Krieg und Frieden. Лев Толстой

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Krieg und Frieden - Лев Толстой Große verfilmte Geschichten

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im Sattel zurecht, zog den Degen und machte sich mit glückstrahlender, entschlossener Miene, den Mund auf der einen Seite öffnend, bereit, loszuschreien. Durch das Regiment ging eine schütternde Bewegung, wie wenn ein Vogel sein Gefieder schüttelt; dann stand alles starr und regungslos.

      »Still-ll-ll gestanden!« schrie der Regimentskommandeur mit gewaltig schmetternder Stimme, die zugleich seine persönliche Freude, seine Strenge gegen das Regiment und seinen Respekt vor dem sich nähernden Vorgesetzten zum Ausdruck brachte.

      Auf der breiten, mit Bäumen eingefaßten, großen, ungepflasterten Landstraße kam, leise in den Federn klirrend, in raschem Trab eine hohe, blaue, vierspännige Wiener Kalesche gefahren. Hinter der Kalesche folgte zu Pferd die Suite und eine aus Kroaten bestehende Eskorte. Neben Kutusow saß ein österreichischer General in weißer Uniform, die von den schwarzen russischen Uniformen sonderbar abstach. Der Wagen hielt bei dem Regiment. Kutusow und der österreichische General redeten flüsternd etwas miteinander, und während Kutusow, schwer auftretend, mit Benutzung des Wagentrittes ausstieg, lächelte er leise vor sich hin, als ob diese zweitausend Soldaten, die mit angehaltenem Atem auf ihn und auf ihren Regimentskommandeur blickten, gar nicht vorhanden wären.

      Ein Kommandoruf erscholl; wieder ging ein klirrendes Zucken durch das Regiment: das Regiment präsentierte das Gewehr. In der Totenstille ertönte die schwache Stimme des Oberkommandierenden, der das Regiment begrüßte. Das Regiment brüllte: »Wir wünschen Ihnen Gesundheit, Euer E-e-enz!« und wieder wurde alles starr und regungslos. Während des Präsentierens und der Begrüßung war Kutusow an einem Fleck stehengeblieben; aber nun begann er an der Seite des weißen Generals, zu Fuß, gefolgt von der Suite, an den Reihen entlangzugehen.

      Aus der Art, wie der Regimentskommandeur vor dem Oberkommandierenden salutierte, kein Auge von ihm verwandte, Front machte und zu ihm heranschlich, wie er vornübergebeugt, seine zuckende Bewegung nur mangelhaft unterdrückend, hinter den beiden Generalen an den Reihen entlangging, wie er bei jedem Wort und jeder Bewegung des Oberkommandierenden zusprang, aus alledem ließ sich erkennen, daß er seine Pflichten als Untergebener mit noch größerem Genuß erfüllte als seine Pflichten als Vorgesetzter.

      Das Regiment befand sich dank der Strenge und Sorgfalt seines Kommandeurs, mit anderen zu gleicher Zeit in Braunau anlangenden Regimentern verglichen, in einem ausgezeichneten Zustand. Die Nachzügler und Kranken beliefen sich nur auf zweihundertundsiebzehn Mann. Und alles war in Ordnung, mit Ausnahme des Schuhzeugs.

      Während Kutusow an den Reihen entlangging, blieb er ab und zu stehen und sagte ein paar freundliche Worte zu Offizieren, die er vom türkischen Krieg her kannte, mitunter auch zu Gemeinen. Beim Anblick des Schuhwerks schüttelte er einige Male trübe den Kopf und machte den österreichischen General darauf aufmerksam, mit einer Miene, als wolle er niemandem einen Vorwurf daraus machen, müsse aber doch konstatieren, daß das eine recht üble Sache sei. Der Regimentskommandeur lief dabei jedesmal etwas nach vorn, näher an die Generäle heran, aus Furcht, irgendein auf das Regiment bezügliches Wort des Oberkommandierenden zu überhören. Hinter Kutusow, in einem solchen Abstand, daß man jedes auch nur leise gesprochene Wort hören konnte, ging die aus ungefähr zwanzig Personen bestehende Suite. Die Herren von der Suite unterhielten sich miteinander und lachten mitunter. Am nächsten von allen hinter dem Oberkommandierenden ging ein Adjutant von hübschem Äußern. Dies war Fürst Bolkonski. Neben ihm ging sein Kamerad Neswizki, ein hochgewachsener, dicker Stabsoffizier mit einem gutmütig lächelnden, hübschen Gesicht und feuchten Augen; Neswizki konnte kaum das Lachen unterdrücken, zu dem er sich durch einen neben ihm gehenden schwarzhaarigen Husarenoffizier gereizt fühlte. Dieser Husarenoffizier blickte, ohne zu lächeln und ohne den Ausdruck seiner regungslosen Augen zu verändern, mit ernster Miene auf den Rücken des Regimentskommandeurs hin und ahmte jede seiner Bewegungen nach. Jedesmal wenn der Regimentskommandeur zusammenzuckte und sich nach vorn bog, zuckte genau ebenso, aufs Haar ebenso auch der Husarenoffizier zusammen und bog sich nach vorn. Neswizki lachte und stieß die andern an, damit auch sie den Spaßmacher ansähen.

      Mit langsamen, müden Schritten ging Kutusow an den Tausenden von Augen vorbei, die fast aus ihren Höhlen springen wollten, während sie auf den hohen Besuch hinblickten. Als er zur dritten Kompanie gekommen war, blieb er auf einmal stehen. Die Suite, die dieses plötzliche Stehenbleiben nicht hatte voraussehen können, geriet unwillkürlich näher an ihn heran.

      »Ah, Timochin!« sagte der Oberkommandierende, als er den Hauptmann mit der roten Nase erkannte, dem es wegen des blauen Mantels so schlecht ergangen war.

      Man hätte meinen sollen, daß es unmöglich sei, sich noch strammer auszurecken, als es Timochin zu der Zeit getan hatte, wo ihn der Regimentskommandeur tadelte. Aber in diesem Augenblick, wo sich der Oberkommandierende zu ihm wendete, reckte sich der Hauptmann dermaßen gerade, daß es schien, wenn der Oberkommandierende ihn noch eine Weile ansähe, so würde der Hauptmann sich Schaden tun; und deshalb wandte sich Kutusow schnell von ihm ab, da er augenscheinlich die Situation des Hauptmanns begriff und ihm alles Gute wünschte. Über Kutusows volles, durch eine Narbe entstelltes Gesicht flog ein ganz leises Lächeln.

      »Noch ein Kamerad von der Erstürmung Ismaïls her«, sagte er. »Ein tapferer Offizier! Bist du mit ihm zufrieden?« fragte Kutusow den Regimentskommandeur.

      Der Regimentskommandeur, der, ohne daß er davon eine Ahnung hatte, in dem ihn kopierenden Husarenoffizier sein Spiegelbild fand, zuckte zusammen, trat weiter vor und antwortete: »Sehr zufrieden, Euer hohe Exzellenz!«

      »Es hat ja jeder von uns seine Schwächen«, bemerkte Kutusow lächelnd im Weitergehen. Er war selbst ein großer Verehrer des Bacchus.

      Der Regimentskommandeur erschrak, da er nicht recht wußte, ob das nicht etwa ein Vorwurf für ihn selbst sein sollte, und antwortete nichts. In diesem Augenblick bemerkte der Husarenoffizier das Gesicht des Hauptmanns mit der roten Nase und dem eingeschnürten Bauch und ahmte seine Miene und Haltung so täuschend ähnlich nach, daß Neswizki das Lachen nicht unterdrücken konnte. Kutusow drehte sich um. Aber hier konnte man von neuem beobachten, daß der Husarenoffizier die Fähigkeit besaß, sein Gesicht so zu gestalten, wie er nur wollte: in dem Augenblick, wo Kutusow sich umdrehte, nahm der Husarenoffizier, der soeben eine solche Grimasse geschnitten hatte, die ernsteste, respektvollste, unschuldigste Miene von der Welt an.

      Die dritte Kompanie war die letzte; Kutusow schien etwas zu überlegen und sich auf etwas besinnen zu wollen. Fürst Andrei trat aus der Suite vor und sagte zu ihm leise auf französisch:

      »Sie haben befohlen, Sie an den degradierten Dolochow in diesem Regiment zu erinnern.«

      »Wo ist hier Dolochow?« fragte Kutusow.

      Dolochow, der seinen blauen Mantel bereits mit einem grauen Soldatenmantel vertauscht hatte, wartete nicht erst, bis er vorgerufen wurde. Die schlanke Gestalt des blonden Soldaten mit den hellen, blauen Augen trat vor die Front. Er schritt auf den Oberkommandierenden zu und präsentierte das Gewehr.

      »Eine Beschwerde?« fragte Kutusow und runzelte ein wenig die Stirn.

      »Es ist Dolochow«, erwiderte Fürst Andrei.

      »Ah!« machte Kutusow. »Nun, ich hoffe, daß dich diese Lektion bessern wird; halte dich brav. Der Kaiser ist gnädig. Auch ich werde an dich denken, wenn du dich dessen würdig zeigst.«

      Die blauen, hellen Augen blickten den Oberkommandierenden ebenso dreist an wie vorher den Regimentskommandeur, als wenn sie durch ihren Ausdruck die konventionelle Scheidewand durchbrechen wollten, die den Oberkommandierenden vom gemeinen Soldaten so weit trennt.

      »Ich habe nur eine Bitte, Euer hohe Exzellenz«, sagte er ohne Eile mit seiner klangreichen, festen Stimme. »Ich bitte, mir Gelegenheit zu geben, mein Vergehen wiedergutzumachen und meine Ergebenheit für Seine Majestät den Kaiser und

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