Leni Behrendt Classic 54 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Classic 54 – Liebesroman - Leni Behrendt Leni Behrendt Classic

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Luise wiederum behauptete, daß sie es nirgends so gut haben könnte wie bei ihrem Bruder, daß sie sich nirgends so wohl fühlen könnte wie in ihrem Vaterhaus. Daher wäre es ihr auch nicht schwergefallen, auf ein Eheglück zu verzichten. Außerdem könnte sie den Bruder nicht allein lassen, er wäre so unselbständig wie ein kleines Kind. Und da er keine Frau hätte, die ihn bemuttern könnte, wäre sie dann verurteilt, zeitlebens bei ihm auszuhalten.

      Daß der Besuch des Mädchens, das nur dann nach Traun zu kommen pflegte, wenn es ein Anliegen an den Vormund seines Bruders hatte, auch heute wieder einen schwerwiegenden Grund haben mußte, war wohl mit Bestimmtheit anzunehmen. Die Geschwister stellten jedoch keine Fragen, sondern warteten taktvoll, bis der junge Gast sein Anliegen vorbringen würde.

      »Hoffentlich ist Uhde sein jetziger Reichtum nicht in den Kopf gestiegen und er ist der prachtvolle Kerl geblieben, der er als Inspektor von Rotbuchen war«, meinte Korsel. »Aufgeblasene Herren können wir hier in unserer Ecke nicht gebrauchen. Man erzählt sich von seinem Reichtum ja wahre Wunderdinge. Ist es wirklich so schlimm damit?«

      »Das kann ich nicht beurteilen, Onkel Korsel«, kam die Antwort sehr zurückhaltend. »Er hat sein Haus kostbar und gediegen einrichten lassen – mehr weiß ich nicht.«

      »Soso – na ja –! Schade, daß Härtner verkaufen mußte. Er war zwar nicht ein Musterlandwirt, aber ein famoser und verträglicher Nachbar. Und was macht die Frau Mutter und unser feinstreifiger Heino?«

      »Die Mama fühlt sich seit Tagen wieder nicht recht wohl – und der Heino –«

      Iris legte den kleinen Kuchen, von dem sie gerade essen wollte, hastig wieder auf den Teller zurück und straffte ihre Gestalt, als wolle sie sich in einen Kampf begeben, vorher aber noch ihre Kräfte sammeln.

      »Heinos wegen bin ich hier«, bekannte sie leise und wagte es nicht, die Geschwister Korsel dabei anzusehen. »Er ist von seiner Lehrstelle fort – Herr Mollgeit hat ihn – beleidigt.«

      Korsel streifte mit einer Umständlichkeit die Asche von seiner Zigarre, als hinge wer weiß was davon ab.

      »Sieh einer einmal das feine Herrchen an«, meinte er dann in seiner ironischen Art, die nicht nur Iris, sondern auch Heino an ihm fürchtete. »Da ist das Jungchen sicherlich wieder einmal empfindlich gewesen wie eine alte Jungfer.«

      »Nein, diesmal ist meinem Bruder wirklich Unrecht geschehen«, widersprach Iris fest und bestimmt. »Man hat ihn eines ganz gemeinen Diebstahls beschuldigt, ohne vorher den Fall auch zu untersuchen.«

      »Nun, so schlimm wird es nicht gewesen sein, um darüber große Worte zu machen«, unterbrach Korsel sie mit dem gefürchteten Lächeln, das nur zu gut zeigte, wie wenig ernst er es nahm, was Heino und auch seine Schwester so tief beleidigte und empörte. »Herr Mollgeit ist ein vernünftiger Mensch, der gewiß keinem seiner Angestellten unrecht tut. Er wird erregt gewesen sein. Und in der Erregung ist bekanntlich bald etwas hingesagt, was gewiß nicht so böse gemeint war. Du müßtest einmal sehen, wie ich meine Bengels, meine Eleven, manchmal herunterputze! Wenn die gleich alles so tragisch nehmen wollten, dann könnte ich mich jeden Monat nach anderen Lehrlingen umsehen.«

      »Ich glaube aber nicht, daß du einen deiner Eleven des Diebstahls beschuldigst, bevor dieser noch nicht klar erwiesen ist«, entgegnete Iris zwar immer noch ruhig, doch schon mit einem drohenden Unterton. »Oder traust du etwa Heino eine ehrenrührige Handlung zu?«

      »Nein, ganz bestimmt nicht!« beschwichtigte er nun rasch. »Da hat der gute Mollgeit eben einmal vorbeigehauen. Aber zuerst erzähle einmal ausführlicher, Kindchen, wie sich das alles eigentlich zugetragen hat.«

      Iris kam seinem Wunsche nach und schilderte das Geschehnis mit kurzen, knappen Worten. Verschwieg auch nicht, daß sie mit Mollgeit bereits gesprochen hätte. Auch daß sie es Heino nicht verdenken könne, wenn er nicht mehr in Mollgeits Betrieb zurückkehren wolle, zumal er darauf bestehe, daß der Junge sich bei ihm für etwas entschuldigen müsse, was er gar nicht verbrochen hätte.

      »Hat das Geld sich denn schon gefunden?« fragte Korsel nun sachlich.

      »Frau Mollgeit hatte das Geld der Kasse entnommen, ohne Bescheid zu sagen.«

      »Das ist selbstverständlich eine Liederlichkeit, die nicht geduldet werden kann«, bestätigte er nun. »Darüber werde ich dem guten Mollgeit gehörig meine Meinung sagen. Im übrigen ist die ganze Sache nicht halb so wichtig, Marjellchen. Heino wird auf seine Lehrstelle zurückkehren, und damit basta!«

      »Das gestatte ich aber nicht«, sagte Iris nun in einem Ton, der ihn verblüfft aufhorchen ließ.

      »Soso – soso –«, meinte Korsel bedächtig, wobei er die Augen zusammenkniff und das junge Mädchen prüfend ansah. »Tja, wenn du den Jungen in Schutz nimmst, dann kann ich ja die Waffen strecken. Und was soll der Jüngling denn nun wieder beginnen?«

      »Er soll jetzt endlich die Landwirtschaft erlernen, wie es schon immer sein sehnlichster Wunsch ist«, entgegnete sie fest.

      Korsel lachte erheitert auf. »Aha, da will’s hinaus! Und wenn dem Jüngling auch der Beruf nicht passen, dann kommt er eines Tages mit dem Wunsch, Seiltänzer werden zu wollen, wie?«

      »Julius sollte –«, mahnte die Schwester leise.

      Da schwieg er und griff wieder nach der Zigarre, die er vorhin in die Aschenschale geworfen hatte.

      »Wie mir scheint, wird uns das Herrensöhnchen noch allerlei zu schaffen machen«, brummte er nach einigen Zügen ingrimmig. »Ich glaube, der Bursche will immer das Gegenteil von dem, was andere für richtig halten.«

      »Heino ist ganz gewiß nicht schwer zu lenken«, verteidigte Iris den Angegriffenen ruhig. »Er ist nur unzufrieden mit sich und seinem Geschick, weil er einem Beruf nachgehen soll, der ihm nicht liegt. Daher möchte ich dich bitten, Onkel Korsel, die Erlaubnis zu geben, daß er als Landwirtschaftslehrling auf ein Gut geht.«

      »Hat er dich etwa hergeschickt, um bei mir diese Erlaubnis zu erwirken?«

      »Weil Heino jetzt nicht in der Verfassung ist, deine Vorwürfe ruhig hinzunehmen«, gestand sie furchtlos ein.

      »Ach so, ich bin ja auch solch ein bissiger Wau-Wau, vor dem zarte Jungchen sich fürchten müssen!« polterte er nun los. »Und wenn ich nun wirklich meine Einwilligung gäbe, möchtest du mir dann nicht verraten, wo wir das Söhnchen unterbringen sollen? Hier in der Umgegend nimmt ihn keiner, weil jeder erfahrene Landwirt sich sagen muß, daß das zarte Jungchen sich zum Landwirt eignet wie ein Igel zur Zahnbürste.«

      »Ich würde meinem Bruder eine Lehrstelle besorgen«, erwiderte Iris mit einer Ruhe, die den Hünen immer mehr ergrimmte.

      »Aha – vielleicht bei Herrn Uhde – oder noch besser bei Herrn Arwed Almrudt, der ja jetzt unser Nachbar ist, seitdem er das Erbe seines Onkels angetreten hat. Der verflossene Herr Bräutigam würde dir sicherlich gern den Gefallen tun –«

      »Julius!« rief Fräulein Luise nun unwillig und sah erschrocken zu dem jungen Mädchen hin, das in beängstigender Weise erblaßt war. Langsam stand Iris auf, verabschiedete sich mit leisem Gruß von den Geschwistern und verließ das Zimmer.

      *

      »Das ist aber nett von Ihnen, Herr Uhde, daß Sie mich besuchen!« Mit diesen Worten begrüßte Frau Grall erfreut den Gutsherrn, der sich höflich über ihre Hand neigte. »Und das ist wohl das Töchterchen Graziella? Sei auch du mir

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