Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Jaroslav Hašek

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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk - Jaroslav Hašek Große verfilmte Geschichten

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»Bohemia« veröffentlichte diese Nachricht mit der Aufforderung, der Krüppel-Patriot möge belohnt werden, und kündigte an, daß sie Geschenke deutscher Bürger für den Unbekannten in der Administration des Blattes entgegennehme.

      Konnte das Land Böhmen diesen drei Zeitungen nach keinen edlern Bürger hervorbringen, so waren die Herren der Assentierungskommission nicht dieser Ansicht.

      Insbesondere nicht Militäroberarzt Bautze.

      Er war ein unerbittlicher Mann, der in allem den betrügerischen Versuch sah, dem Militär, der Front, der Kugel und den Schrapnells zu entrinnen.

      Bekannt ist sein Ausspruch: »Das ganze tschechische Volk ist eine Simulantenbande.«

      Im Laufe von zehn Wochen seiner Tätigkeit hat er aus 11 000 Zivilisten 10999 Simulanten ausgemerzt und hätte auch den elftausendsten kleingekriegt, wenn diesen glücklichen Mann nicht just in dem Augenblick, als er ihn: »Kehrt euch!« anbrüllte, der Schlag getroffen hätte.

      »Tragen Sie diesen Simulanten weg!« sagte Bautze, als er festgestellt hatte, daß der Mann tot war.

      Vor ihm stand an jenem denkwürdigen Tage Schwejk, gleich den übrigen in völliger Nacktheit, seine Blöße keusch mit den Krücken verdeckend, auf die er sich stützte.

      »Das ist wirklich ein merkwürdiges Feigenblatt«, sagte Bautze, »solche Feigenblätter hat es im Paradies nicht gegeben.«

      »Superarbitriert wegen Blödheit«, bemerkte der Feldwebel, der in die Akten blickte.

      »Und was fehlt Ihnen noch?« fragte Bautze.

      »Melde gehorsamst, ich bin Rheumatiker, aber dienen wer ich Seiner Majestät dem Kaiser, bis man mich in Stücke reißt«, sagte Schwejk bescheiden. »Ich hab geschwollene Knie.«

      Bautze blickte den braven Soldaten Schwejk fürchterlich an und brüllte: »Sie sind ein Simulant!«, und zum Feldwebel gewendet sagte er mit eisiger Ruhe: »Den Kerl sogleich einsperren!«

      Zwei Soldaten mit Bajonetten führten Schwejk in das Garnisonsgefängnis.

      Schwejk ging an den Krücken und bemerkte mit Entsetzen, daß sein Rheumatismus zu schwinden begann. Als Frau Müller, die oben auf der Brücke mit dem Wagerl wartete, Schwejk unter der Obhut der Bajonette erblickte, schluchzte sie laut auf und ließ das Wagerl stehen, um nie wieder dazu zurückzukehren.

      Und der brave Soldat Schwejk schritt in Begleitung der bewaffneten Beschützer des Staates bescheiden dahin.

      Die Bajonette leuchteten im Glanz der Sonne, und auf der Kleinseite drehte sich Schwejk vor dem Radetzkydenkmal zu der Menge um, die ihm folgte: »Auf nach Belgrad! Auf nach Belgrad!«

      Und Feldmarschall Radetzky blickte träumerisch von seinem Denkmal dem sich entfernenden braven Soldaten Schwejk mit dem Rekrutensträußchen auf dem Rocke nach, wie er an den alten Krücken humpelte, während ein würdiger Herr den ihn umringenden Leuten erläuterte, daß man einen Deserteur abführe.

       8

       In jener großen Zeit wandten die Militärärzte ungewöhnliche Mühe daran, den Simulanten den Teufel der Sabotage auszutreiben und sie wieder in den Schoß der Armee zurückzuführen.

      Es gab einige Grade der Folter für Simulanten und solche, die als Simulanten verdächtig waren, als da sind: Schwindsüchtige, Rheumatiker, Bruchleidende, Nierenleidende, Typhuskranke, Zuckerkranke, Leute mit Lungenentzündung und anderen Gebrechen.

      Die Folter, der die Simulanten unterworfen wurden, war genau geregelt, und ihre Grade waren folgende:

       Absolute Diät, früh und abends drei Tage lang je eine Tasse Tee, wobei allen, ohne Rücksicht darauf, worüber sie klagen, Aspirin zum Schwitzen verabreicht wird.

       Um jedem den Gedanken auszutreiben, daß der Krieg ein Honiglecken sei, wird in reichlichen Portionen Chinin in Pulverform oder sogenanntes »Chinin zum Lecken« verabreicht.

       Zweimal täglich Magenausspülungen mit einem Liter warmen Wassers.

       Ein Klistier, unter Benützung von Seifenwasser und Glyzerin.

       Eine Packung in ein in kaltes Wasser getauchtes Leintuch.

       Es gab tapfere Menschen, die alle fünf Grade der Tortur überstanden und sich in einem einfachen Sarg auf den Soldatenfriedhof schaffen ließen. Aber es gab auch kleinmütige Menschen, die, wenn sie beim Klistier angelangt waren, erklärten, daß ihnen bereits gut sei und daß sie nichts anderes wünschten, als mit dem nächsten Marschbataillon in die Schützengräben abzugehen. Schwejk brachte man im Garnisonsarrest in die Krankenbaracke, just unter solche kleinmütige Simulanten.

      »Ich halts nicht mehr aus«, sagte sein Bettnachbar, den man aus dem Ordinationszimmer gebracht hatte, wo ihm bereits zum zweitenmal der Magen ausgespült worden war.

      Dieser Mann simulierte Kurzsichtigkeit.

      »Morgen fahr ich zum Regiment«, entschloß sich der Nachbar auf der linken Seite, der gerade ein Klistier bekommen hatte und simulierte, daß er taub sei wie ein Klotz.

      In dem Bett bei der Tür lag ein sterbender Schwindsüchtiger, in ein in kaltes Wasser getauchtes Leintuch gehüllt.

      »Das ist schon der dritte diese Woche«, bemerkte der Nachbar auf der rechten Seite, »und was fehlt dir?«

      »Ich hab Rheuma«, antwortete Schwejk, worauf ein aufrichtiges Gelächter aller rundherum folgte. Sogar der sterbende Schwindsüchtige, der Tuberkulose simulierte, lachte.

      »Mit Rheumatismus komm nicht erst unter uns«, sagte ein feister Mann eindringlich zu Schwejk, »Rheumatismus is hier soviel wert wie Hühneraugen; ich bin blutarm, hab den halben Magen und fünf Rippen weg und niemand glaubts mir. Hier is sogar ein Taubstummer gewesen, vierzehn Tage ham sie ihn hier jede halbe Stunde in ein in kaltes Wasser getauchtes Leintuch gewickelt, jeden Tag hat man ihm ein Klistier gegeben und ihm den Magen ausgepumpt. Alle Sanitäter ham schon geglaubt, daß ers gewonnen hat und nach Haus gehen wird, bis ihm der Doktor was zum Brechen verschrieben hat. Umreißen hats ihn können, und da hat er klein beigegeben. ›Ich kann nicht länger den Taubstummen spieln‹, sagt er, ›ich hab wieder Sprache und Gehör.‹ Die Maroden ham ihm alle zugeredet, er soll sich nicht ins Unglück stürzen, aber er is dabei geblieben, daß er spricht und hört wie die übrigen. Und so hat ers auch früh bei der Visit gemeldet.«

      »Er hat sich lang genug gehalten«, bemerkte ein Mann, der simulierte, daß er ein um einen vollen Dezimeter kürzeres Bein habe, »nicht so wie der, was simuliert hat, daß ihn der Schlag getroffen hat. Drei Chinine, ein Klistier und ein eintägiges Fasten ham genügt. Er hat gestanden, und bevors zum Magenpumpen gekommen is, war vom Schlag keine Spur mehr. Am längsten hat sich der gehalten, was von einem tollen Hund gebissen worn ist. Er hat gebissen, geheult, wirklich, das hat er ausgezeichnet getroffen, aber den Schaum beim Maul hat er nicht und nicht zuwege bringen können. Wir ham ihm geholfen, wie wir ham können. Wir ham ihn paarmal eine ganze Stunde vor der Visit gekitzelt, bis er Krämpfe gekriegt hat und ganz blau geworn is, aber der Schaum beim Maul is nicht und nicht gekommen. Es war schrecklich. Wie er sich einmal früh bei der Visit ergeben hat, hat er uns leid getan. Er hat sich beim Bett aufgestellt wie eine Kerze, hat salutiert und gesagt:

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