Butler Parker Classic 35 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Diesmal war der Hai so schnell, daß er seine Fahrt nicht mehr zu bremsen vermochte. Gierig riß er sein Maul auf. Genußvoll schloß er die Augen. Dann schlossen sich seine Kiefer. Und gleichzeitig spürte er, daß er seine Beute zwischen den Zähnen hatte.
Er biß kraftvoll zu.
Und bekam heftige Zahnschmerzen.
Seine Zähne schrammten und splitterten auf einer Halbkugel herum, die aus Stahlblech zu bestehen schien. Der getäuschte Hai spuckte den unverdaulichen Brocken hastig aus, verschluckte sich und raste, geplagt von heftigen Zahnschmerzen, davon. Sein Bedarf war, wie es so treffend heißt, restlos gedeckt. Er erinnerte sich plötzlich jener Haifänger, die diese Gewässer unsicher machten. Wahrscheinlich hatten diese Menschen sich neue Köder ausgedacht.
Wild vor Wut und Gier folgte er der Blutspur, die die beiden anderen davonzischenden Haie hinterlassen hatten. Sie führte hinüber zu einem nahen Riff. Die Blutwitterung wurde immer stärker und frischer. Der Hai wußte längst, daß sie von einem Artgenossen stammte, doch das störte ihn nicht weiter. Er wollte morden. Um jeden Preis!
»Erinnern Sie mich daran, Parker, daß ich später noch vor Angst zu zittern habe«, sage Mike Rander wasserspuckend. »Im Moment habe ich keine Zeit dazu.«
Der junge Anwalt trieb neben seinem Butler im Wasser und sah der davonjagenden Dreiecksflosse des Haies nach. Parker nickte zur Bestätigung der gehörten Worte und faltete dann sorgfältig seinen altväterlichen Universal-Regenschirm zusammen, der den Hai in die Flucht geschlagen hatte. Anschließend bemühte er sich um seine zerschrammte und angeknabberte Melone, die der Hai als unverdaulich ausgespuckt hatte. Die Melone sah noch recht ansehnlich aus. Parker konnte sie ohne weiteres wieder aufsetzen, was er wegen der sengenden Sonne auch tat.
»Rechnen Sie mit weiteren Raubfischen?« erkundigte sich Mike Rander.
»Weniger mit weiteren Fischen, Sir, als vielmehr mit der Rückkehr der Gangster«, antwortete der Butler und warf einen interessierten Blick in die Runde.
»Weit und breit nichts mehr zu sehen«, sagte Mike Rander, der sich ebenfalls umgesehen hatte. »Haben Sie ein Patentrezept, Parker, wie wir schleunigst aus dem Wasser kommen?«
»Verflixt, wie kommen wir aus dieser Wasserwüste wieder heraus«, schimpfte Rander. Er sah sich nervös in der Runde um und fügte hinzu: »Sind Sie sicher, daß die Haie sich auch wirklich verzogen haben?«
»Im Augenblick ist mit weiteren Belästigungen wohl kaum zu rechnen, Sir.«
»Keine Insel in der Nähe?«
»Ich sehe einige kreisende Vögel über dem Horizont.«
»Ich sprach von einer Insel, nicht von Vögeln«, gab Rander zurück, nachdem er wieder einmal Wasser gespuckt hatte.
»Wo kreisende Vögel sind, Sir, ist auch mit einem mehr oder weniger großen Eiland zu rechnen.«
»Na schön, setzen wir uns in Bewegung«, schlug der Anwalt vor. »Hoffentlich kreuzen wir keine Wasserstraße der Haie.«
Die beiden Männer, mochten sie äußerlich auch noch so ungleich sein, steckten selbstverständlich nicht auf. Gewiß, sie hatten einiges Pech gehabt, doch im Grunde konnte sie so etwas kaum aus dem seelischen Gleichgewicht bringen. Dazu waren sie viel zu trainiert, dazu hatten sie sich schon in ganz anderen Situationen befunden.
Parker übernahm die Führung und schwamm los. Mike Rander schloß sich seinem Butler an und mußte bald feststellen, daß Josuah Parker auch im Wasser ein einsamer Meister war. Trotz der hinderlichen Kleidung, die Parker natürlich nicht abgestreift hatte, entwickelte er ein Tempo, das Rander die Luft nahm.
Parker fand sehr schnell heraus, daß er sein Tempo drosseln mußte. Er paßte sich der Geschwindigkeit seines jungen Herrn etwas besser an. Rander entledigte sich der Oberkleidung und war einer ersten Erschöpfung nahe, als nach gut einer Stunde endlich vor ihnen die vagen Umrisse einer Insel zu erkennen waren.
»Ist das die Insel, die wir bereits angelaufen hatten?« fragte er keuchend seinen Butler.
»Das, Sir, läßt sich mit Sicherheit leider nicht feststellen«, erwiderte der Butler mit ruhiger, fast entspannter Stimme. »Die Konturen dieser Insel sind mir fremd.«
»Ist vielleicht auch besser so!« Rander legte sich auf den Rücken, um etwas zu verschnaufen. Dann, er glaubte nicht richtig gesehen zu haben, erhielt er so etwas wie einen elektrischen Schlag.
»Haie, Parker, Haie!« rief er und deutete auf eine riesige Dreiecksflosse, die sich ihnen schnell näherte.
»Ich bin bereits orientiert, Sir«, meldete der Butler. »Ich werde, wenn Sie gestatten, einen ersten Kontakt aufnehmen. Vielleicht handelt es sich um einen alten Bekannten.«
Die Dreiecksflosse kam immer näher heran. Sie kreiste um die beiden im Wasser treibenden Männer, um dann... wie von Furien gehetzt, in rasender Schnelligkeit davonzujagen.
»Das war ein alter Bekannter, Sir«, meldete der Butler, und der Anflug eines leisen Lächelns glitt über sein Gesicht. »Ich glaube nicht, daß sich ein Angriff wiederholen wird.«
Parker vermutete richtig.
Die Dreiecksflosse und der dazugehörige Hai tauchten weg und wurde nicht mehr gesehen. Rander und Parker konnten ungestört auf das Eiland zuschwimmen. Auffallend war ein Brandungssaum weit vor der Insel. Das Wasser brach sich daran. Hinter dem Brandungssaum befand sich eine weite, vollkommen ruhige Lagune.
Parker übernahm jetzt wieder die Führung. Mit dem Bambusgriff seines Universal-Regenschirms kettete er seinen jungen Herrn an sich. Dann schwamm er beherzt in die donnernde Brandung hinein und ließ sich samt seinem jungen Herrn durch einen gewaltigen Brecher in die stille Lagune tragen.
Sie kamen ohne jede Schrammen in stilles Wasser und wurden wenig später von einer sanften Unterwasserströmung auf eine schmale Landzunge zugetrieben. Minuten später hatten sie festen Sandboden unter sich und konnten sich niederlassen.
Erst jetzt merkte Mike Rander, wie erschöpft er war. Die Muskeln und Nerven vibrierten und zitterten. Nach Luft schnappend legte Rander sich auf den Rücken und blieb ausgepumpt liegen.
»Wenn Sie erlauben, Sir, sehe ich mich etwas um«, hörte er die Stimme seines Butlers.
»Tun Sie, was Sie wollen, aber lassen Sie mich erst mal in Ruhe«, gab Rander müde zurück. »Sie befinden sich in einer unverschämten Form.«
»Sie beschämen mich, Sir«, gab Parker würdevoll zurück. »Im übrigen empfehle ich, sich unter das Strauchwerk dort zurückzuziehen, zumal man wirklich nicht wissen kann, wer sich hier auf der Insel außer Ihnen und meiner bescheidenen Wenigkeit noch befindet.«
Rander hörte den knirschenden Sand unter den Schuhen des Butlers. Sekunden später umgab ihn völlige Ruhe, die äußerst einschläfernd auf ihn wirkte.
Er erinnerte sich der Worte seines Butlers, kroch mit letzter Kraft unter das dichte Strauchwerk der schmalen Landzunge, schloß die Augen und war wenig später eingeschlafen!
*
Parker ließ sich vom Frieden, der um ihn war, nicht täuschen.