Die Kleinbürger. Оноре де Бальзак
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Читать онлайн книгу Die Kleinbürger - Оноре де Бальзак страница 12
»Der junge Mann sieht recht gut aus.«
»Ich habe schon ein Anagramm auf ihn gemacht«, antwortete Celestes Vater; »sein Name und seine Vornamen bedeuten nichts gutes ... Deshalb hüten Sie sich, meine liebe Mama Minard, ihm Ihre Tochter zu geben.«
»Man findet diesen jungen Mann hübscher als meinen Sohn«, sagte Frau Phellion zu Frau Colleville; »wie denken Sie darüber?«
»Oh, was das Äußere anlangt,« erwiderte Frau Colleville, »so könnte eine Frau schwanken, bevor sie ihre Wahl träfe.«
Der junge Vinet glaubte jetzt klug zu handeln, wenn er sich, im Hinblick auf diesen Salon voller Kleinbürger, für die Bourgeoisie begeisterte, und er stimmte der Ansicht des jungen provenzalischen Advokaten bei, indem er sagte, dass die mit dem Vertrauen der Regierung beehrten Leute es machen müssten wie der König, dessen Freigebigkeit noch die des früheren Hofes überträfe, und dass Sparen bei den Repräsentationspflichten einer Stellung eine Torheit sei. Und außerdem, wie sei das vor allem in Paris möglich, wo das Leben dreimal so teuer sei und wo zum Beispiel die Wohnung eines Richters dreitausend Franken koste? ...
»Mein Vater«, schloss er, »gibt mir jährlich tausend Taler und ich kann damit und mit meinem Gehalt kaum meiner Stellung entsprechend leben.«
Als der Staatsanwaltsgehilfe sich auf dieses schlüpfrige Gebiet begab, wechselte der Provenzale, der ihn geschickt dorthin geführt hatte, ohne dass es jemand merkte, einen Blick mit Dutocq, der wieder am Bouillottetisch seinen Platz einnehmen musste.
»Und es sollen soviele Stellen besetzt werden,« sagte der Gerichtsvollzieher, »dass man davon spricht, es würden in jedem Bezirk zwei Friedensgerichte gebildet werden, damit wir noch zwölf Gerichtsvollzieherstellen mehr bekommen ... Gerade als ob man unsere Rechte angreifen wolle, wo wir doch unsere Ämter so übermäßig hoch bezahlt haben!«
»Ich hatte noch nicht den Vorzug, Sie vor Gericht plädieren zu hören«, sagte der Staatsanwaltsgehilfe zu Herrn de la Peyrade.
»Ich bin Armenadvokat, ich plädiere nur vor dem Friedensgericht«, erwiderte der Provenzale.
Als sie die Grundsätze des jungen Beamten über die Pflicht, sein Einkommen zu verbrauchen, verkündigen hörte, hatte Fräulein Thuillier ihr feierliches Gesicht, das dem jungen Provenzalen und Dutocq schon bekannt war, aufgesetzt. Der junge Vinet entfernte sich jetzt mit Minard und dem Advokaten Julian, so dass das Schlachtfeld vor dem Kamin dem jungen la Peyrade und Dutocq überlassen blieb.
»Die hohe Bourgeoisie«, sagte Dutocq zu Thuillier, »wird es ebenso machen, wie früher die Aristokratie. Der Adel wollte reiche Mädchen haben, um sein Land zu düngen; unsere heutigen Parvenüs wollen Mitgiften haben, um ihre Schuhe mit Stroh füttern zu können.«
»Dasselbe hat Herr Thuillier heute morgen zu mir gesagt«, erwiderte der Provenzale ungeniert.
»Sein Vater«, bemerkte Dutocq, »hat ein Fräulein de Chargebocuf geheiratet und sich die Anschauungen des Adels zu eigen gemacht; er will um jeden Preis zu Geld kommen, seine Frau führt einen fürstlichen Haushalt.«
»Ach,« sagte Thuillier, bei dem der Neid der Bourgeois gegen ihresgleichen erwachte, »man braucht diesen Leuten bloß ihr Amt zu nehmen, und sie werden wieder, was sie waren ...«
Fräulein Thuillier strickte so heftig, als ob sie von einer Dampfmaschine getrieben würde.
»Die Reihe ist an Ihnen, Herr Dutocq«, sagte Frau Minard und stand auf. »Ich habe kalte Füße bekommen«, fügte sie hinzu und stellte sich ans Feuer, wo das Gold ihres Turbans beim Lichte der rosa Kerzen, die vergeblich den riesigen Salon zu erhellen versuchten, wie ein Feuerwerk strahlte. Frau Colleville beobachtete den Provenzalen und verglich ihn mit dem jungen Phellion, der mit Celeste plauderte, ohne sich um das zu kümmern, was um sie herum vorging. Es ist nun sicher an der Zeit, diese eigenartige Persönlichkeit, die eine so wichtige Rolle bei den Thuilliers spielen sollte, zu schildern und die wohl der Darstellung durch die Hand eines großen Künstlers würdig wäre.
Es gibt in der Provence und vor allem in der Gegend des Hafens von Avignon eine Sorte blonder oder hellbrünetter Männer mit weißem Teint und beinahe zärtlichem Ausdruck, deren Augen eher matt, ruhig und schmachtend sind, als lebhaft, glühend und dunkel, wie es gewöhnlich bei Südländern der Fall ist. Es mag nebenbei bemerkt werden, dass auch bei den Korsen, Leuten, die zu Aufwallungen und zu den gefährlichsten Zornausbrüchen neigen, sich häufig solche blonden, anscheinend ruhigen Erscheinungen finden. Diese bleichen, ziemlich dicken Männer mit unruhigen grünen oder blauen Augen sind die schlimmste Sorte in der Provence, und Charles-Marie-Theodosius de la Peyrade war ein gutes Beispiel dieser Gattung, deren Wesen ein sorgfältiges Studium seitens der Medizin und der Physiologie verdiente. Es kocht in ihnen eine Art Galle, ein bitterer Hohn, der ihnen zu Kopf steigt und sie zu brutalen Handlungen, die scheinbar kühl ausgeführt werden, hinreißt. Das Ergebnis eines geistigen Rausches, scheint diese Art stummer Wut unvereinbar mit ihrer gewissermaßen lymphatischen äußeren Hülle und dem ruhigen Ausdruck ihres freundlichen Blickes.
In der Umgegend von Avignon geboren, war der junge Provenzale mit dem erwähnten Namen von mittlerer Statur, wohlproportioniert, beinahe dick, von farblosem Teint, der weder blass, noch matt, noch leuchtend, sondern gallertartig war, denn diese Bezeichnung kann allein einen Begriff von dieser weichen matten Oberfläche geben, unter der sich weniger starke als im gegebenen Moment außerordentlich widerstandsfähige Nerven verbargen. Die Augen von kaltem Blassblau hatten gewöhnlich einen Ausdruck trügerischer Melancholie, der einen großen Reiz auf die Frauen ausüben musste. Die gut geformte Stirn war nicht ohne Adel und passte zu dem feinen, dünnen, hellbraunen Haar, das sich an den Enden leicht und natürlich lockte. Die Nase war, genau wie bei einem Jagdhunde, glatt, an der Spitze eingekerbt, neugierig und klug umhersuchend und immer spürend; sie gab dem Gesicht nicht einen gutmütigen, sondern einen ironischen, spöttischen Ausdruck; aber diese beiden Seiten des Charakters traten nicht deutlich hervor, und der junge Mann musste erst aufhören, sich zu beobachten, und heftig werden, damit sein Sarkasmus und sein Geist, der dann einen teuflischen Spott entwickelte, hervorbrechen konnten. Sein ganz angenehm geschwungener Mund mit granatroten Lippen schien ein wundervolles Instrument für seine in der Mittellage, die Theodosius gewöhnlich festhielt, beinahe süße Stimme, die aber in der Höhenlage wie der Ton eines Gongs in den Ohren vibrierte. Diese Fistelstimme ertönte, wenn er nervös und gereizt war. Sein Gesicht, von gewollter Ausdruckslosigkeit, hatte ovale Form. Sein ganzes Wesen war in Übereinstimmung mit der priesterlichen Ruhe seines Antlitzes sehr zurückhaltend und angemessen, aber schmiegsam und entgegenkommend, ohne fuchsschwänzelnd zu sein, und es besaß eine gewisse Anziehungskraft, die man sich übrigens nicht erklären konnte, sobald er verschwunden war. Wenn das Reizvolle von Herzen kommt, so hinterlässt es einen tiefen Eindruck; ist es aber nur ein Kunstprodukt, dann feiert es, ebenso wie die Beredsamkeit, nur flüchtige Triumphe; es will um jeden Preis Effekt machen. Aber wieviele Philosophen findet man im Leben, die imstande sind, einen solchen Vergleich anzustellen? Fast immer ist, um einen gewöhnlichen Ausdruck zu gebrauchen, die Geschichte vorbei, wenn die Leute dahinterkommen.
Bei diesem jungen Menschen von siebenundzwanzig Jahren stand alles im Einklang mit seinem wahren Charakter; er folgte seiner natürlichen Bestimmung wenn er die Philanthropie pflegte. Theodosius liebte das Volk, und er beschränkte seine Menschenliebe hierauf. Ebenso wie die Blumenpächter sich mit Rosen, Dahlien, Nelken oder Geranien befassen, und keinerlei Interesse an den Blumenarten, die ihre Liebhaberei nicht erwählt hat, nehmen, so gehörte dieser junge la Roche-Foucauld-Liancourt allein den Arbeitern, den Proletariern, den Elenden der Faubourgs Saint-Jacques und Saint-Marceau. Der hervorragende Mann, das Genie in verzweifelter