Die Kleinbürger. Оноре де Бальзак

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Die Kleinbürger - Оноре де Бальзак

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nur wenige Schritte vom Luxembourg entfernt. Endlich wollten Thuillier und Colleville ihr Leben zusammen beendigen. Im Jahre 1833 zog Frau Colleville, damals fünfunddreißig Jahre alt, mit Celeste und dem kleinen Theodor nach der Rue d'Enfer, an der Ecke der Rue des Deux-Eglises. Colleville hatte es gleich weit nach dem Rathause und nach der Rue Saint-Dominique. So sah sich das Ehepaar nach einem abwechselnd glänzenden und entbehrungsreichen, festlichen und zurückgezogenen ruhigen Leben ins kleinbürgerliche Dunkel mit einem Einkommen von fünftausendvierhundert Franken als einzigem Vermögen zurückgeworfen.

      Celeste war damals vierzehn Jahr alt; sie versprach hübsch zu werden; sie musste Lehrer haben, das erforderte eine Ausgabe von mindestens zweitausend Franken jährlich. Die Mutter hielt es für nötig, dass sie unter den Augen ihrer Paten lebe. Deshalb hatte sie den, im übrigen sehr verständigen Vorschlag des Fräuleins Thuillier angenommen, die ihr, ohne sich zu binden, ziemlich deutlich zu verstehen gab, dass die Vermögen ihres Bruders, ihrer Schwägerin und auch das ihrige dereinst Celeste zufallen würden. Das kleine Mädchen war bis zu seinem siebenten Jahre in Auteuil geblieben, angebetet von der guten alten Frau Lemprun, die im Jahre 1829 starb und zwanzigtausend Franken nebst dem Hause hinterließ, das für die enorme Summe von achtundzwanzigtausend Franken verkauft wurde. Der kleine Schelm hatte bis zum Jahre 1829, wo er in das elterliche Haus zurückkehrte, seine Mutter wenig, aber Fräulein und Frau Thuillier sehr häufig gesehen. Im Jahre 1833 kam sie unter die Zucht Flavias, die damals sehr bemüht war, ihre Pflichten zu erfüllen, und das wie alle Frauen, die Gewissensbisse haben, übertrieb. Ohne eine schlechte Mutter zu sein, hielt Flavia ihre Tochter sehr strenge; sie dachte an ihre eigene Erziehung und schwor sich heimlich zu, aus Celeste eine anständige und nicht eine leichtfertige Frau zu machen. Sie nahm sie daher zur Messe mit und ließ sie unter der Leitung eines Pariser Pfarrers, der später Bischof wurde, einsegnen. Celeste war um so frömmer, als ihre Patin, Frau Thuillier, eine wahre Heilige war; das Kind betete seine Patin an; es empfand, dass es von der armen, verlassenen Frau heißer geliebt wurde als von seiner eigenen Mutter.

      Von 1833 bis 1840 erhielt sie eine nach bürgerlichen Begriffen ausgezeichnete Erziehung. Die besten Musiklehrer machten eine ziemlich gute Musikerin aus ihr; sie konnte sauber in Aquarell malen, tanzte wundervoll und hatte Französisch, Geschichte, Geographie, Englisch und Italienisch gelernt, kurz alles, was zu der vollendeten Erziehung einer jungen Dame gehört. Mittelgroß, etwas dick und kurzsichtig, war sie weder hässlich noch hübsch, hatte weder einen weißen noch einen leuchtenden Teint und war gänzlich ohne vornehme Manieren. Sie war von zurückgehaltener Empfindlichkeit, und ihr Pate, ihre Patin, Fräulein Thuillier und ihr Vater waren darüber einig, dass Celeste warme Anhänglichkeit, eine Tugend, an die sich alle Mütter klammern, besaß. Schön war ihr prachtvolles aschblondes Haar; aber Hände und Füße verrieten ihre kleinbürgerliche Herkunft.

      Celeste hatte sehr wertvolle Eigenschaften: sie war gut, einfach, ohne jede böse Regung; sie liebte ihren Vater und ihre Mutter und hätte sich für sie aufgeopfert. In tiefer Verehrung für ihren Paten, für Brigitte, die sich von ihr »Tante Brigitte« nennen ließ, für Frau Thuillier und für ihre Mutter aufgewachsen, die sich wieder mehr und mehr dem alten Beau der Kaiserzeit näherte, hatte Celeste den höchsten Begriff von dem früheren Vizechef. Der Pavillon der Rue Saint-Dominique machte auf sie einen Eindruck, wie das Tuilerienschloss auf einen Hofmann der jungen Dynastie.

      Thuillier hatte der aufreibenden Arbeit seiner Verwaltungstätigkeit nicht Stand halten können, die ihn abmagern ließ, je umfangreicher sie wurde. Von dieser langweiligen Tätigkeit ebenso abgebraucht wie von seinen Erfolgen als Liebhaber, hatte der ehemalige Vizechef schon alle seine Vorzüge eingebüßt, als er in die Rue Saint-Dominique kam; aber sein müdes Gesicht mit hochmütigem Ausdruck im Verein mit einer gewissen Selbstzufriedenheit, die an die gesuchte Haltung eines höheren Beamten erinnerte, machte einen lebhaften Eindruck auf Celeste. Sie allein schwärmte für dieses bleiche Gesicht. Sie wusste, dass sie die Freude des Hauses Thuillier war.

      Die Collevilles und ihre Kinder bildeten natürlich den Mittelpunkt der Gesellschaft, die Fräulein Thuillier um ihren Bruder zu versammeln den Ehrgeiz hatte. Ein früherer Beamter der Abteilung la Billiardière, der seit mehr als dreißig Jahren im Stadtviertel Saint-Jacques wohnte, Herr Phellion, Bataillons-Kommandeur der Legion, wurde sogleich bei der ersten Begegnung von dem früheren Steuereinnehmer und Vizechef wieder begrüßt. Phellion war einer der angesehensten Männer in seinem Bezirk. Er hatte eine Tochter, eine ehemalige Unterlehrerin am Pensionat Lagrave; die mit einem Lehrer aus der Rue Saint-Hyacinthe, Herrn Barniol, verheiratet war.

      Der ältere Sohn Phellions war Professor der Mathematik an einem königlichen Gymnasium; er gab Unterricht, Nachhilfestunden und widmete sich, wie sein Vater sich ausdrückte, der reinen Mathematik. Der zweite Sohn war auf der Ingenieurschule. Phellion hatte neunhundert Franken Pension und eine Rente von neuntausend und einigen hundert Franken, das Resultat seiner Ersparnisse und der seiner Frau aus dreißigjähriger Arbeit und Entbehrung. Er besaß außerdem ein kleines Haus mit einem Garten in der Gasse des Feuillantines. (In dreißig Jahren hatte er nicht ein einziges Mal den alten Ausdruck »Sackgasse« gebraucht.) Dutocq, Gerichtsvollzieher beim Friedensgericht, war früher Beamter im Finanzministerium; er war damals das Opfer einer Zwangsmaßregel, wie sie bei einer Regierung des Repräsentativ-Systems vorkommen, geworden und hatte die Rolle eines Sündenbocks in einer unsauberen Verwaltungsangelegenheit, die zur Kenntnis der Budgetkommission gekommen war, auf sich genommen, wofür er im geheimen mit einer ziemlich runden Summe entschädigt worden war; er war damit imstande, sich die Gerichtsvollzieherstelle zu kaufen. Dieser, im übrigen wenig anständige Mensch, ein Büro-Spion, wurde von den Thuilliers nicht so aufgenommen, wie er es erwartet hatte; aber trotz des kühlen Verhaltens seiner Hauswirte beharrte er dabei, sie zu besuchen.

      Er war ein lasterhafter Junggeselle, der seine Lebensweise ziemlich sorgsam geheim hielt und sich bei seinen Vorgesetzten durch Schmeichelei in seiner Stellung erhielt. Der Friedensrichter hatte Dutocq sehr gern. Diese üble Persönlichkeit verstand es, durch niedrige, grobe Lobhudeleien, die niemals ihre Wirkung verfehlen, zu erreichen, dass er bei den Thuilliers geduldet wurde. Er kannte Thuilliers Leben, seine Beziehungen zu Colleville, und vor allem die zu seiner Frau, ganz genau; man fürchtete seine gefährliche Zunge, und die Thuilliers ließen ihn sich gefallen, ohne ihn zu ihrem engeren Kreise zuzulassen. Die Familie aber, die der Stolz ihres Salons wurde, war die eines armen kleinen Beamten, der früher ein Gegenstand des Mitleids in den Büros gewesen war, und der, durch seine Armut genötigt, im Jahre 1827 aus dem Dienst geschieden war, um sich mit einer Idee im Kopfe auf die Industrie zu legen. Minard erblickte eine hoffnungsvolle Aussicht in einer der üblen Manipulationen, die den französischen Handelsstand in Verruf gebracht haben, und die um das Jahr 1827 vor der Öffentlichkeit noch nicht gebrandmarkt waren. Minard kaufte Tee und mischte ihn zu gleichen Teilen mit gebrauchten Teeblättern; dann wendete er ein ähnliches Verfahren bei der Schokolade an, das ihm gestattete, sie billig zu verkaufen. Der Handel mit Kolonialwaren, den er in dem Stadtviertel Saint-Marcel begonnen hatte, machte aus Minard einen richtigen Kaufmann; er besaß eine Fabrik und konnte vermöge seiner Beziehungen nun seine Rohstoffe von den Erzeugern beziehen; und so betrieb er jetzt in anständiger Weise das Geschäft weiter, das er mit Fälschungen begonnen hatte. Er wurde Destillateur, handelte mit riesigen Mengen von Waren und galt im Jahre 1835 als der reichste Kaufmann des Viertels an der Place Maubert. Er hatte sich eins der schönsten Häuser in der Rue des Maçons-Sorbonne gekauft, war Beigeordneter gewesen und im Jahre 1839 zum Bürgermeister seines Bezirks und zum Handelsrichter ernannt worden. Er hatte einen Wagen und einen Landsitz bei Lagny; seine Frau erschien mit Brillanten bei den Hofbällen, und er war stolz auf die Rosette eines Offizieres der Ehrenlegion in seinem Knopfloch. Minard und seine Frau waren übrigens außerordentlich wohltätig. Vielleicht wollten sie im Kleinen den Armen wieder zurückgeben, was sie im Großen dem Publikum abgenommen hatten. Phellion, Colleville und Thuillier trafen Minard bei den Wahlen wieder, und es entspann sich eine um so intimere Freundschaft mit Thuillier und Colleville, als Frau Zélie entzückt darüber zu sein schien, ihre »Fräulein« Tochter mit Celeste Colleville Bekanntschaft machen zu lassen. Auf einem großen Balle, den die Minards gaben, wurde Celleste in die Gesellschaft eingeführt, sie war damals sechzehneinhalb Jahr alt und wundervoll gekleidet, wie es ihr Name verlangte, der für

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