Die Netflix-Revolution. Oliver Schütte
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Es dauerte noch einige Jahre, bis alle Sendungen in Farbe produziert wurden und auch in den meisten Wohnzimmern ein passendes Gerät stand. Aber zumindest auf diesem Gebiet hatte das Fernsehen den Vorsprung des Kinos aufgeholt. Die Technik entwickelt sich ständig weiter, sodass die anfänglichen Fehler (z. B. falsch dargestellte Farben) behoben wurden und das Erlebnis zunehmend überzeugender wurde.
Nur das Format sollte mehr als 30 Jahre lang weiterhin bei 4:3 bleiben und immer noch auf der Technik beruhen, dass das Bild mithilfe einer Röhre erzeugt wurde. Erst nach der Jahrtausendwende setzten sich die ersten Flachbildschirme durch und mit ihnen eine andere Darstellung. Das sogenannte 16:9 Format ähnelte dem Kino und entspricht dem menschlichen Gesichtsfeld eher als das in der Breite eingeschränkte alte 4:3 Verhältnis. Es dauerte nur wenige Jahre, dann wurden sämtliche Produktionen auf dieses Format angepasst. Die Tagesschau stellte Mitte 2007 ihre Ausstrahlungen auf die neue Größe um. Ungefähr zur gleichen Zeit drehten die Sender auch ihre Fernsehspiele und TV-Movies nur noch in 16:9.
Die ersten Flachbildschirme wurden in der sogenannten SDQualität (Standard Definition) verkauft. Das Bild besteht aus einer Auflösung von etwas mehr als 400.000 Bildpunkten. Wenig später kamen die Geräte in HD-Qualität (High Definition) auf den Markt. Dies entsprach eine Auflösung von bis zu zwei Millionen Bildpunkten. Um es weniger technisch auszudrücken: Für die Zuschauer, die jahrzehntelang an das Bild der Röhrenfernseher gewohnt waren, zeigten sich die ersten SD-Geräte als enormer Qualitätssprung, und der nächste Schritt zu HD bot noch einmal an klareres und detaillierteres Bild.
Derzeit wird die neue Generation, das UHD (Ultra High Definition), angeboten. Eine ähnliche Bildschärfe wird mit dem Begriff 4K beschrieben. Er stammt aus dem digitalen Kinobereich und beschreibt eine Auflösung von sagenhaften 4096 x 2160 Pixeln. Viele der heute verkauften Geräte verfügen schon über diese Qualität.
Die Zukunft wird noch schärfer. Mit 8K wird eine Auflösung von 7680 x 4320 Pixeln erreicht. Damit liegt die Zahl der Pixel bei ca. 33 Millionen. Allerdings werden bisher kaum Produktionen in 8K hergestellt. Bevor der Einsatz von solchen Geräten sinnvoll ist, werden einige Jahre ins Land gehen.
Die Steigerung der Pixelzahl stößt in seiner Sinnhaftigkeit allerdings an Grenzen, denn auf einem kleinen Bildschirm ist der Unterschied nicht mehr auszumachen. Darum stellen die Hersteller immer größere Fernseher her, die durchaus eine Bildschirmdiagonale von zwei Metern haben. Zwar können die flacher gewordenen Geräte auch an die Wand gehängt werden, trotzdem müssen die heimischen Zuschauer eine freie Fläche haben und den notwendigen Abstand ermöglichen, damit sie nicht direkt vor dem Bildschirm kleben und ihre Nackenmuskulatur erstarrt.
Die Tendenz ist seit 20 Jahren klar: Da in der westlichen Welt eine Marktsättigung eingetreten war (mindestens ein Fernsehgerät in jedem Haushalt), war den Unternehmen daran gelegen, durch modernere Technologien die Kunden möglichst häufiger zum Kauf eines neuen Geräts zu bringen. Dabei stellten sich einige hoffnungsvolle Erfindungen schon bald als Rohrkrepierer heraus. Das 3D-Fernsehen hatte sich aus mehreren Umständen nicht durchgesetzt. Einerseits fehlte es an genügend Filmen oder Sendungen, die überhaupt zur Verfügung standen, andererseits zwang die Technik die Zuschauer zum Tragen von unbequemen Brillen. Immer wieder werden neue Technologien ausprobiert, und dies wird sich aus wirtschaftlichen Gründen in der nahen Zukunft nicht ändern. Aber die wenigsten werden sich durchsetzen. Leicht gebogene Bildschirme finden sich wahrscheinlich in fünf Jahren eher in technischen Museen als Ausstellungsstück als in heimischen Wohnzimmern. Auch die Steigerung der Pixelzahl wird sich zwar fortsetzen, da der Unterschied für die meisten Geräte kaum wahrnehmbar sein wird, fällt für die überwiegend Teil der Kunden das Kaufargument weg. Ebenso wird die Qualitätssteigerung durch neue Bildschirmtechnologien (OLED oder HDR) das Fernseherlebnis nicht weiter revolutionieren.
Sicherlich wird der Trend eher darin liegen, dass die Smart TVs noch intelligenter und ‚smarter‘ werden. Künstliche Intelligenz wird Einzug halten in den Fernsehgeräten unserer Wohnzimmer. Die Vernetzung mit anderen Geräten wird dabei zunehmend wichtiger.
KAPITEL
DIE STREAMINGREVOLUTION
Florian bestellte sich telefonisch beim Asiaten noch schnell ein rotes Curry. Er hatte es genau so geplant, dass die Ware wenigen Minuten nach seiner Ankunft in die Wohnung geliefert wird. Tatsächlich zog er gerade seinen Mantel aus, als es klingelte. Der Bote überreichte ihm die Aluminiumverpackungen. Als er das billige Gericht auf dem Teller anrichtete, schwörte er sich, spätestens übermorgen wieder selbst zu kochen. Bis dahin sollte er es geschafft haben. Immerhin waren es nur noch acht Folgen. Mit dem Essen in der einen und die Fernbedienung in der anderen schaltete er den Flachbildschirm an und hangelte sich durch die Benutzeroberfläche. Dann erklang die mitreißende Musik, die die dramatischen Bilder Washingtons begleitete. Francis Underwood erschien und versuchte den Lehrerstreik zu beenden. Der brutale Politiker, dem er gestern bis spät in die Nacht fünf Folgen lang bei seinen hinterhältigen Machenschaften gefolgt war, hatte ihn in den Bann gezogen. Natürlich wollte er unbedingt wissen, ob Underwoods Plan, sich am Präsidenten zu rächen, aufgeht. Nur deshalb hatte er sich ein Netflix-Abo gegönnt, weil alle Kollegen von der Serie geschwärmt hatten. Und tatsächlich war auch er gefangen. Zwischendurch schrieb er seinem Freund Tom eine
SMS über das tragische Schicksal des Kongressabgeordnete Peter Russo. Allerdings erhielt er keine Antwort, was nur daran liegen konnte, dass sein Kumpel wie er heute Mittag angekündigt hatte, wahrhaftig ins Kino gegangen war.
Mit Beginn des neuen Jahrtausends wurde zuerst die Musikindustrie, dann der Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt durch das Internet einem disruptiven Wandel unterzogen.
Es war das Jahr 2003, da hatte der Apple-Gründer Steve Jobs mit iTunes einen Dienst vorgestellt, mit dem die Nutzer über das Netz Musikstücke erwerben und auf ihre Geräte (insbesondere den iPod) herunterladen konnten. Das Prinzip »Downloading« entwickelte sich zu einem weltweiten Erfolg, zunehmend verschwanden die CDs aus den Wohnzimmern, und es endete die Zeit der beliebten Plattenläden in den Städten. Für viele, vor allem junge Käufer, wurde der Besitz einer CD unwichtig. Zu verlockend waren die Vorteile des neuen Systems. Binnen weniger Jahre gewöhnten sich die Kunden daran, dass sie nicht nur ganze Alben, sondern auch einzelne Lieder erwerben konnten. Der Kaufwunsch wurde sofort und bequem zuhause erfüllt. Und der Genuss der Musik war auf sehr bequeme Art und Weise nicht mehr an einen Ort gebunden. Zwar fasste der erste iPod nur wenige Musikstücke (siehe Steve Jobs’ Slogan: »1000 Songs in Your Pocket«), aber schon bald war die Kapazität auf das zehnfache gestiegen. Dadurch war die eigene Musiksammlung immer und überall verfügbar. Die Vorteile dieser neuen Methode der Distribution erzeugte einen Bedarf, dass dies auch für Filme und Serien möglich sein sollte. Natürlich brauchte es dazu ein Abspielgerät, das über die notwendige Technik verfügte und einen ausreichenden Bildschirm besaß. Zwar konnten auf den iPods ab 2005 Videos abgespielt werden, aber das streichholzschachtelgroße Display war nicht besonders geeignet, Filme wie Stars Wars anzuschauen. Trotzdem wurden ab 2006 im iTunes Store neben der Musik zum ersten Mal Filme und Serienfolgen zum Kauf, also zum Download, bereitgestellt. Das Angebot blieb zwar zuerst auf die USA beschränkt, es stellte doch