So Gut Wie Vorüber. Блейк Пирс
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Читать онлайн книгу So Gut Wie Vorüber - Блейк Пирс страница 16
„Von wegen – fang mich doch!“ Mit schelmischem Gesichtsausdruck schoss der Junge davon und rannte geschickt zwischen den Bäumen hindurch.
„Verdammt!“ Cassie rannte ihm nach und biss die Zähne zusammen, als sich kantige Zweige in ihre entzündete Haut bohrten. Er war kleiner und schneller als sie und verspottete sie lachend, während er durch das Dickicht rannte.
„Marc, komm zurück!“, rief sie.
Aber ihre Worte schienen ihn nur noch weiter anzutreiben. Sie folgte ihm entschlossen und hoffte, dass er entweder müde werden oder das Spiel aufgeben würde.
Als er stehenblieb, um zu Atem zu kommen und gegen ein paar Tannenzapfen zu treten, holte sie ihn endlich ein. Sie packte ihn fest am Arm, bevor er wieder wegrennen konnte.
„Das ist kein Spiel. Schau, da vorne geht es ziemlich tief runter.“ Der Waldboden vor ihnen senkte sich steil ab und sie konnte fließendes Wasser hören.
„Lass uns jetzt zurückgehen. Es ist Zeit für den Nachhauseweg.“
„Ich will nicht nach Hause gehen“, murrte Marc und schlurfte über den Waldboden, während er ihr folgte.
Ich auch nicht, dachte Cassie und hatte plötzlich Mitgefühl mit dem Jungen.
Aber als sie die Lichtung erreichten, war Antoinette alleine. Sie saß auf ihrer Jacke und flocht sich das Haar über der Schulter.
„Wo ist deine Schwester?“, fragte Cassie.
Antoinette blickte uninteressiert auf.
„Nachdem du gegangen bist, hat sie einen Vogel gesehen und wollte ihm nach. Ich weiß nicht, wo sie dann hingegangen ist.“
Entsetzt sah Cassie Antoinette an.
„Warum bist du nicht mit ihr mitgegangen?“
„Weil du es nicht angeordnet hast“, sagte Antoinette mit kühlem Lächeln.
Cassie atmete tief ein, um eine weitere Welle der Wut unter Kontrolle zu bringen. Antoinette hatte Recht. Sie hätte die Kinder nicht alleine lassen sollen, ohne sie anzuweisen, sich nicht vom Fleck zu bewegen.
„Wo ist sie hin? Zeig mir, wo du sie zuletzt gesehen hast.“
Antoinette zeigte in eine Richtung. „Sie ist dort lang.“
„Ich werde nach ihr suchen.“ Cassie versuchte, so ruhig wie möglich zu sprechen. „Du bleibst mit Marc hier. Verlasst unter keinen Umständen diese Lichtung und lass deinen Bruder nicht aus den Augen. Verstanden?“
Antoinette nickte abwesend und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Cassie konnte nur hoffen, dass sie ihren Anweisungen Folge leisten würde. Sie ging zu der Stelle, die Antoinette angedeutet hatte, und formte mit den Händen einen Trichter um ihren Mund.
„Ella?“, schrie sie, so laut sie konnte. „Ella?“
Sie wartete auf eine Antwort oder das Geräusch näherkommender Schritte. Aber nichts. Sie hörte lediglich das stille Rascheln der Blätter im immer stärker werdenden Wind.
Hatte Ella es wirklich geschafft, in ihrer Zeit der Abwesenheit so weit zu laufen, dass sie bereits außer Hörweite war? Oder war ihr etwas zugestoßen?
Als sie in den Wald rannte, überkam sie Panik.
KAPITEL SIEBEN
Cassie rannte tiefer in den Wald hinein und im Slalom durch die Baumreihen. Sie rief Ellas Namen wieder und wieder und betete für eine Antwort. Ella könnte überall an, schließlich gab es keinen eindeutigen Weg, dem sie gefolgt sein könnte. Der Wald war dunkel und unheimlich, der Wind wurde immer stärker und die Bäume schienen ihre Rufe zu dämmen. War Ella in eine Schlucht gefallen, gestolpert oder mit dem Kopf gegen einen Stein gestoßen? Hatte ein Landstreicher sie mitgenommen? Die Möglichkeiten waren endlos.
Cassie rutschte moosbewachsene Pisten hinunter und stolperte über Wurzeln. Ihr Gesicht war überall zerkratzt und ihr Hals schmerzte vom Schreien.
Schließlich blieb sie keuchend stehen. Ihr Schweiß fühlte sich im Wind kalt und feucht an. Was sollte sie nun tun? Es wurde langsam dunkel. Sie konnte nicht weitersuchen, wenn sie sich und die Kinder nicht allesamt in Gefahr bringen wollte. Die Gärtnerei war ihre nächste Anlaufstation, wenn sie denn überhaupt noch geöffnet war. Sie konnte dort anhalten, dem Ladenbesitzer erzählen, was geschehen war und ihn bitten, die Polizei zu rufen.
Sie brauchte eine Ewigkeit und mehrere falsche Abbiegungen, um den Weg zurückzufinden, den sie gegangen war. Sie betete, dass die anderen in Sicherheit auf sie gewartet hatten. Und sie hoffte, wo es keine Hoffnung mehr gab, dass Ella vielleicht ihren Weg zurückgefunden hatte.
Aber als sie die Lichtung erreichte, fädelte Antoinette gerade Blätter aneinander und Marc schlief tief und fest auf einem Bett aus Jacken.
Keine Ella.
Sie stellte sich vor, was sie bei ihrer Rückkehr auf dem Gutshof erwartete. Pierre würde wutentbrannt sein – zu Recht. Margot vermutlich einfach nur grausam. Sie stellte sich die Taschenlampen vor, die durch die Nacht leuchteten, während die Gemeinde nach einem Mädchen suchte, das verloren, verletzt oder schlimmer war. Ein Ergebnis ihrer Fahrlässigkeit. Es war ihre Schuld und ihr Versagen.
Das Entsetzen der Situation war zu viel für sie. Sie sank an einem Baum zu Boden, vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und versuchte verzweifelt, ihr Schluchzen zu kontrollieren.
Und dann sagte Antoinette mit heller Stimme: „Ella? Du kannst jetzt rauskommen!“
Cassie blickte auf und beobachtete ungläubig, wie Ella hinter einem umgefallenen Baumstamm hervorkletterte und sich das Laub von ihrem Rock wischte.
„Was …“ Cassies Stimme war rau und zitternd. „Wo warst du?“
Ella lächelte glücklich.
„Antoinette sagte, dass wir Verstecken spielen und dass ich nicht rauskommen darf, wenn du mich rufst – sonst habe ich verloren. Mir ist jetzt kalt, kann ich meine Jacke haben?“
Cassie fühlte sich blind vor Schock. Sie hatte nicht geglaubt, dass sich jemand aus purer Bosheit solch ein Szenario ausdenken konnte.
Es war nicht nur Antoinettes Grausamkeit, die Cassie am meisten erstaunte, sondern ihre Berechnung. Was brachte Antoinette dazu, sie so zu foltern? Und wie konnte sie das in Zukunft verhindern? Von den Eltern war keine Unterstützung zu erwarten. Nettigkeit hatte nicht funktioniert und Wut würde Antoinette nur in die Hand spielen. Antoinette hatte die Kontrolle und das wusste sie.
Unverzeihlich spät machten sie sich auf den Nachhauseweg – und das, nachdem sie keiner Menschenseele gesagt hatte, wo sie waren. Die Kinder waren schmutzig, hungrig, durstig und erschöpft. Cassie fürchtete, dass Antoinette mit ihrem Tun für Cassies sofortige Kündigung gesorgt hatte.
Es war ein langer, kalter und unbequemer Weg zurück zum Schloss.