Die Totenbändiger - Band 6: Unheilige Nacht. Nadine Erdmann

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Die Totenbändiger - Band 6: Unheilige Nacht - Nadine Erdmann Die Totenbändiger

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das seinen Fuß festhalten wollte.

      Ein dumpfer Schmerz in seinem Arm, als man ihn grob weiterzerrte.

      Er hätte sich dagegen wehren sollen, aber bevor sich der Gedanke in seinem Kopf formen konnte, zog die Bewusstlosigkeit ihn schon wieder hinab in tiefe Schwärze.

      »Seid ihr bald fertig?«

      »Ja, gleich!«

      »Mann, macht hin!«

      »Glaub mir, keiner von uns ist scharf darauf, länger als nötig hier zu sein.«

      »Macht trotzdem hin! Es wird langsam dunkel und die Sperrstunde fängt gleich an!«

      Die Stimmen drangen seltsam verzerrt zu ihm. Als wäre er unter Wasser und jemand würde ein Radio lauter und leiser drehen.

      »Wen interessiert denn die bescheuerte Sperrstunde?«

      »Na ja, die Streifen-Cops? Und gerade du solltest dir vielleicht nicht unbedingt schon wieder Ärger mit der Polizei erlauben.«

      »Blablabla. Die können mich mal. Aber mach dich locker. Ich bin hier fertig. Seine Füße sind gefesselt. Der kommt hier nie alleine weg.«

      Ein scharfer Schmerz fuhr durch Cams Handgelenke und sorgte dafür, dass der zähe Nebel in seinem Kopf sich ein wenig lichtete.

      Er saß auf etwas Hartem. Kälte drang durch seinen Hosenboden und den Rücken seiner Jacke. Seine Arme waren nach hinten verdreht. Wieder fuhr ein brennender Schmerz durch seine Handgelenke, als irgendwas in seine Haut schnitt.

      »Seine Hände sind auch verschnürt. Seid ihr sicher, dass er so noch kämpfen kann? Wäre schließlich echt blöd, wenn wir den ganzen Aufwand hier umsonst betreiben und nichts Spektakuläres zu sehen bekommen.«

      Der Nebel in seinem Kopf war noch immer so verdammt zäh, dass es ewig dauerte, bis seine Erinnerungen sich hindurchgekämpft hatten.

      Die Bushaltestelle.

      Topher und Emmett, die wollten, dass er zu ihnen in den Wagen stieg.

      Jemand, der ihn von hinten gepackt und betäubt hatte, als er sich weigerte, der Anweisung nachzukommen.

      Sein Herz stolperte, doch die Benommenheit in seinem Kopf sorgte dafür, dass seine Panik sich in Grenzen hielt. Er fühlte sich müde und völlig erschlagen. Schaffte es nicht mal, seine Augen aufzuzwingen, und jeder Gedanke war träge und entsetzlich langsam.

      Aber das alles hier bedeutete nichts Gutes.

      Er wollte sich bewegen … doch er konnte nicht. Sein Körper schien tonnenschwer und reagierte noch unwilliger als seine vernebelten Gedanken.

      »Das kriegt er schon hin. Jaz konnte ihr Silberzeug lenken und überall hinschicken, dann wird der Freak das ja wohl auch hinbekommen. Ist die Kamera bereit?«

      »Yep. Wir können sie jederzeit starten.«

      »Perfekt. Dann lasst uns von hier verschwinden. Die Party steigt zwar nicht ohne uns, aber wir wollen ja niemanden warten lassen.«

      »Und was machen wir mit ihm? Was, wenn er nicht rechtzeitig aufwacht?«

      »Keine Sorge. Der wacht schon auf.«

      Etwas Eisiges klatschte in sein Gesicht und Cam keuchte auf.

      Gelächter erklang.

      »Seht ihr. Das wird schon.«

      Jemand packte grob in seine Haare, riss seinen Kopf zurück und verpasste ihm eine Ohrfeige.

      »Hörst du mich, Freak? Zeit, aufzuwachen, sonst verpasst du die Geisterstunde.«

      Wieder klatschte kaltes Wasser in sein Gesicht. Cam schnappte erschrocken nach Luft und versuchte die Augen zu öffnen, doch seine Lider waren einfach zu schwer.

      »Okay, er kommt zu sich. Verschwinden wir besser, bevor er wach genug wird, um dieses Silberzeug auf uns zu hetzen.«

      Eine zweite Ohrfeige traf ihn.

      »Mach’s gut, Missgeburt. Und wehe, du sorgst für kein geiles Entertainmentprogramm!«

      Die Hand riss noch einmal an seinen Haaren, dann ließ sie ihn los. Die Stimmen lachten höhnisch und Schritte entfernten sich raschelnd.

      Dann war es still.

      Cam spürte seinen Herzschlag in seiner Brust. Die Schmerzen der Ohrfeigen und das Reißen an seinen Haaren hatte den Nebel in seinem Kopf weiter vertrieben, trotzdem schien sein Körper ihm immer noch nur äußerst widerwillig zu gehorchen.

      Doch er musste!

      Verdammt, er brauchte die Kontrolle zurück!

      Er musste wissen, wo er war und was die Dreckskerle mit ihm gemacht hatten!

      Mit unendlich viel Anstrengung mühte er seine Augen auf – und wünschte sofort, er hätte sie geschlossen gehalten. Abartige Kopfschmerzen fuhren wie ein glühender Pfeil durch seinen Schädel und schienen ihn spalten zu wollen. Cam stöhnte auf. Tränen schossen in seine Augen und ihm wurde übel. Mühsam atmete er durch und blinzelte ein paar Mal.

      Um ihn herum herrschte seltsames Zwielicht.

      Wieder musste er blinzeln, bis die Tränen endlich nicht mehr seine Sicht verschleierten. Dann erkannte er vor sich einen langgezogenen steinernen Tisch mit ebensolchen Stühlen. Einem Festbankett gleich standen darauf Teller und Gläser, Karaffen und Schüsseln, Servierplatten und Körbe. Die Schüsseln enthielten Gemüse, in den Körben befand sich hübsch drapiertes Obst und auf den Platten lagen ein dekoriertes Spanferkel, ein gefüllter Truthahn und verschiedene Fischsorten. Alles war aus Stein und an vielen Stellen mit Moos überzogen, sodass die Konturen verschwammen und die einst so detailliert ausgearbeiteten Köstlichkeiten jetzt wie verdorben und mit Schimmel befallen wirkten. Unkraut wucherte zwischen den Stühlen empor bis an die Tischkante und vom Wald her hatten sich Büsche und Gestrüpp auf der Lichtung ausgebreitet. Das Kunstwerk der steinernen Festtafel bildete ihr Zentrum. Drumherum standen kreisförmig am Waldrand weitere Steintische mit Steinbänken. Diese waren jedoch leer und hatten einst als Picknicktische gedient.

      Cams Herz stolperte.

      Er kannte diesen Ort.

      Jeder in Nordlondon kannte ihn.

      Im vorigen Jahrhundert war diese Lichtung mit ihren hübschen Steinmetzarbeiten ein beliebtes Ausflugsziel für Wochenendpicknicke mit der ganzen Familie gewesen – bis hier in den fünfziger Jahren ein Massenselbstmord stattgefunden hatte und der Ort seitdem Nacht für Nacht von den Geistern der Toten heimgesucht wurde.

      19:43 Uhr

      Jaz stand auf der Terrasse und blickte hinauf in den

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