Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Natürlich hatte Gloria von Haiden die Blicke gespürt, die sie da auf sich zog. Sie war solche Auftritte gewöhnt, sie gehörten zu ihrem Leben, wie die goldene Uhr am Handgelenk, und der teure Wagen vor der Tür.
Sepp Reisinger, der Löwenwirt, stand gerade an der Rezeption und ging mit einer Angestellten die Zimmerreservierungen durch, als die Frau durch die Tür kam.
»Grüß Gott, im Hotel ›Zum Löwen‹«, begrüßte er sie. »Sie haben ein Zimmer reserviert?«
Ein wenig von oben herab, sah Gloria ihn an.
»Nein, habe ich nicht«, antwortete sie. »Haben Sie nichts mehr frei?«
Sepp hob bedauernd die Schulter. Natürlich, es gab noch ein kleines Zimmer, oben, unterm Dach, ein Notbehelf. Aber das konnte man unmöglich so einer Frau zumuten.
»Es tut mir leid«, sagte er. »Wir haben Hochsaison. Wenn Sie vorher angerufen hätten, vielleicht wäre dann noch etwas zu machen gewesen. Aber so…«
Ärgerlich verzog Gloria von Haiden das Gesicht. Daran hatte sie gar nicht gedacht. Es hatte sie schon genug Zeit und Mühe gekostet, herauszufinden, wo Bert sich aufhielt. Da hatte sie natürlich keinen Gedanken daran verschwendet, ein Hotelzimmer zu buchen. Und jetzt sollte sie unter dem Dach wohnen?«
»Ich nehme das Notzimmer«, sagte sie widerwillig.
Sie wußte, daß sie keine andere Wahl hatte. Vielleicht ergab sich ja in den nächsten Tagen etwas anderes. Es kam immer wieder vor, daß ein Gast vorzeitig abreiste, oder ein anderer seine Reservierung stornierte. Auf solch einen Zufall baute sie.
»Aber bitt’ schön, gnädige Frau, wenn S’ sich hier eintragen möchten.«
Der Löwenwirt reichte ihr den Anmeldebogen. Gloria warf den Autoschlüssel auf den Tresen.
»Lassen Sie mein Gepäck holen«, sagte sie, während sie das Formular ausfüllte.
Schließlich begleitete der Hausdiener den neuen Gast nach oben. Das Zimmer lag im obersten Stock, und war wirklich nicht mehr, als ein Notbehelf. Es hatte kein eigenes Bad, das lag eine halbe Treppe darunter. Natürlich war solch eine Unterkunft unter dem Niveau dieser Frau, die den Luxus teurer Hotelsuiten gewöhnt war. Im Moment aber, war es Gloria egal. Hauptsache sie war endlich dort, wo auch Bert sich aufhielt.
Sie gab dem Hausdiener ein derart großzügiges Trinkgeld, daß er vor Erstaunen den Mund aufriß, und sich mehrmals bedankte, bevor er das Zimmer verließ. Gloria war überzeugt davon, daß er mit dem Geld vor den anderen prahlen würde – und das war auch die Absicht, die dahintersteckte.
Ziehe die Angestellten auf deine Seite, dann hast du leichtes Spiel, war ihre Devise. Mit Geld erreichst du alles! Es würde sich schnell beim Hotelpersonal herumsprechen, was für ein großzügiger Gast sie war.
Obwohl sie eine lange Fahrt hinter sich hatte, wollte sie sich nicht ausruhen. Unablässig ging sie in dem kleinen Zimmer auf und ab. Dabei kreisten ihre Gedanken ständig um den Mann, der der Grund für ihre Reise in dieses »Hintertupfingen« war.
Noch vor einer Woche hatte sie im Untersuchungsgefängnis in Regensburg gesessen. Ihrem Anwalt, Hans Willert, dem Sozius von Bert Fortmann, hatte sie es zu verdanken, daß sie sich, bis zum Beginn des Prozesses gegen sie, auf freiem Fuß befand.
Willert hatte sich lange gesträubt, das Mandat zu übernehmen, er glaubte, es wegen seines Kollegen nicht tun zu dürfen. Daß er es schließlich doch tat, verdankte Gloria der lockeren Freundschaft, die sie und Willert verband. Nachdem er sie dann endlich aus dem Gefängnis herausgeholt hatte, war es der Frau gelungen, aus dem Anwalt auch den Aufenthaltsort von Bert herauszulocken. In der Kanzlei war er nämlich seit Tagen nicht mehr gewesen, und Glorias ständige Anrufe in Berts Wohnung waren vergeblich gewesen. Erst ein inszenierter Abend bei Kerzenlicht und Rotwein brachte Hans Willert dazu, sich zu verplaudern. Ganz gegen seine Absicht sprach er von St. Johann und bat, daß Gloria, um Himmels willen, nichts davon bei Bert verlauten ließ.
Diese Information war es, die sie haben wollte. Danach endete der Abend schneller, als Willert es sich vorgestellt hatte. Am nächsten Morgen stieg Gloria von Haiden in ihren Sportwagen und raste Bert Fortmann hinterher.
Dabei war es nicht etwa Liebe, die sie dazu antrieb. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihn jemals geliebt hatte, nicht einmal, ob sie überhaupt dazu fähig war, jemanden zu lieben.
Sie hatte ihn begehrt. Seinen Charme, sein sicheres Auftreten, die intelligenten Gespräche, und ganz bestimmt sein nicht unbeträchtliches Vermögen, das ihr neue Möglichkeiten bot, sich ihrem Lieblingsspiel hinzugeben. Dem Spekulieren mit Aktien und Kursgewinnen.
Jetzt brauchte sie ihn wieder. Bert Fortmann mußte vor Gericht so aussagen, daß sie noch einmal mit heiler Haut davonkam. Die Wochen in der Untersuchungshaft hatten ihr gereicht. Weitere Erfahrungen mit Gefängnissen wollte sie nicht machen. Mit einem Freispruch konnte sie zwar nicht rechnen, doch wenn es so klappte, wie sie es sich vorstellte, dann bekam sie schlimmstenfalls eine Geldstrafe.
So richteten sich all ihre Hoffnungen auf die Begegnung mit dem Mann, den sie so schändlich hintergangen hatte.
*
Bert Fortmann ahnte nicht, was auf ihn zukam, als er das Hotel betrat. Er war bester Laune. Die Wanderung mit Verena hatte sich bis zum späten Nachmittag hingezogen, und der Abschied fiel beiden schwer. Sie trösteten sich damit, daß sie sich zum Abendessen im Hotel treffen wollten.
Nachdem er geduscht und sich umgezogen hatte, ging der junge Anwalt in aufgeräumter Stimmung hinunter. Er wollte schnell in die Gärtnerei am Ende der Straße laufen und einen Blumenstrauß kaufen. Zuvor reservierte er einen Tisch im Restaurant. Sepp Reisinger, der am Tresen stand, notierte die Uhrzeit. Bert und Verena hatten zwanzig Uhr ausgemacht.
In der Gärtnerei erstand er einen wunderschönen Strauß roter Rosen. Damit ging er ins Hotel zurück. Er ließ die Blumen in eine Vase stellen und an den reservierten Tisch bringen. Dann zog er sich in eine stille Ecke zurück und vertrieb sich die Zeit mit dem Lesen der ausgelegten Zeitschriften. Kurz vor acht stand er auf und trat vor die Tür. Verena überquerte gerade die Straße. Sie lächelte, als sie ihn erkannte. Bert ging ihr entgegen und umarmte sie.
Ihre Augen schienen noch mehr zu strahlen, als er ihr ins Ohr flüsterte, wie sehr er sie liebte. Galant reichte er ihr den Arm und führte sie ins Restaurant.
»Sind die schön!« flüsterte Verena entzückt, beim Anblick der Rosen.
Sie sah ihn bewegt an.
»Danke.«
Bert half ihr aus der Jacke und reichte das Kleidungsstück an den Ober weiter. Eine Haustochter brachte die Speisekarte und zwei Gläser Champagner, die der Anwalt zuvor geordert hatte.
»Auf einen wunderschönen Abend«, sagte er, als sie sich zuprosteten.
Vorspeise, Hauptgang, Dessert – alles schmeckte großartig. Dazu herrlicher Wein.
Nach und nach füllte sich das Restaurant. Obwohl es ein gewöhnlicher Wochentag war,
herrschte großer Andrang. Irma Reisingers