Mami 1980 – Familienroman. Karina Kaiser
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»Es geht mir sehr gut, Papa«, antwortete Jolanthe mit vergnügt funkelnden Augen. Sich die weiteren Worte genau überlegend, fügte sie noch hinzu: »Natürlich ist ein Tag nicht wie der andere, aber doch den – Umständen – entsprechend normal.«
»Den – Umständen – entsprechend?« wiederholte Martin Horndorf verständnislos. »Wie soll ich denn das nun wieder verstehen?«
Jolanthe sagte nun lachend: »Genauso, wie ich es gesagt habe, oder in drei Worten: Du wirst Großvater.«
Dem versierten Hotelier entgleisten sekundenlang die Gesichtszüge.
»Du bekommst – ein Kind?« stotterte er, doch dann ging ein Strahlen über sein Gesicht. »Bist du dir da auch ganz – sicher?«
»Ganz sicher, Papa. Sonst würde ich es nicht sagen.«
»Und der Vater dieses kleinen Wurms? Willst du ihn heiraten?«
Jolanthe winkte lässig ab. »Wo denkst du hin? Die Ehe mit Henryk hat mir vollkommen gereicht. Heiraten ist kein Thema. Mir geht es nur um das Kind, und ich hoffe, dir auch.«
Horndorf begriff nun. Wie seine Tochter zu ihrer Schwangerschaft gekommen war, interessierte ihn wenig, zumal er genau wußte, daß sie darüber nicht sprechen würde. Wichtig war nur, daß endlich ein Erbe in Sicht war.
Er erhob sich, wie um Jahre verjüngt, setzte sich zu seiner Tochter auf die Couch und umarmte sie liebevoll. »Ich freue mich über deinen Zustand und werde es wohl kaum abwarten können, bis das Baby da ist. Da wirst du viel Geduld mit mir haben müssen. Doch jetzt gestattest du sicher, daß ich mir einen Malteser einschenke.«
»Aber natürlich, Papachen. Bringe mir doch bitte ein Glas Apfelsaft mit.«
»Etwas anderes hättest du auch nicht bekommen.« Der werdende Großvater eilte elastischen Schrittes in die Küche und kam kurz darauf mit den Getränken wieder. Und am Ende dieses langen Abends ging Jolanthe sehr zufrieden zu Bett, während ihr Vater leicht beschwipst sang: »Hoch soll sie leben, dreimal hoch.«
*
Monate waren vergangen, als Norman Markgraf von einem älteren Kollegen das Angebot bekam, seine Praxis in Bernhagen an der Ostsee zu übernehmen, natürlich zu günstigen Bedingungen.
Das ist ja beinahe wie ein Sechser im Lotto, dachte der fünfunddreißigjährige Kinderarzt und sagte nach drei fast schlaflosen Nächten zu. Das war genau das, was er schon immer gewollt hatte. Seine finanziellen Mittel und die seiner Eltern reichten selbstverständlich nicht aus, doch die Bank fand, daß er kreditwürdig war und gewährte ihm ein Darlehen. Schon bald siedelte er an die Küste über und fühlte sich in dem mehr und mehr mondänen Badeort bald pudelwohl.
Er war immer noch ledig, denn die Arbeit hatte ihm bisher noch keine Zeit für eine festere Beziehung gelassen. Und außerdem gab es da noch immer die Erinnerung an zwei Wochen mit Jona. Er dachte noch manchmal an sie, aber sie sicherlich nicht mehr an ihn. Davon war er überzeugt.
Er irrte sich. Wie konnte Jolanthe ihn vergessen? Das war doch gar nicht möglich, wenn man ein Baby im Arm hielt, das aber so gar nicht seiner Mama ähnelte.
»Er ähnelt dir gar nicht«, meinte Opa Martin und kitzelte seinen langersehnten Enkelsohn so lange unter dem Kinn, bis dieser ein wenig lächelte. »Sieht sein Vater so aus?«
Jolanthe strich Klein Tom über die rosigen Wangen. »Ganz abgesehen davon, daß er ein paar Jahre älter ist, hast du vollkommen recht. Tom scheint das Ebenbild seines Vaters zu werden. Aber das macht nichts, Hauptsache ist doch, daß er gesund ist.«
»Hm«, machte der Opa und betrachtete das drei Wochen alte Kind beseligt. Er nahm es in die Arme und sagte bedächtig zu ihm: »Du wirst sicher ein hübscher junger Mann. Das weiß ich jetzt schon. Deine Mutti hat dir unter Garantie einen attraktiven und schlauen Papi ausgesucht…«
»Ja«, ergänzte Jolanthe mit gutmütigem Spott, gutaussehend, Akademiker und voller Ideale. Ich glaube, kein berechnender Windhund wie mein Verflossener.«
Ihr Vater, ein begeisterter Pferdefreund, nickte und sagte dann, was er dachte. »Du wirst es schon richtig gemacht haben. So einen Fehler wie mit Henryk machst du nur einmal. Bei der Auswahl des Kindesvaters wirst du dir einen guten Zuchthengst ausgesucht haben…«
»Papa!« unterbrach ihn Jolanthe entrüstet, mußte dann aber doch lachen. Ihr Vater hatte nun mal seine Eigenheiten. Die würde und wollte sie ihm nicht mehr abgewöhnen.
Klein Thomas interessierte sich für den Opa noch nicht so sehr. Die mütterliche Nahrungsquelle war ihm viel wichtiger. Er begann zu quengeln und war erst zufrieden, als er mit trockenen Windeln schmatzend an der Brust seiner Mutter lag.
Martin Horndorf registrierte dieses Bild sehr zufrieden.
»Das Kind steht dir gut«, bemerkte er jetzt. »Du bist nicht mehr so mager wie früher und hast mehr Farbe im Gesicht, siehst richtig hübsch aus.«
»Das macht sicher auch die neue Frisur, Papa.«
»Ja, die vielleicht auch«, bestätigte er. »Locken kann ja nun nicht jede Frau tragen, aber zu dir passen sie.«
»Es freut mich, daß du mit uns zufrieden bist.« Jolanthe lächelte nachsichtig. »Doch jetzt müssen wir überlegen, wann wir Thomas taufen lassen wollen. Ein bißchen graut mir schon vor diesem Tag. Alle die lieben Verwandten werden doch fragen, wer und wo der Vater meines Kindes ist.«
»Sollen sie doch. Uns beiden wird schon eine passende Antwort einfallen. Schlimmstenfalls können wir sagen, er hat dich verlassen. Dann bedauern dich alle tüchtig.«
O ja, man fragte, aber man bedauerte die junge Mutter nicht, denn man sah, wie glücklich sie war. Und man wußte schließlich auch sehr genau, daß ihr kleiner Junge wie ein Prinz aufwachsen würde, behütet und geliebt.
Ein halbes Jahr widmete sich Jolanthe fast nur ihrem Sohn, dann stellte sie ein Kindermädchen ein. An den Vater ihres munteren Jungen dachte sie nur sehr selten. Die Pflege des Kindes und ihre Arbeit ließen ihr kaum Zeit für romantische Träume. Nur manchmal wünschte sie sich, so wie andere Muttis auch, den Vater ihres Kindes an ihrer Seite zu haben.
*
»Na, junger Mann, nun essen Sie mal ordentlich«, empfahl Grete Schuster ihrem Untermieter wohlwollend. »So ne Dokters, wie Sie einer sind, die hetzen doch nur von einem Patienten zum andern. So können Sie nichts auf die Rippen kriegen.«
Norman Markgraf betrachtete den Teller mit Bratkartoffeln und Spiegeleiern wie eine Offenbarung. Frau Schuster behandelte ihn wie eine Mutter, ein wenig despotisch zwar, aber mit viel Verständnis für die Erhaltung seiner respektablen Körpergröße.
»Sie müssen Ihre Länge erhalten, Herr Doktor«, sagte sie oft. »Sie schrumpfen sonst zusammen wie ein Bratappel.«
Nun, wie diese matschige Frucht mochte Norman nicht aussehen, deshalb verzehrte er das reichliche Abendessen, das seine Wirtin ihm zubereitet hatte, und erfreute sie anschließend mit ein paar lustigen Anekdoten aus seiner Studienzeit. Er wußte, die gute Frau hörte Arztgeschichten besonders gern.
Eigentlich hatte er sich schon längst eine