Mami 1980 – Familienroman. Karina Kaiser
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»Sehe ich dich wieder?« fragte er, nachdem sie noch ein Stück spazierengegangen waren, und er sie zum Abschied innig geküßt hatte.
»Ich reise morgen schon wieder ab. Aber wenn du willst, könnten wir gemeinsam Urlaub machen, bei uns an der Ostsee. Ich kenne da eine kleine, preisgünstige Pension…«
»Das ist ja prima!« rief er erfreut. »Ich rufe dich an, wann ich Urlaub nehmen kann. Hoffentlich klappt es dann auch bei dir. Ich kann mir denken, daß du während der Saison vielleicht schlecht frei bekommst.«
»Ich kriege das schon hin, sei unbesorgt.« Zärtlich streichelte sie seine Wange, und dann stiegen sie in das Taxi, das er vor einer Viertelstunde per Handy bestellt hatte.
»Wo wohnen deine Bekannten?« fragte er während der Fahrt.
»Keplerstraße 11.«
Norman wandte sich an den Taxifahrer. »Bitte fahren Sie zuerst dorthin und später nach Friedrichshain, Rosenweg 27.«
Der Mann nickte und fuhr los. Bald war er in der Keplerstraße angekommen.
Jona küßte Norman auf die Wange. »Vielen Dank für den schönen Abend. Schlaf gut. Ich werde dich morgen anrufen.«
»Versprochen?«
»Ja, versprochen.« Sie stieg aus dem Auto und ging auf eines der alten Häuser zu, die in dieser Straße standen.
Norman ließ sich weiterfahren. Er schloß die Augen und dachte beinahe ungläubig, daß es doch so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gab. Nur er hatte daran bisher nicht geglaubt.
*
Jona Horn wartete ab, bis das Taxi nicht mehr zu sehen war. Dann verließ sie den Hauseingang, in den sie sich gestellt hatte, und ging gemächlich die wenigen Meter bis zum Hotel.
Sie war zufrieden mit diesem Abend – sehr zufrieden. Und sie war sich fast sicher, endlich den richtigen Mann gefunden zu haben. Ob er es tatsächlich war, würde sich noch herausstellen. Auf alle Fälle würde sie ihn morgen anrufen.
Doch Norman Markgraf kam ihr zuvor. Schon nach dem Frühstück rief er auf ihrem Handy an und fragte, ob er sie eventuell zum Bahnhof bringen sollte.
»Ich fahre nicht mit dem Zug«, erwiderte sie hastig. »Mein Onkel – hat in Warnemünde zu tun – der nimmt mich mit.«
»Schade. Ich hätte dich heute so gern noch gesehen.«
»Es geht nicht. Onkel – Heinz – hat es eilig. Er hat schon meinen Koffer zum Auto gebracht.«
Norman fiel nicht auf, daß sie eine Ausrede nach der anderen ersann. Er kam gar nicht darauf, daß sie ihn heute nicht sehen wollte, er war nur enttäuscht.
»Aber du meldest dich, wenn du angekommen bist?«
»Ja, ich melde mich«, antwortete sie. »Doch jetzt muß ich Schluß machen. Mein Onkel zeigt schon auf die Uhr. Auf Wiedersehen, Norman.«
»Auf Wiedersehen, Jona.« Er wollte noch etwas hinzufügen, doch da hatte sie das Gespräch schon beendet.
Da kann man nichts machen, dachte er und begann danach, für den Kamin seiner Eltern Holz zu hacken.
Am Montag teilte er ihr mit, daß er mit dem Stationsarzt gesprochen habe und in drei Wochen Urlaub bekommen würde.
»Das ist aber schön«, freute sie sich. »Ich bin mir sicher, daß ich auch Urlaub bekommen werde. Soll ich nun in der Pension ein Zimmer für uns buchen?«
»Natürlich. Du kennst dich in diesen Dingen am besten aus.«
Und wie, dachte sie. Laut sagte sie jedoch: »Ich melde mich bald wieder und sage dir dann den Anreisetag.«
»Gut«, erwiderte er. »Ich hoffe, du meldest dich auch sonst. Wenn ich nicht gerade Nachtdienst habe, bin ich abends immer zu Hause.«
»Natürlich rufe ich dich an«, versprach sie ihm.
»Wenn nur diese drei Wochen recht schnell vergehen würden«, sagte Norman noch sehnsüchtig und dachte an den gemeinsamen Abend.
»Werden sie schon«, Jona lachte leise und legte dann auf.
Norman empfand das nicht so. Er war verliebt, wie schon lange nicht mehr, und konnte die Zeit kaum abwarten. Aber endlich war es dann doch soweit. Erwartungsvoll wie ein Kind vor dem Weihnachtsfest reiste Norman an die See, zu einem kleinen, verschwiegenen Ort am Jasmunder Bodden.
Jona war schon vor ihm da. Sie führte ihn in die bescheidene Unterkunft, die Norman jedoch kaum registrierte. Ihn interessierte nur Jona. Er war davon überzeugt, daß eine wunderschöne Zeit vor ihnen lag.
Er hatte sich nicht getäuscht. Das Wetter war herrlich, und die See entsprechend ruhig. Sie verbrachten viel Zeit am Strand, badeten und unterhielten sich sozusagen über Gott und die Welt. Doch der unausweichliche Abschied rückte immer näher. Norman war felsenfest davon überzeugt, daß es nur eine vorübergehende Trennung geben würde.
*
Die Vögel zwitscherten in den Bäumen vor dem Haus und kündeten den neuen Tag an, als Jona Horn ihr Bett sehr vorsichtig verließ. Bemüht, auch nicht das geringste Geräusch zu verursachen, tapste sie zur Sanitärzelle, denn anders konnte man das für die Hygiene gedachte »Mauseloch« in dieser billigen Pension nicht nennen. Sozusagen im Schnellverfahren war sie mit ihrer Morgentoilette fertig und schlüpfte nun in ihre Kleidung. Dabei betrachtete sie den tief schlafenden Mann mit einem Anflug von Traurigkeit. Er war so nett, so klug und so attraktiv – genau das, was sie brauchte – und doch, sie konnte ihm nicht vertrauen. Sie konnte keinem Mann mehr glauben. Die wollen doch alle nur, genauso wie ihr Ex-Mann, das Beste, was sie hatte – ihr Geld. Zu oft hatte sie durch ihn und durch andere Männer erfahren, daß von der angeblich so großen Liebe nicht die geringste Spur vorhanden war. Selbstkritisch hatte sie sich dann ihr Spiegelbild angesehen und seufzend festgestellt, daß das Geld tatsächlich das Beste an ihr war. Anscheinend umgab es sie wie ein goldener Schein und verbarg so ihre schmächtige Figur, ihr blasses Gesicht und ihr glanzloses aschblondes Haar.
Was Norman Markgraf an ihr begehrenswert fand, wußte sie nicht und wollte es auch nicht wissen. Vielleicht war er tatsächlich ein bißchen verliebt in sie, vielleicht hatte er auch nur Mitleid mit der scheinbar so armen kleinen Frau.
Nun, wie dem auch sei. Sie hatte das, was sie brauchte.
Sie hatte sich unterdessen fix und fertig angezogen und legte jetzt vorsichtig einen Brief auf den Tisch. Dann nahm sie ihren bereits gepackten Koffer, klemmte sich ihre Waschtasche noch unter den Arm und verließ auf Zehenspitzen das Zimmer, und dann auf schnellstem Wege die Pension. Sie konnte es ungehindert tun, denn auch die Unterbringungskosten hatte sie gestern schon bezahlt. Natürlich ging sie jetzt nicht zur Bushaltestelle, wie ihr immer noch schlafender Freund sicher vermutet hätte, sondern eilte zu einem Bauernhof ganz in der Nähe.
Dort herrschte schon längst geschäftiges Treiben, denn die zahlreichen Vierbeiner – Kühe, Schweine, Pferde, Ziegen, Hund und Katze – mußten versorgt werden.
Und doch hatte die Bäuerin noch genug Zeit, um eine