Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Jaroslav Hašek

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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk - Jaroslav Hašek Große verfilmte Geschichten

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style="font-size:15px;">      Die Zeit der Nachmittagsvisite rückte heran.

      Militärarzt Grünstein schritt von Bett zu Bett, hinter ihm ein Sanitätsunteroffizier mit dem Protokollbuch.

      »Makuna?«

      »Hier!«

      »Klistier und Aspirin! – Pokorny?«

      »Hier!«

      »Magen auspumpen und Chinin! – Kovařik?«

      »Hier!«

      »Klistier und Aspirin! – Kotatko?«

      »Hier!«

      »Magen auspumpen und Chinin!«

      Und so gings einer nach dem andern, ohne Erbarmen, mechanisch, stramm. »Schwejk?«

      »Hier!«

      Doktor Grünstein betrachtete den neuen Zuwachs.

      »Was fehlt Ihnen?«

      »Melde gehorsamst, ich hab Rheuma!«

      Doktor Grünstein hatte sich während der Zeit seiner Praxis eine feine Ironie angeeignet, die viel nachdrücklicher wirkte als Geschrei.

      »Aha, Rheuma«, sagte er zu Schwejk, »da haben Sie aber eine äußerst schwere Krankheit. Es ist wirklich ein Zufall, Rheuma zu bekommen, wenn ein Weltkrieg ausgebrochen ist und man in den Krieg ziehn soll. Ich glaube, das muß Sie schrecklich verdrießen.«

      »Melde gehorsamst, Herr Oberarzt, daß es mich schrecklich verdrießt.«

      »Da schau her, es verdrießt ihn also. Das ist sehr hübsch von Ihnen, daß Sie sich gerade jetzt an diesen Rheumatismus erinnert haben. In Friedenszeiten läuft so ein armer Teufel herum wie ein Zickel, aber wie ein Krieg ausbricht, gleich hat er Rheuma und gleich versagen ihm die Knie. Tun Ihnen nicht die Knie weh?«

      »Melde gehorsamst, daß ja.«

      »Und die ganzen Nächte können Sie nicht schlafen, nicht wahr? Rheuma ist eine sehr gefährliche, schmerzhafte und schwere Krankheit. Wir haben hier mit Rheumatikern schon gute Erfahrungen gemacht. Die absolute Diät und der übrige Teil unserer Behandlung hat sich sehr bewährt. Sie werden hier früher gesund werden als in Pistyan und werden an die Front marschieren, daß es hinter Ihnen nur so stauben wird.«

      Zum Sanitätsunteroffizier gewendet, sagte er: »Schreiben Sie: Schwejk, absolute Diät, zweimal täglich Magen auspumpen, einmal täglich ein Klistier. Wies weitergehn wird, werden wir sehn. Inzwischen führen Sie ihn ins Ordinationszimmer, pumpen Sie ihm den Magen aus, und bis er zu sich kommt, geben Sie ihm ein Klistier, aber ein ordentliches, daß er alle Heiligen anruft, damit sein Rheuma erschrickt und davonläuft.«

      Dann wandte er sich allen Betten zu und hielt eine Rede voll schöner und vernünftiger Sentenzen: »Glaubt nicht, daß ihr einen Ochsen vor euch habt, der sich alles an die Nase binden läßt. Mich bringt euer Benehmen durchaus nicht aus dem Gleichgewicht. Ich weiß, daß ihr alle Simulanten seid, daß ihr vom Militär desertieren wollt. Und demgemäß behandle ich euch. Ich habe Hunderte und Hunderte solcher Soldaten überlebt, wie ihr es seid. In diesen Betten sind ganze Scharen von Menschen gelegen, denen nichts anderes gefehlt hat als kriegerischer Geist. Während ihre Kameraden im Felde kämpfen, haben sie geglaubt, daß sie sich in den Betten wälzen, Krankenkost bekommen und warten können, bis der Krieg vorbei ist. Da haben sie sich aber sakramentisch getäuscht, und auch ihr alle werdet euch sakramentisch täuschen. Noch nach zwanzig Jahren werdet ihr aus dem Schlaf schreien, wenn ihr davon träumen werdet, wie ihr bei mir simuliert habt.«

      »Melde gehorsamst, Herr Oberarzt«, ertönte es leise aus einem Bett beim Fenster, »ich bin schon gesund, ich hab schon in der Nacht gemerkt, daß mir der Stickhusten vergangen is.«

      »Sie heißen?«

      »Kovařik, melde gehorsamst, ich soll ein Klistier bekommen.

      »Gut, das Klistier bekommen Sie noch auf den Weg«, entschied Doktor Grünstein, »damit Sie sich nicht beschweren, daß wir Sie hier nicht behandelt haben. So, und jetzt alle Maroden, die ich vorgelesen habe, dem Unteroffizier nach, damit jeder bekommt, was ihm gebührt.«

      Und jeder bekam auch eine redliche Portion, wie sie ihm vorgeschrieben war. Und wenn sich einige bemühten, auf die Vollstrecker der ärztlichen Befehle durch Bitten oder die Drohung einzuwirken, daß sie, die Patienten, sich auch zur Sanität melden und ihre Peiniger ihnen vielleicht einmal in die Hände fallen könnten, Schwejk verhielt sich tapfer.

      »Schon mich nicht«, forderte er jenen Schergen auf, der ihm das Klistier gab, »denk an deinen Eid. Selbst wenn dein Vater oder dein eigner Bruder hier liegen möcht, gib ihnen ein Klistier, ohne mit der Wimper zu zucken. Denk dir, daß Österreich auf solchen Klistieren ruht, und der Sieg ist unser.«

      Am folgenden Tag bei der Visite fragte Doktor Grünstein Schwejk, wie es ihm im Militärspital gefalle.

      Schwejk entgegnete, daß es ein gutes, erhabenes Unternehmen sei. Zur Belohnung erhielt er dieselbe Behandlung wie gestern, nebst einem Aspirin und drei Pulvern Chinin, die man ihm ins Wasser schüttete, worauf er sie sofort austrinken mußte.

      Nicht einmal Sokrates hat den Giftbecher mit solcher Ruhe ausgetrunken wie Schwejk, an dem Doktor Grünstein alle Grade der Folter ausprobierte, das Chinin.

      Als man Schwejk in Anwesenheit des Arztes in ein nasses Leintuch wickelte, antwortete er auf die Frage, wie ihm dies gefalle: »Melde gehorsamst, Herr Oberarzt, es is wie auf der Schwimmschule oder im Seebad.«

      »Haben Sie noch Rheuma?«

      »Melde gehorsamst, Herr Oberarzt, es will nicht und nicht besser wern.«

      Schwejk wurde einer neuen Tortur unterworfen.

      Zu jener Zeit wandte die Witwe nach einem General der Infanterie, Baronin von Botzenheim, große Bemühungen daran, jenen Soldaten ausfindig zu machen, über den die »Bohemia« kürzlich einen Artikel veröffentlicht hatte, der schilderte, wie er, der Krüppel, sich in einem Krankenwagerl zur Assentierung fahren ließ und: »Auf nach Belgrad!« rief, was der Redaktion der »Bohemia« Anlaß zu einer Aufforderung an ihre Leser gab, Sammlungen zugunsten des loyalen verkrüppelten Helden zu veranstalten.

      Schließlich wurde auf Grund einer Anfrage bei der Polizeidirektion festgestellt, daß es sich um Schwejk handle, und das Weitere ließ sich dann schon leicht erforschen. Baronin von Botzenheim packte ihre Gesellschafterin und ihren Kammerdiener samt einem Korb zusammen und fuhr auf den Hradschin.

      Die arme Baronin wußte nicht einmal, was es bedeutet, wenn jemand im Spital des Garnisonsarrestes liegt. Ihre Visitkarte öffnete ihr die Türe des Gefängnisses, in der Kanzlei kam man ihr ungemein höflich entgegen, und schon fünf Minuten später wußte sie, daß »der brave Soldat Schwejk«, nach dem sie fragte, in der 3. Baracke, Bett Nummer 17 lag. Doktor Grünstein selbst, der wie vor den Kopf geschlagen war, begleitete sie.

      Schwejk saß gerade nach der täglichen, von Doktor Grünstein verordneten Prozedur auf dem Bett, umringt von einer Gruppe abgezehrter und ausgehungerter Simulanten, die sich bisher nicht ergeben hatten und zähe mit Doktor Grünstein auf dem Schlachtfeld absoluter Diät kämpften.

      Hätte

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