Familie Dr. Norden Classic 41 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Wird Ihre Mutter kommen?«
»Sophias Kopf sank noch tiefer. »Ich habe keine Mutter, hatte nie eine, nur meinen Vater«, sagte sie in einem Ton, der Astrid ans Herz rührte.
»Ihr Vater wird leben», sagte sie, und es klang wie ein Versprechen.
*
Sophia war ein paar Minuten allein. Jetzt lösten sich Tränen aus ihren Augenwinkeln. Sie suchte in ihrer Tasche nach Taschentüchern und hatte den Brief zwischen den Fingern, bevor sie welche fand. Dieser Brief, was konnte der bedeuten?
»Wenn ich doch mit dir sprechen könnte, Paps«, flüsterte sie. Was werde ich jetzt noch erfahren? Gibt es in diesem fremden Land Menschen, die dir nahe standen? Aber warum ist der Brief an mich gerichtet?
Ihr Leben war bisher in engen Grenzen verlaufen, und sie hatte diese auch nicht durchbrechen wollen. Sie hatten ein schönes, behagliches Haus, und ihr Paps einen Beruf, der ihr auch sehr gefiel, denn sie liebte Tiere. Sie lebten glücklich und zufrieden, und sie ging gern zur Schule. Einen Freundeskreis hatten sie auch, und sie sehnte sich nicht nach der weiten Welt.
Sie machten schöne Ausflüge, wenn Elmo Ohlsen Zeit hatte, er hatte mit ihr ein verlängertes Wochenende in Rom verbracht und eins in Paris. London hatten sie für das Frühjahr geplant. Sie fuhren auch ab und zu nach München und besuchten die Oper oder ein Konzert, aber die Stadt übte auf Sophia nur insofern einen Reiz aus, als sie deren Geschichte und die Sehenswürdigkeiten interessierten. Einkaufsbummel oder gar Discos besaßen keine Anziehungskraft für sie.
Vielleicht kam es auch daher, weil sie sich oft Gedanken über ihre Mutter gemacht hatte, von der sie eigentlich nichts wußte oder nur das, was ihr Vater ihr auf ihre Fragen erzählte. Weil sie aber bald merkte, daß er diese Fragen nicht gern oder nur zögernd beantwortete, verzichtete sie darauf, ihn damit zu quälen.
Mit müden, brennenden Augen starrte sie auf den Briefumschlag, den sie krampfhaft festhielt. Schwester Astrid hatte sie wieder einige Minuten beobachtet.
»Jetzt legen Sie sich nebenan hin, Sophia«, sagte sie mütterlich. »Sie müssen schlafen.«
»Ich muß die Hunde, füttern«, murmelte Sophia.
»Sie werden nicht gleich verhungern. Haben Sie keine Hilfe?«
»Es ist Sonntag.«
»Es ist bereits Montag«, erklärte Schwester Astrid sanft.
»Dann kommt Muck.« Sie schlief schon fast, und als sie im Nebenraum auf die Liege sank und Astrid sie zudeckte, sank sie in tiefsten Schlummer.
Wenig später kam Dr. Marlow, um nach dem Patienten zu sehen.
»Gerade ist Sophia eingeschlafen«, sagte Astrid, »sie tut mir leid. Sie ist ganz allein, hat keine Mutter und liebt ihren Vater sehr.«
»Wenn nichts dazwischenkommt, wird sie ihn ja auch behalten. Und es gibt schon eine ganze Menge Leute, die sich um sie und ihren Vater sorgen. Wir brauchen bald eine Extratelefonleitung, wenn es so weitergeht. Wir können ihr auf jeden Fall ausrichten, daß für die Tiere gesorgt wird.«
»Sie hat noch gesagt, daß sie die Hunde füttern muß.«
»Immerhin erfreulicher als die Braut von unserem Skifahrer, die nur jammert, daß er für die ganze Saison ausfallen wird. Manche könnte man auf den Mond schießen.«
Astrid kannte ihn. Er hatte im Grunde ein weiches Herz, wollte es aber nicht zeigen. Für Frauen, die oberflächlich und egoistisch waren, hatte er nur Spott übrig.
Der junge Skirennläufer, der am Vormittag mit schweren Verletzungen eingeliefert worden war, hatte eher Trost und Mitgefühl nötig als hysterische Ausbrüche einer gefühllosen Freundin.
Dr. Marlows Blick fiel auf den Brief, den Schwester Astrid auf den Hocker neben die Liege gelegt hatte.
»Hat sich Sophia darüber aufgeregt?« fragte er.
»Sie hat ihn noch gar nicht gelesen. Hoffentlich nicht noch was Unangenehmes. Er sieht amtlich aus.«
»Sie hatte gestern erst ihren neunzehnten Geburtstag«, sagte er geistesabwesend.
Astrid sah ihn verwundert an, weil er Gefühl zeigte.
»Sie ist noch ein halbes Kind«, fügte sie hinzu.
»Wir legen Sven Böring auch auf die Intensivstation und die Freundin darf nicht mehr zu ihm, falls er es nicht ausdrücklich verlangt.«
»Ich habe es zur Kenntnis genommen«, erwiderte Astrid.
Er wandte sich noch einmal Elmo Ohlsen zu. »Sieht doch ganz ordentlich aus«, stellte er aufatmend fest. »Gut, daß er einen so kompakten Wagen fuhr.«
*
»Das war ja ein entsetzlicher Unfall«, sagte Fee Norden am Abend zu ihrem Mann. »Sie haben es im Fernsehen gezeigt. Wieder mal so ein junger Raser.«
»Und das Opfer ist Elmo Ohlsen, du erinnerst dich an ihn, Fee? Der junge Tierarzt.«
»Das ist doch ewig her, mein Schatz, so jung kann er nicht mehr sein. – Elmo Ohlsen – ging es da nicht um ein Kind?« Sie schlug sich leicht an die Stirn. »Das war doch die Sturzgeburt in deiner Praxis.«
»So was vergißt man nicht, Fee. Ich habe mich sofort daran erinnert, als ich seinen Namen hörte. Plötzlich war er Vater, und ich sehe noch sein fassungsloses Gesicht.«
»Wie lange ist das her? Laß mich mal überlegen. Damals war Molly noch bei dir, und jetzt lebt sie auch schon drei Jahre nicht mehr. Sie hatte kein leichtes Leben und dann auch noch Krebs.«
Wenn Fee Nordens Gedanken in die Vergangenheit wanderten, kam Wehmut auf, denn manch einen hatten sie schon beerdigen müssen, der ihr Leben ein Stück begleitet hatte.
»Was ist eigentlich aus dem Kind geworden?« fragte sie nach einer längeren Gedankenpause.
»Ohlsen hat diese Sarah Stone geheiratet, aber lange hat die Ehe wohl nicht gehalten«, erwiderte Daniel. »Ich habe ja nichts mehr von ihm gehört. Du weißt, wie das ist. Ich habe meine Praxis und er seine, und Tölz ist doch ein ganzes Stück von München entfernt.«
»Du bist sicher, daß es sich bei dem Unfallopfer um den Ohlsen handelt?«
»Der Name Elmo ist wohl selten genug, und dazu Ohlsen und Tierarzt, es gibt keinen Zweifel.«
»Woher weißt du es so genau?«
»Weil ich mich erkundigt habe. Die Tante von dem Unglücksfahrer ist meine Patientin. Sie war gleich bei mir. Eine gute Meinung hat sie von ihrem Neffen nicht, aber sie fürchtet, daß ihre Schwester durchdreht und weiß nicht, wie sie sich verhalten soll. Ja, mein Schatz, so wird die Vergangenheit wieder ganz lebendig. Wir waren damals ganz jung verheiratet.«
»Und ich durfte dir ab und zu noch in der Praxis helfen.«
»Damals hatten wir noch keine Kinder, Allerliebste.«
»Und