Pepi, lass mi eine ...!. Peter Elstner

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Pepi, lass mi eine ...! - Peter Elstner

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eure Zimmer-Küche-Wohnung übrig geblieben. Wir verarmten ganz, ganz rasch. Und den alten Gross hat dann der Schlag getroffen.« Omi musste mit einer kargen Rente auskommen, und Mama musste nebenbei nähen und schneidern gehen, um alle erhalten zu können.

      Die Miliks (Karoline und Franz) hatten zwei Kinder: Franz, meinen Onkel, und Karoline, meine Mama – sie heiratet Franz Müller (Postbeamter, Chef der Posttechnik in Mariahilf nahe der Stumpergasse) und wird dann geschieden, vor dem Krieg, als Müller die Tochter der reichen Pelzhändler Foggensteiner kennenlernt und dann auch heiratet. Dennoch hielt er immer Kontakt zu Mama, auch wenn diese inzwischen Friedrich Elstner geheiratet hatte.

      Die Elstner-Familie: Deutsche (Sachsen)/Tirol. Meine Großeltern väterlicherseits betrieben in der Tautenhayngasse im 15. Bezirk eine Näherei für Großfirmen (Kaufhaus Gerngross, Kaufhaus Stafa etc.)

      Fleischlaberln hamstern

      Bemerkenswerte Erlebnisse laufen noch immer ab, bildhaft wie ein Film: Papa und Mama streiten bei Papas Fronturlaub, wer ein Fleischlaberl bekommt.

      Als Papa zu einem der seltenen Fronturlaube kommt, will Mama ihren Mann ein bisschen verwöhnen, mit gutem Essen. Sie nimmt wieder einmal Schmuck aus besseren Tagen, und wir fahren aufs Land, in die Umgebung von Wien, mit der Straßenbahn und mit dem Zug, um zu »hamstern« – also Pretiosen gegen Schmalz, Butter, Eier, Gemüse und ein wenig Fleisch tauschen. Viele Bauern haben sich in dieser Zeit »g’sundg’stessn«, wie Oma immer wieder bemerkte.

      Bei uns gibt’s nach der Hamsterfahrt »Fleischlaberln« mit Erdäpfelpüree und grünem Salat – aber es gehen sich nur zwei Stück Faschiertes aus, und da erlebte ich Folgendes:

      Ein Fleischlaberl bekomm ich (»Du bist eh unterernährt.«), das andere legt Mama ihrem Mann auf den Teller (»Du kriegst an der Front eh nix Gutes!«).

      Er: »Und was isst du? Nein, das wirst du jetzt essen! Ich bekomm eh regelmäßig bei der Wehrmacht.« Fleischlaberl wandert auf Mamas Teller.

      Mama darauf: »Nein, du musst was essen!« Fleischlaberl wandert zurück.

      Papa: »Nein – du iss das jetzt!« Fleischlaberl retour.

      Mama: »Nein, du – i hab eh nach dem Kochen keinen Hunger mehr.« Fleischlaberl wandert wieder zu Papa.

      So geht das einige Male hin und her. Wer »gewonnen« hat, weiß ich nicht mehr, aber berührt hat mich diese Szene sehr. Noch heute »drückt’s mi«, wenn ich sie mir vor Augen halte.

      Mit Papa unter Bomben

      Papa und ich allein bei einem Bombenangriff mitten auf der Wiedner Hauptstraße.

      Bei seinem letzten Fronturlaub 1944/45 möchte Papa in die Innere Stadt. »Ich will nur sehen, was noch steht, nach all den Bombenangriffen. Ich nehm den Peter mit.«

      Mama wird leicht nervös: »Gut – du musst mir aber versprechen, dass du in einen Keller gehst, wenn Bombenalarm gegeben wir.«

      (Wenn man unterwegs war, musste man einem beim nächstbesten Keller Eintritt gewähren.)

      Also gehen wir von der Siebenbrunnenfeldgasse über die Wiedner Hauptstraße zum Stephansdom. Das war eine aufregende Geschichte, denn meinen Vater kannte ich kaum, ich lernte ihn eigentlich erst auf diesem »Spaziergang«, bei dem er mich knapp Vierjährigen auch auf den Schultern trug, näher kennen.

      Auf dem Rückweg, bei der Paulaner-Kirche, es ist gegen Mittag, plötzlich Sirenengeheul über ganz Wien. Bombenalarm! Bei mir zieht sich sofort alles zusammen. Angst. Mein Bauch rumort.

      Papa geht ganz ruhig auf ein Haustor vis à vis der Paulaner-Kirche zu. Wir steigen aber nicht, wie vorgeschrieben, hinab in den Keller, sondern Papa bleibt in der Einfahrt stehen. »Papa!«, ich zupf an seinem Trachten-Sakko, »die Mama hat gesagt, wir müssen in einen Keller, wenn es Bombenalarm gibt.«

      »Das ist mir zu gefährlich«, sagt Papa. »Schau, ich kenn mich da durch den Krieg und nach allem, was ich an der Front in Frankreich und in Russland erlebt habe, ganz gut aus. Ich werd’s dir erklären. Jetzt sind wir einmal ganz still und konzentrieren uns auf das, was wir hören können.«

      Ich spüre noch heute die innere Spannung und die bange, unglaubliche Neugier in mir, wenn ich mich an die folgenden Minuten erinnere – erstens tun wir etwas von Mutti Verbotenes, zweitens etwas mir gänzlich Unbekanntes, ein Abenteuer, dessen Gefährlichkeit ich ganz unbestimmt ahne.

      Minutenlang bleiben wir still im Haustor stehen, die Wiedner Hauptstraße ist eine einzige Leere, niemand auf der Straße, es ist unheimlich, welche Spannung in der Luft liegt …

      Dann hört man leises Motorengeräusch am Himmel, wie von einer Nähmaschine klingt es.

      Papa: »Hörst du das!?« – »Das sind kleine amerikanische Flugzeuge, die die Lage erkunden. Wenn sie feststellen, dass keine feindlichen Flieger über Wien sind, melden sie das weiter – und dann geht’s los.«

      Papa: »Wart ein bisschen, dann wirst du das nächste Geräusch hören.« Und wirklich – wie ein Schwarm kräftiger, überlauter Bienen der nächste Motorenwirbel größerer Flugzeuge.

      »Hörst’ es, wie schnell die näher kommen!«, so Papa, »das sind Jäger, wendige kleine Flugzeuge, die auch Luftkämpfe austragen, wenn der Gegner – also wir – zur Sicherheit Jagdflugzeuge ausschickt. Die attackieren dann auch die dritte Welle der Amerikaner, die Wien angreift – die Bomber …« Und da höre ich schon das dicke Brummen der schweren Bomber, voll beladen mit den Bomben, von denen gar zu viele auf Wien fallen sollten.

      »Papa?«, frag ich, »sind die weit weg?«, weil das Bomber-Geräusch immer leiser wird.

      »Ja, richtig«, sagt Papa, »ich nehme an, dass sie im Moment keine Bomben auf die Stadt werfen wollen – von der eingeschlagenen Richtung her fliegen sie nach Aspern. Da gibt es einen Militärflughafen, und den will man mit Sicherheit so treffen, dass er nicht mehr funktionsfähig ist. Bei uns wird nichts mehr sein – gehen wir nach Hause.

      Herrlich – ich darf den restlichen Weg wieder auf seine Schultern, weil ich schon rechtschaffen müde bin.

      Daheim gibt’s noch einen Disput, weil ich natürlich schon bei den ersten Schritten in die Wohnung brühwarm erzähle, was ich im Hauseingang auf der Wiedner Hauptstraße erlebt habe. Aber Papa erklärt dann auch Mama, was los war, und dass er uns nicht gefährdet hatte.

      Im Keller

      Ich erinnere mich auch, wie es im Keller zuging, wenn die Bomber kamen.

      Einmal, als alle Hausparteien voll Angst in den Augen im Keller sitzen, auf mitgebrachten Klappstühlen, Stockerln, an die Ziegelmauer gelehnt, wartend und betend, dass dieser Bombenangriff nicht uns treffen sollte, beben die Kellermauern plötzlich doch, ein gigantisches Krachen lässt den letzten Verputz von den Wänden rieseln – die bange Frage in aller Mienen: Bricht das Gebäude über uns zusammen? Fällt noch eine Bombe direkt auf unser Haus? Direkt auf uns?

      Ein Malermeister, ein älterer, immer freundlicher Herr, lehnt über mir und meiner Mutter, die wir auch auf einem alten Stuhl an der Kellerwand sitzen, schirmt uns faktisch mit seinem Körper von herabfallenden Mauerteilen ab.

      Er

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