Familie Dr. Norden Classic 41 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Familie Dr. Norden Classic 41 – Arztroman - Patricia Vandenberg Familie Dr. Norden Classic

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bis auf einen, der mich zwang zu lügen und andere zu verletzen. Es ist der wirkliche Vater meiner Tochter.

      Sophia laß es. Ihr wurde es schwarz vor Augen, weil sie nicht gleich die Wahrheit begriff.

      Nicht nur, daß sie mich im Stich gelassen hat, jetzt will sie den besten Menschen, der mir geblieben ist, vernichten, dachte sie. Maßloser Haß brannte in ihr empor. Sie war schon drauf und dran, das Bündel Papiere zu zerreißen, als Astrid eintrat. Die hielt erschrocken den Atem an, als sie in Sophias entsetzte Augen blickte.

      »Was ist, Kleines?« fragte sie mit mütterlicher Besorgtheit.

      »Sie sind ein Engel, meine Mutter war ein Teufel«, stieß Sophia hervor. Sie sagt, daß mein Leben nicht zerstört werden soll, aber sie ist es, die es zerstören will. Wie konnte sie mir das antun, wie kann sie es meinem Paps antun«, schluchzte sie auf.

      Astrid wußte nicht, was sie sagen sollte. »Was steht in dem Brief?« fragte sie nach einem tiefen Atemzug gepreßt.

      »Lesen Sie es selbst, ich will nicht weiterlesen. Es soll wohl eine Beichte sein, dabei ist es nur boshaft und gemein, was sie mir hinterlassen will, so wie ihr ganzes Leben gewesen sein muß. Mein Paps darf das nie erfahren. Helfen Sie mir, Schwester Astrid, damit fertig zu werden.«

      Sie war nicht erwachsen, sie war ein zutiefst verletztes Kind. Ganz mechanisch nahm Astrid ihr das Papierbündel aus den Händen.

      »Komm jetzt mit mir, Sophia«, sagte sie, unwillkürlich zum Du findend. »Sven Böring könnte aufwachen.«

      »Paps vielleicht auch«, flüsterte Sophia. »Ich muß mich beherrschen, er darf nichts merken.«

      Wie eine Blinde ging sie neben Astrid, die ihre Hand ergriffen hatte.

      Astrid rief Schwester Käthe zu, daß sie mal kurz die Wache übernehmen solle, da sie sich um Sophia kümmern müsse.

      »Sie sollte mal was essen«, brummte Käthe gutmütig.

      »Das stimmt allerdings auch«, sagte Astrid.

      »Ich habe keinen Hunger«, widersprach Sophia trotzig. Dann aber verschanzte sie sich hinter noch trotzigerem Schweigen.

      »Jetzt sag doch, was dich so wütend macht, Sophia«, drängte Astrid.

      »Lesen Sie es, ich will nicht darüber reden.«

      Mit einem Gefühl des Unbehagens las Astrid die erste Seite, auf der der Schlußsatz stand, der Sophia so aufgeregt hatte, aber auch Astrid war bestürzt und las ihn noch einmal.

      »Wenn das bedeutet, daß dein eigentlicher Vater ein anderer Mann ist, solltest du weiterlesen«, sagte sie mit erzwungener Ruhe.

      »Wieso ein anderer Mann?« Jetzt war Sophia noch verwirrter.

      »So könnte sie es gemeint haben. Die Frau war krank, sie hat sich etwas unklar ausgedrückt und der Anwalt hat es so aufgeschrieben, wie sie es sagte. Sie scheint ja sehr krank gewesen zu sein und wollte ihr Gewissen erleichtern.«

      Sophia preßte die Lippen aufeinander. »Sie bringt nur Unglück, ich habe es geahnt. Ist es nicht schlimm genug, daß diese schreckliche Frau meine Mutter ist? Ich möchte nicht wissen, was sie Papa angetan hat. Er ist mein Vater, niemand sonst.«

      »Du liebst ihn, und so wird es auch bleiben. Was immer sie dir mitteilen wollte, es ändert nichts an deinen Gefühlen. Vielleicht hatte sie einen Grund, dir etwas zu sagen, was trotz allem wichtig für dich sein könnte.«

      »Lesen Sie bitte erst weiter, und sagen Sie mir, ob es wirklich für mich wichtig sein könnte«, bat Sophia jetzt etwas ruhiger.

      »Danke für dein Vertrauen, aber du mußt mir versprechen, den Kopf nicht in den Sand zu stecken.«

      »Ich verspreche es.«

      Astrid las noch eine Seite, und sie hätte weitergelesen, weil sie so fasziniert war, aber Käthe rief nach ihr, denn Sven Böring fantasierte. Seine Temperatur war angestiegen, und das war bedenklich.

      Dr. Marlow wurde geholt. Sophia blieb in dem Schwesternzimmer sitzen und begann nun auch wieder zu lesen.

      Ich hatte gerade eine so glückliche Zeit mit Elmo gehabt. Wir waren beide jung, und er war so ein richtiger fröhlicher Junge, aber da mußte er wieder auftauchen, dieser Jason mit all seinem Geld, seinem unwiderstehlichen Charme, dem ich seit meinem siebzehnten Lebensjahr nicht widerstehen konnte, und ich ließ mich wieder von ihm mitreißen. Wir fuhren nach Italien. Elmo nahm es mir nicht übel, weil ich sagte, daß ich Verwandte besuchen wollte. Er war gutgläubig und ahnte nichts von meiner bewegten Vergangenheit. Er hätte wohl auch gar nicht begriffen, daß man mit einundzwanzig Jahren schon solche Vergangenheit haben könnte, denn er war der anständigste Mensch, der mir je begegnet ist.«

      Sophia atmete auf und war erleichtert, weil sie dies nun doch lesen konnte.

      Drinnen war Sven versorgt worden, hatte eine Infusion bekommen und Kompressen auf die Stirn.

      Schwester Käthe war gegangen, um den Medikamentewagen zu holen, da Elmo auch eine Injektion bekommen sollte.

      »Was macht die kleine Ohlsen eigentlich da drüben?« fragte Dr. Marlow.

      »Sie liest den Brief, und er macht ihr sehr zu schaffen. Er ist der Nachlaß ihrer Mutter, die kürzlich gestorben ist.« Ganz leise hatte Astrid gesagt: »Sie braucht seelischen Beistand.«

      »Da ist sie ja bei Ihnen an der richtigen Adresse«, meinte Dr. Marlow lächelnd.

      »Sie ist ein besonders liebes Mädchen. Sie sollten auch behutsam mit ihr umgehen.«

      Er sagte darauf nichts, sondern wandte sich dem Patienten zu.

      »Halten Sie mich für herzlos?« fragte er beiläufig.

      »Für sehr reserviert«, erwiderte sie ehrlich.

      »Das hat schon seine Gründe, aber es ist nett, wenn Sie sich um die Kleine kümmern.«

      Wenn man aus ihm doch nur klug werden könnte, dachte Astrid. Als Arzt bewunderte sie ihn, aber als Mensch war er undurchschaubar, wenn er auch niemals ungerecht oder launisch war.

      »Herr Ohlsen wird bald aufwachen«, sagte er. »Es wäre gut, wenn seine Tochter dann bei ihm wäre, falls sie sich von ihrer Lektüre trennen kann.«

      »Sie muß mit einem großen Problem fertig werden, anscheinend ist Dr. Ohlsen nicht ihr leiblicher Vater, aber das nur zu Ihnen. Sie wußte es bisher nicht.«

      »Das ist allerdings hart in dieser Situation.«

      Sophia hob den Kopf, faltete die Blätter zusammen und steckte sie in den Umschlag. Astrid konnte sehen, daß sie zur Verbindungs­tür ging, und gleich darauf trat sie ein.

      »Darf ich wieder bei ihm sein?« fragte sie leise.

      »Ihr Vater wird sicher bald erwachen, Sophia«, erwiderte er. Er sprach mit ihr wie mit einem Kind, und sie sah ihn an mit Augen, die rein und klar waren.

      »Danke, Doc«, sagte sie.

      »Wofür?« fragte

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