geschäfte wie ein Minister ...«
»Du hast mir mit deinen Projekten den Kopf ganz verwirrt,« sagte Konstanze, »ich finde mich nicht mehr zurecht. Und im übrigen will ich jetzt schlafen, Birotteau.«
»Also guten Morgen«, sagte er. »Höre doch, ich sage dir guten Morgen, denn es ist schon Morgen, mein Liebling. Ach, sie schläft schon, das gute Herz. Ja, du sollst sehr reich werden, oder ich will nicht mehr Cäsar heißen.«
Ein kurzer Blick auf das frühere Leben des Ehepaars wird den Eindruck bestätigen, den der liebevolle Streit der beiden Hauptpersonen dieser Erzählung hervorrufen muss. Diese Schilderung der Sitten