Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Jaroslav Hašek
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Früher«, fuhr Schwejk fort, »da wars ärger. Ich hab mal ein Buch gelesen, daß der Angeklagte auf glühendem Eisen gehn und geschmolzenes Blei trinken mußte, damit man erkennt, ob er unschuldig ist. Oder hat man ihm die Füße in spanische Stiefel gesteckt und hat ihn auf eine Leiter gespannt, wenn er nicht gestehn wollt, oder man hat ihm die Hüften mit einer Feuerwehrfackel gebrannt, wie mans dem heiligen Johann von Nepomuk gemacht hat. Der hat herich dabei geschrien, wie wenn man ihn gespießt hätt und hat nicht aufgehört, bis man ihn von der Elisabethbrücke in einem wasserdichten Sack hinuntergeworfen hat. Solche Fälle hats viel gegeben, und nachher ham sie den Betreffenden noch gevierteilt oder irgendwo beim Museum an den Pfahl geschlagen. Und wenn man ihn nur in den Hungerturm geworfen hat, war so ein Mensch wie neu geboren.
Heutzutag ist es eine Hetz, eingesperrt zu sein«, fuhr Schwejk wohlgefällig fort, »kein Vierteilen, keine spanischen Stiefel, Kavalletts hamr, einen Tisch hamr, Bänke hamr, wir drängen uns nicht einer auf den andern, Suppe kriegen wir, Brot geben sie uns, einen Krug mit Wasser bringen sie uns, den Abort hamr direkt vorm Mund. In allem sieht man den Fortschritt. Bisserl weit is es zum Verhör, das is wahr, über drei Gänge und ein Stockwerk höher, aber dafür is es auf den Gängen sauber und lebhaft. Da führt man einen her, den andern hin, Junge, Alte, Männer und Weibsbilder. Man is froh, daß man hier nicht allein is. Jeder geht zufrieden seines Wegs und muß sich nicht fürchten, daß man ihm in der Kanzlei sagt: ›Also wir ham uns beraten, und morgen wern Sie gevierteilt oder verbrannt, je nach Wunsch.‹ Das war sicher ein schwerer Entschluß, und ich denk, meine Herren, daß mancher von uns in einem solchen Moment ganz getepscht war. Ja, heutzutag ham sich die Verhältnisse zu unsern Gunsten gebessert.«
Er beendete gerade die Verteidigung des modernen Gefängniswesens, als der Aufseher die Türe öffnete und rief: »Schwejk, ziehn Sie sich an, Sie gehn zum Verhör.«
»Ich zieh mich an«, antwortete Schwejk, »ich hab nichts dagegen, aber ich fürcht mich, daß es ein Irrtum is, ich bin schon einmal beim Verhör herausgeworfen worn. Und dann fürcht ich mich, daß sich die übrigen Herren, die hier mit mir sind, nicht auf mich ärgern, weil ich zweimal hintereinander geh und sie heut noch nicht einmal dort waren. Sie könnten auf mich eifersüchtig wern.«
»Kommen Sie heraus, und quatschen Sie nicht«, lautete die Antwort auf die kavaliermäßige Kundgebung Schwejks.
Schwejk befand sich abermals vor dem Herrn mit dem Verbrechertypus, der ihn ohne jede Einleitung hart und unabweisbar fragte: »Gestehn Sie alles?«
Schwejk heftete seine guten, blauen Augen auf den unerbittlichen Menschen und sagte weich: »Wenn Sie wünschen, Euer Gnaden, daß ich gesteh, so gesteh ich, mir kanns nicht schaden. Wenn Sie aber sagen: ›Schwejk, gestehn Sie nichts ein‹, wer ich mich herausdrehn, bis man mich in Stücke reißt.«
Der gestrenge Herr schrieb etwas in die Akten, und während er Schwejk die Feder reichte, forderte er ihn auf, zu unterschreiben.
Und Schwejk unterschrieb die Angaben Bretschneiders sowie folgenden Zusatz:
Alle oben angeführten Beschuldigungen gegen mich beruhen auf Wahrheit.
Josef Schwejk
Nachdem er unterschrieben hatte, wandte er sich an den gestrengen Herrn: »Soll ich noch was unterschreiben? Oder soll ich erst früh kommen?«
»Früh wird man Sie ins Strafgericht überführen«, lautete die Antwort.
»Um wieviel Uhr, Euer Gnaden? Damit ich um Himmels willen nicht verschlaf.«
»Hinaus!« wurde Schwejk an diesem Tage schon zum zweitenmal von hinter dem Tische angeschrien, vor welchem er stand.
Als er in sein neues vergittertes Heim zurückkehrte, sagte Schwejk dem Polizisten, der ihn begleitete: »Alles geht hier wie am Schnürl.«
Sobald die Türe hinter ihm geschlossen war, überschütteten ihn seine Gefängniskollegen mit verschiedenen Fragen, auf die Schwejk klar entgegnete: »Soeben hab ich gestanden, daß ich herich den Erzherzog Ferdinand erschlagen hab.«
Sechs Männer duckten sich entsetzt unter die verlausten Decken, nur der Bosniake sagte: »Herzlich willkommen!« Während er sich auf das Kavallett legte, sagte Schwejk: »Das is dumm, daß wir hier keinen Wecker ham.«
Am Morgen weckte man ihn aber auch ohne Wecker, und Punkt sechs Uhr führte man Schwejk im »grünen Anton« zum Landesstrafgericht.
»Morgenstunde hat Gold im Munde«, sagte Schwejk zu seinen Mitreisenden, als der »grüne Anton« aus dem Tor der Polizeidirektion fuhr.
3
Schwejk vor den Gerichtsärzten
Die sauberen, gemütlichen Zimmerchen des Landesstrafgerichtes machten auf Schwejk den günstigsten Eindruck. Die weißgetünchten Wände, die schwarzlackierten Gitter und auch der dicke Oberaufseher für die Untersuchungshäftlinge, Herr Demartini, mit den violetten Aufschlägen und der violetten Borte an der ärarischen Kappe. Die violette Farbe ist nicht nur hier vorgeschrieben, sondern auch bei religiösen Zeremonien am Aschermittwoch und Karfreitag.
Die glorreiche Geschichte der römischen Herrschaft über Jerusalem wiederholte sich. Man führte die Häftlinge hinaus und stellte sie unten im Erdgeschoß vor die Pilatusse des Jahres 1914. Und die Untersuchungsrichter, Pilatusse der Neuzeit, ließen sich, statt sich in allen Ehren die Hände zu waschen, bei »Teissig« Gulasch und Pilsner Bier holen und lieferten der Staatsanwaltschaft neue und neue Klagen ab.
Hier schwand zumeist alle Logik, und der § siegte, der § drosselte, der § blödelte, der § prasselte, der § lachte, der § drohte, der § mordete und verzieh nicht. Es waren Jongleure des Gesetzes, Opferpriester der Buchstaben des Gesetzes, Angeklagtenfresser, Tiger des österreichischen Dschungels, die ihren Sprung auf den Angeklagten nach der Nummer des Paragraphen berechneten.
Eine Ausnahme bildeten einige Herren (ebenso wie bei der Polizeidirektion), die das Gesetz nicht so ernst nahmen, denn man findet überall Weizen zwischen Spreu.
Zu einem solchen Herrn führte man Schwejk zum Verhör. Ein alter Herr von gutmütigem Aussehen, der, als er einst den bekannten Mörder Walesch verhörte, niemals zu sagen vergaß: »Bitte, nehmen Sie Platz, Herr Walesch, hier ist gerade ein leerer Stuhl.«
Als man Schwejk vorführte, forderte er ihn mit der ihm angeborenen Liebenswürdigkeit auf, sich zu setzen, und sagte: »Also Sie sind der Herr Schwejk?«
»Ich denk«, entgegnete Schwejk, »daß ichs sein muß, weil auch mein Vater ein Schwejk und meine Mutter eine Schwejk war. Ich kann ihnen nicht so eine Schande antun, meinen Namen zu verleugnen.«
Ein freundliches Lächeln huschte über das Gesicht des Gerichtsrates.
»Sie haben sich aber eine hübsche Geschichte eingebrockt. Sie haben hübsch viel auf dem Gewissen.«
»Ich hab immer viel auf dem Gewissen«, sagte Schwejk, indem er noch freundlicher lächelte als der Herr Gerichtsrat, »ich hab vielleicht noch mehr auf dem Gewissen als Sie, Euer Gnaden.«
»Das geht aus dem Protokoll hervor, das Sie unterschrieben haben«, sagte in nicht minder freundlichem Ton der Gerichtsrat, »hat man auf der Polizei keinen Druck auf Sie ausgeübt?«
»Aber