Der Landdoktor Classic 35 – Arztroman. Christine von Bergen

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Der Landdoktor Classic 35 – Arztroman - Christine von Bergen Der Landdoktor Classic

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Sie stellte sich schon im Geiste die Schlagzeile in der Zeitung vor: Weibliche Leiche an einem Weiher im Ruhweiler Tal gefunden. Vom Täter fehlt jede Spur.

      Da hörte sie das angenehm klingende Lachen des Fremden, das tief aus dem Bauch kam.

      »Keine Angst, ich bin ganz harmlos«, beruhigte er sie, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Er streckte ihr die Hand entgegen und stellte sich vor: »Sebastian Klerner.«

      Sie blinzelte.

      Sebastian Klerner? So hieß einer ihrer Lieblingsmaler. Nein, das konnte unmöglich sein.

      »Michaela Lehmann«, entgegnete sie und drückte seine Hand, die sich trocken und warm anfühlte. Eine Hand, die Vertrauen einflößte.

      »Bist du von hier oder machst du hier Urlaub?«, erkundigte er sich, nachdem er an seiner Zigarette gezogen hatte.

      »Ich lebe und arbeite hier. Vor drei Tagen erst bin ich zurückgekommen.«

      »Warum?« Offen lag sein Blick auf ihrem Gesicht.

      »Warum?« Die Frage verwirrte sie. »Nun, weil ich die Gegend liebe, weil ich mich entschlossen habe, hier zu leben.«

      »Was machst du beruflich?«

      »Ich bin Hebamme.«

      Er nickte mit anerkennender Miene. »Ein seltener Beruf, aber ein schöner. Er hat etwas mit Leben zu tun.«

      Sie nickte.

      Genau dies war der Grund, warum sie Hebamme geworden war. Sie erfreute sich an jedem Baby, das sie ans Licht der Welt bringen durfte.

      »Und du? Bist du auf der Durchreise?« Voller Neugier sah sie ihn an.

      »Sind wir das nicht alle?« Sein tiefer Blick irritierte sie genauso wie diese philosophisch anmutende Frage.

      »Irgendwie schon«, stimmte sie ihm zu und schwieg.

      Sebastian Klerner schien ein ernsthafter Mensch zu sein, der sich Gedanken über das Leben machte.

      »Ich stamme aus Ruhweiler, war jedoch seit acht Jahren nicht mehr hier.«

      Mit geschärftem Blick sah sie ihn an.

      Nein, sie hatte ihn früher noch nicht gesehen. Die Alten im Tal kannten sich, bei den Jungen war dies inzwischen anders.

      Wie gern hätte sie mehr über ihn erfahren. Seine verschlossene Miene riet ihr jedoch, keine weiteren Fragen mehr zu seiner Person zu stellen. Ob dieser Mann neben ihr vielleicht doch der berühmte Maler Sebastian Klerner war? Sie hatte schon einige Fotos von dem Künstler gesehen. Er war ebenfalls blond, groß und schlank, aber auf diesen Fotos hatte er kurzes Haar gehabt und eine Brille getragen. Außerdem waren es keine Nahaufnahmen gewesen. Der bekannte Maler stammte jedoch auch aus dem Süden Deutschlands.

      Sie räusperte sich und drückte entschlossen den Rücken durch.

      Jetzt wollte sie es wissen.

      »Sag mal, bist du etwa Sebastian Klerner, der Maler?«

      Zuerst wirkte er überrascht, dann lachte er. »Bingo.« Sein Blick lag mit belustigtem Ausdruck auf ihr. »Interessierst du dich für Malerei?«

      »Sehr. Du hast doch gerade eine Ausstellung in Hamburg oder irre ich mich?«

      »Du irrst nicht.«

      »Warum bist du dann hier und nicht dort?«

      »Weil ich meine Ausstellungen hasse. Wenn ich sie besuche, dann nur in Verkleidung. Ich mag es nicht, von den Leuten angesprochen zu werden. Gefragt zu werden, warum ich den Baum blau und nicht rot gemalt habe und welcher Sinn hinter dieser Farbwahl steckt.«

      Sie lachte.

      Sie konnte ihn gut verstehen. Sie war auch kein Typ für die Öffentlichkeit. Sie mied Partys oder Großveranstaltungen. Sie liebte die Zurückgezogenheit, die Natur und den Austausch mit nur wenigen Menschen, das Gespräch in kleiner Runde.

      »Ich habe mich hier in den Schwarzwald abgesetzt, weil ich dem Trubel entfliehen wollte«, hörte sie Sebastian weitererzählen. »Aber wenn ich ehrlich bin, weiß ich noch nicht, ob diese Entscheidung richtig war.«

      Verblüfft über diese Bemerkung sah sie ihn an. »Warum nicht?«

      »Weil es nicht immer gut ist, nach vielen Jahren der Abwesenheit an den Ort zurückzukehren, an dem man noch Träume hatte.«

      »Aber deine Träume sind doch wahr geworden«, stellte sie erstaunt fest. »Du bist ein bekannter Künstler.«

      »Zumindest meine beruflichen.« Seine Stimme enthielt einen verbitterten Unterton, der ihr den Mut nahm, weitere Fragen zu stellen. Stattdessen vertiefte sie sich in den Anblick der Schwalben, die über dem kleinen See ihre Runden drehten.

      »Mir wird kühl«, sagte Sebastian in ihr Schweigen hinein und stand auf.

      Sie stand ebenfalls auf. Sie standen sich gegenüber, sahen sich an, beide unsicher, beide abwartend und beide innerlich zitternd, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

      »Okay, nett, dich kennen gelernt zu haben«, verabschiedete sich Sebastian. »Vielleicht sehen wir uns noch einmal.« Er zuckte mit den Schultern, was für sie so viel hieß wie: »Vielleicht auch nicht.«

      »Ja, das wäre nett«, antwortete sie betont leichthin, obwohl sie sich nichts sehnlicher wünschte, als ihn wiederzusehen.

      *

      Am nächsten Tag erreichte Dr. Brunner in der Vormittagsstunde ein alarmierender Ruf.

      »Patricia hat einen schweren Anfall«, teilte ihm Schwester Gertrud durch die Gegensprechanlage mit. »Sie müssen sofort zu ihr. Elisabeth ist völlig hilflos. Das Spray zur Erweiterung der Bronchialen zeigt keine Wirkung mehr.«

      »Sagen Sie den Patienten im Wartezimmer Bescheid«, wies der Landarzt seine Sprechstundenhilfe an.

      »Ist schon geschehen. Ihre Notfalltasche steht auch schon bereit.«

      Ein paar Minuten später hielt Matthias vor Elisabeths kleinem schmuckem Haus. Die Holztür stand offen. Er kannte sich im Haus aus und fand seine kleine Patientin sowie deren Großmutter im Kinderzimmer.

      Elisabeth Söntker zitterte am ganzen Leibe. Patricia saß gekrümmt und zuckend im Bett. Sie nahm ihn gar nicht wahr. In den dunklen Kinderaugen stand Panik. Willig ließ sie sich von ihm das Spray in den Rachen sprühen. Doch selbst die doppelte Dosis brachte keine Linderung des Anfalls. Elisabeth hielt ihre Enkelin im Arm und sprach beruhigend auf sie ein. Doch auch die liebevolle Zuwendung spendete keine Besserung. Im Gegenteil, Matthias gewann den Eindruck, als würde sich der Anfall stetig verschlimmern.

      »Ich werde ihr Aminophyllin spritzen«, sagte er zu Elisabeth, die daraufhin nur stumm nickte.

      Trotz des Aminophyllins steigerte sich Patricias Atemnot. Immer schneller schnappte sie nach Luft. Ihr Puls lag jetzt bei hundertzwanzig. Matthias strich seiner kleinen Patientin die feuchten Haare aus der Stirn.

      »Pscht,

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