Butler Parker 124 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Lady Agatha Simpson fühlte sich belästigt.
Die majestätisch aussehende, schon ein wenig angejahrte Dame, die ihr Alter seit Jahren konstant mit sechzig bezifferte, saß auf der Terrasse eines kleinen Strandcafés und wollte sich gerade intensiv mit einem Stück Torte befassen. Die drei jungen Rowdies aber hinderten sie daran.
Sie standen hinter Lady Agatha und führten ein wenig anzügliche Reden. Sie ließen sich über das vermutliche Körpergewicht der Dame aus, diskutierten über ihren Hut, der ein wenig an den Südwester eines Fischers erinnerte, und kamen zu dem kühnen Schluß, die resolute Frau sei mit einer Schreckschraube durchaus zu vergleichen.
Lady Agatha ließ sich nicht leicht aus der Ruhe bringen, wie sie stets behauptete. In Wirklichkeit verfügte sie über ein rassiges Temperament und wartete stets auf ihre Stunde, die immer wieder kam ...
Sie saß allein am Tisch, obwohl zwei Stücke Sahnetorte serviert worden waren. Ihre Gesellschafterin Kathy Porter hatte sich vor wenigen Minuten entschuldigt, um einige Ansichtskarten zu kaufen. Agatha Simpson geriet wegen der drei Flegel keineswegs in Panik, schaute allerdings indigniert hoch, als einer der jungen Männer ohne jede Erlaubnis nach ihrem Tortenstück griff, um es sich in den Mund zu schieben.
Fremde Hilfe war in dieser Ecke der weiten Terrasse nicht zu sehen. Lady Simpsons Tisch stand verborgen hinter großen Topfpalmen und dicht gefüllten Blumentöpfen. Sie war vom eigentlichen Café aus nicht zu sehen. Das nutzten die drei Rowdies aus, die über die Begrenzungsmauer gekommen waren.
Leicht angetrunken suchten sie Streit, wollten sich zumindest einmal wirklich überlegen und stark fühlen, Widerstand war von dieser Dame nicht zu erwarten, meinten sie.
Lady Simpson reagierte auf den Mundraub beherrscht und souverän. Ihre rechte Hand griff nach dem perlenbestickten Pompadour, der vor ihr auf dem kleinen runden Tisch lag. Bruchteile von Sekunden später schwang dieser Pompadour über Agatha Simpsons Schulter hinweg und landete auf dem Handrücken des völlig überraschten Tortenräubers. Da der perlenbestickte Handbeutel an starken Schnüren hing, hatte er viel Energie mitbekommen, die er an den Handrücken weitergab.
In der Hand des Flegels aber befand sich nun das bereits erwähnte Tortenstück. Die Katastrophe war also unvermeidlich. Die Sahne legte sich wie eine Schönheitsmaske auf das Gesicht des jungen Mannes und wurde teilweise auch in die Mundhöhle getrieben.
Ein mittelschwerer Erstickungsanfall war das erste Resultat. Dann jaulte der Flegel auf und fühlte sich für einige Augenblicke blind. Die Sahne verklebte ihm nämlich auch die Augen. Der Rowdy fuchtelte mit den Händen verzweifelt in der Luft herum und fühlte sich gedemütigt.
Die beiden anderen Flegel brüllten vor Schadenfreude und lachten. Mit dieser Reaktion hatten sie gewiß nicht gerechnet. Sie fanden sie neckisch. Dann aber besannen sie sich auf ihre ursprüngliche Absicht und warfen sich auf die ältere Dame. Sie wollten ihr mal kurz zeigen, wer hier das Sagen hatte.
Doch Lady Simpson machte es ihnen deutlich klar. Sie hatte sich bei der Bedienung für Kaffee entschieden, in Anbetracht der Situation verzichtete sie aber auf ihn. Er wurde nun für andere Dinge gebraucht.
Dem zweiten Rowdy goß sie den Inhalt der Kaffeetasse kurzerhand ins Gesicht. Während der junge Mann aufheulte, ergriff Agatha Simpson das Tortenstück, das für Kathy Porter gedacht war. Sie drückte es samt dem Teller ins Gesicht des dritten Rowdy.
Der Mann glaubte zu ersticken, ruderte ebenfalls mit den Armen in der Luft und bekam nicht mit, daß die Aktivitäten seiner Gegnerin noch lange nicht erschöpft waren. Lady Simpson ergriff einen der Blumentöpfe und benutzte ihn als eine Art Dampframme. Sie setzte den nicht gerade kleinen Topf auf die Köpfe der drei Flegel, die dieser Beanspruchung nicht gewachsen waren. Sie gingen nacheinander in die Knie und ließen sich auf dem weißschwarzen Kies nieder.
Agatha Simpson nahm wieder Platz. Sie kümmerte sich nicht weiter um die Nichtsnutze, die diese Burschen in ihren Augen waren. Sie nickte der zurückkehrenden Kathy Porter freundlich zu.
»Mylady«, sagte Kathy überrascht und deutete auf die drei Tiefschläfer. »Sind Sie belästigt worden?«
»Wir wollen doch nicht übertreiben, Kindchen«, meinte die selbstbewußte Dame gelassen. »Sie wollten ihren Spaß haben und bekamen ihn. Reden wir nicht mehr darüber. Bestellen Sie zwei neue Stückchen Sahnetorte, Kathy. Vielleicht auch drei. Die körperliche Bewegung scheint meinen Appetit geweckt zu haben.«
*
Josuah Parker durchfuhr so etwas wie ein elektrischer Schlag. Er blieb selbstverständlich beherrscht und verlor nicht für eine Sekunde die Selbstbeherrschung. Sein glattes Gesicht zeigte keine Regung.
Er saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und näherte sich dem Strandcafé, um Lady Simpson und Kathy Porter abzuholen. Vor dem Café aber hatte er gerade einen Krankenwagen entdeckt, der von neugierigen Passanten umringt wurde. Parker entdeckte auch einen Streifenwagen der Polizei und ahnte, daß im Bannkreis seiner Herrin etwas geschehen sein mußte.
Josuah Parker arbeitete nun schon seit geraumer Zeit als Butler für die skurrile, immens reiche Dame. Sie war für jede Überraschung gut. Lady Simpson ging mit sehr viel Freude ihrem Hobby nach, Kriminalfälle aufzuklären, an denen die zuständigen Behörden sich die Zähne ausbissen. Darüber hinaus plante die aktive Dame, so schnell wie möglich einen Kriminal-Bestseller zu schreiben. Es war ihr Ehrgeiz, eine gewisse Agatha Christie nach allen Regeln der Kunst in den Schatten zu stellen.
Bisher hatte die Lady sich allerdings noch nicht für einen bestimmten Stoff entschieden. Sie suchte weiter nach ihm und geriet dabei von einem Kriminalfall in den anderen. Sie nahm jede noch so geringe Herausforderung an und hatte dementsprechend ihre Schwierigkeiten.
Als Parker den Krankenwagen und das Polizeifahrzeug sah, sorgte er sich verständlicherweise um seine Herrin. Hatte sie es wieder mal geschafft, in ein Fettnäpfchen zu treten? War sie diesmal an die falschen Leute geraten? Sollte sie jetzt in ein Hospital geschafft werden?
Josuah Parker hielt seinen Privatwagen an. Es handelte sich um ein ehemaliges Londoner Taxi, das nach seinen Wünschen und Vorstellungen aufgewertet worden war. Nach außen hin war es ein Taxi geblieben, doch unter der eckigen Karosserie war dieser Wagen ein wahres Wunderwerk der Technik geworden. Es handelte sich im Grund um eine fahrbare Trickkiste, vor der selbst routinierte Gangster immer wieder zurückschreckten.
Der Butler nahm den Umweg durch das Café, erreichte die Terrasse und atmete erleichtert auf. Agatha Simpson saß vor dem kleinen Tisch und befaßte sich gerade mit einem Stück Sahnetorte. Kathy Porter war ebenfalls nichts geschehen. Sie unterhielt sich mit einem uniformierten Sergeant.
»Mylady hatten Ungemach?« erkundigte sich Parker, während er seine schwarze Melone lüftete.
»Wieso ich?« gab die ältere Dame heiter zurück. »Fragen Sie lieber diese Flegel!«
»Mylady wurden belästigt?«
»Kaum«, lautete ihre Antwort. »Die Kerle wurden aufdringlich, und jetzt freuen sie sich auf ärztliche Behandlung.«
Nein, sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie schob sich das letzte Stück Torte in den Mund und sah desinteressiert auf die Krankenträger, die die drei jungen Rowdies gerade transportfähig machten.
Völlig verstört musterten die ihre Gegnerin mit größter Scheu. Sie wirkten nicht mehr angetrunken. Lady Agathas Therapie hatte sie vollkommen ernüchtert.
»Darf ich mich erkühnen, eine weitere Frage