Familie Dr. Norden 731 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Nun wurde Fees Miene besorgt. »Wird es hier besser?«
»Ich denke, daß ich eine gute Therapie gefunden habe. In den Ferien soll sie ein paar Wochen auf der Insel verbringen. Ihre Eltern tun wirklich alles für das Kind. Sie ist ein liebes Mädchen, und ich kann verstehen, daß Felix gut mit ihr auskommt. Er hat nun mal einen Beschützerinstinkt. Er ist anders als Danny.«
»Du wirst doch nicht sagen wollen, daß Danny oberflächlich ist?« sagte Fee leicht gereizt.
»Das ist er ganz bestimmt nicht. Er wird ein guter Arzt werden, davon bin ich überzeugt, aber mit Kranken wird er sich erst befassen, wenn er in seinen Beruf einsteigt. Privat wird er uns einmal eine kluge und selbstbewußte Frau präsentieren, die auch äußere Vorzüge zu bieten hat.«
Fee sagte lieber nichts mehr, weil Daniel damit wohl recht hatte. Aber eine innere Stimme sagte ihr, daß Danny vielleicht doch mal die Liebe seines Lebens finden würde, die ihn sein Ego vergessen ließ. Er war nun mal unter einem besonderen Stern geboren, der ihm alles bescherte, Intelligenz, eine sehr große Anziehungskraft und eine Attraktivität, die auch sein Vater besaß. Fee hatte nicht vergessen, wie die Frauen hinter Daniel her waren, und wie eifersüchtig sie manchmal gewesen war, weil einige nicht locker ließen und sich immer wieder in Erinnerung brachten. Bei Danny würde es nicht anders sein, wenn er sich mal für eine Frau entschieden hatte. Sie wußte es. Sie war seine Mutter. Eine gute Mutter wünschte für ihre Kinder nur das Allerbeste, und sie war eine gute Mutter.
War sie das wirklich? Plötzlich kamen ihr Zweifel, weil sie ihre Welt vollkommen sehen wollte. Wenn nun ihre Kinder ihre eigenen Vorstellungen verwirklichen wollten, wäre ihr das wirklich recht? Hatte sie es nicht schon gekränkt, daß Danny ihr nichts von Bianca erzählt hatte? Sie wollte doch so gern wissen, wie sie war, woher sie kam, wer ihre Eltern waren. Gab es da vielleicht etwas, worüber Danny nicht sprechen wollte? Fragen über Fragen waren da plötzlich, und sie suchte nach Antworten. Würde Danny das nicht spießig finden?
»Was beschäftigt dich denn so sehr, Feelein?« fragte Daniel. Sie hatte gemeint, er sei eingeschlafen, aber anscheinend hatte er sie beobachtet.
»Findest du es falsch, und hältst du mich für spießig, weil ich gern wissen möchte, wie Biancas Eltern sind?«
»Unsinn. Ich würde es auch gern wissen, aber vorerst ist doch nur wichtig, wie sehr Danny sie mag und ob sie zu ihm paßt. Es wird doch wohl so sein, daß ihre Eltern sich auch Gedanken über unseren Sohn machen. Man möchte schließlich wissen, welch Geistes Kind das Mädchen ist, in das Danny anscheinend verliebt ist. Er wird sie jetzt wohl treffen und möglicherweise mit ihr auch über uns reden und über ihre Eltern.«
»Mich beruhigt, daß du auch so denkst, mein Schatz«, sagte Fee aufatmend.
*
Bianca hatte im Tennisclub auf Danny gewartet. Er kam bestens gelaunt, aber sie begrüßte ihn mit einem gequälten Lächeln.
»Verzeih bitte, daß ich zu spät komme, Bibi«, sagte er hastig. »Bitte, sei nicht böse.«
»Ich bin nicht böse, ich habe nur wenig Zeit. Meine Eltern kommen nämlich heute. Ich muß sie vom Flughafen abholen und zum Hotel bringen, das erwarten sie.«
»Das geht selbstverständlich vor«, meinte er.
»So selbstverständlich finde ich das nicht. Ich sollte etwas mehr von ihnen erzählen. Es ist wohl an der Zeit.«
»Du könntest uns doch bekannt machen. Ich wollte dich auch bitten, mit zu uns zu kommen. Meine Eltern möchten dich gern kennenlernen.«
»Ist es dir wichtig?«
»Selbstverständlich. Bei uns geht es ganz locker zu. Ich habe sehr liebe und verständnisvolle Eltern, und meine Geschwister sind neugierig auf dich.«
»Ich habe keine Geschwister und kann mir gar nicht vorstellen, wie das Leben in einer Großfamilie ist. Wollten deine Eltern so viele Kinder?«
Er merkte an ihrem Tonfall, daß ihr das nicht geheuer und sie wohl auch ablehnend war. Plötzlich begann er sich Gedanken zu machen.
»Wie stellst du dir eine Familie vor? Willst du keine Kinder haben?« fragte er stockend.
Sie sah ihn nicht an. »Ich mache mir darüber noch keine Gedanken. Jetzt ist mir erst einmal meine berufliche Karriere wichtig, genauso, wie dir deine.«
»Meine Mutter ist auch Ärztin, aber jetzt ist ihr die Familie wichtiger«, sagte er trotzig, denn keinesfalls wollte er die Kinderzahl kritisiert wissen, auch nicht von Bianca.
»Haben deine Eltern geheiratet, bevor sie mit dem Studium fertig waren?« fragte sie.
»Nein, aber sie kannten sich schon lange, weil unsere Großväter Freunde waren. Der Vater von Paps war allerdings schon tot, als wir geboren wurden. Mamis Vater ist auch Arzt und leitet das Sanatorium Insel der Hoffnung.«
Er hoffte, daß sie nun auch über ihre Eltern reden würde, aber sie sagte jetzt hastig, daß es Zeit für sie wäre, zum Flughafen zu fahren.
»Ich werde dich mit meinen Eltern bekannt machen, dann kannst du dir selbst ein Urteil über sie bilden. Aber nenn mich dann bitte nicht Bibi, sie mögen keine Kosenamen. Und laß dich nicht einschüchtern, sie wirken manchmal arrogant.«
Ihm klang das schon wie eine Warnung, und er hatte das Gefühl, daß Bianca ein Kennenlernen lieber vermeiden wollte.
Danny war es bisher egal gewesen, wer und was Biancas Eltern waren. Er war von ihr fasziniert. Er bewunderte sie, wie er bisher nur Fee bewundert hatte. Sie hatte alles, was ihm gefiel, war schön, klug und selbstbewußt und keine Klette, die sich auf Schritt und Tritt an ihn hängte, wie zuvor Sandra und Janine. Manchmal dachte er schon, daß Bianca ihn auch nur als netten Bekannten betrachtete, heute hatte sie es ausgesprochen, daß ihre Karriere ihr wichtiger war.
Sollte er beleidigt sein? Hatte sie nicht recht, daß ihm seine Karriere auch wichtiger war? Aber er wollte sie auch nicht verlieren. Er sah in ihr nicht nur eine vorübergehende Bekanntschaft, denn als Flirt konnte man das erst recht nicht betrachten, was sie seiner Meinung nach verband. Er blickte noch lange in die Richtung, in der sie mit ihrem teuren Wagen davongefahren war. Dieses Auto und die hübsche moderne Zweizimmerwohnung, die sie gemietet hatte, ließ ihn vermuten, daß ihre Eltern vermögend waren.
Über Geld hatten sie nie gesprochen, sie neigte keineswegs zur Angeberei. Sie bestand nur darauf, immer für sich selbst zu bezahlen, wenn sie ausgingen zum Essen oder ins Kino. Sie machte auch kein Geheimnis daraus, daß sie unabhängig sein wollte. Danny wollte nur nicht glauben, daß er nur eine Episode in ihrem Leben war. Ein Abenteuer gewiß nicht, denn dafür hatte sie nichts übrig. Alles, was sie tat, war wohlüberlegt. Anfangs hatte er sich gewundert, daß sie Volkswirtschaft und Informatik studierte und so gut über das Bankwesen, Aktien und Kapitalanlagen Bescheid wußte, doch jetzt wurde ihm klar, daß sie auch sehr realistisch ihre Zukunft plante.
Was sie in so wenigen Worten über ihre Eltern gesagt hatte, war ihm der Beweis, daß deren Erziehung ihre Einstellung zum Beruf und ihrem Leben geprägt hatte.
Eine Mädchenstimme holte ihn in die Gegenwart zurück. »Wie ist es, Danny, spielen wir mal eine Partie?«
Es war ein hübsches Gesicht mit strahlenden Blauaugen und einem kecken Näschen, in das er blickte.