Fürstenkrone Staffel 6 – Adelsroman. Marisa Frank
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Sie unterhielten sich noch bis spät in die Nacht hinein und schmiedeten Pläne, und als Buchner sich schließlich verabschiedete, um in seine nahe gelegene Wohnung zu gehen – er hatte sich ganz in der Nähe eingemietet –, fühlte sich Angelina so glücklich wie nicht mehr seit dem Tag, an dem ihre Mutter ihr von dem Blumengeschäft gesprochen hatte.
Zwei Wochen später war die Eröffnung.
Angelina und Buchner hatten beschlossen, das Geschäft ›Rosengarten‹ zu nennen und sich auf Rosen zu spezialisieren. Selbstverständlich würde man auch viele andere Blumen bei ihnen kaufen können – aber es sollte sich bald herumsprechen, daß sie hier die schönsten Rosen in der Stadt hätten.
Die erste Woche erhielt jeder, der ihr Geschäft betrat, eine wundervolle, halberblühte, duftende Rose. Und beide wiesen darauf hin, daß ihre Rosen nicht nur selten schön waren, sondern daß sie auch dufteten, was ja die meisten, langstielig gezüchteten Gärtnerrosen nicht taten.
Die Rose erhielt jeder, auch wenn er nichts kaufte. Und als ein kleiner Junge mit fünf Euro ankam, um seiner Mutter einen Blumenstrauß zum Geburtstag zu schenken, band Josef für ihn einen Riesenstrauß, fast so groß wie er selbst, und sagte so laut, daß jeder im Geschäft es hören konnte: »Das schickt die Besitzerin vom ›Rosengarten‹ deiner Mutter, und deine fünf Euro kannst du gern behalten.«
»So etwas merken sich die Leute und so etwas spricht sich auch herum«, erklärte er am Abend Angelina, als sie ihre Einnahmen durchsahen und sie bekümmert feststellte, wie haushoch sie in den roten Zahlen waren.
»Das ändert sich, Komteß. Warten Sie nur ein wenig.«
Josef behielt recht.
Er hatte sich auch mit den Hotels in Verbindung gesetzt, die für ihre Häuser eine Unmenge von Blumen brauchten, nicht nur Tischdekorationen bei besonderen Veranstaltungen, sondern auch große Sträuße für die verschiedenen Räume, angefangen vom Speisesaal bis zu den Konferenzzimmern.
Sehr bald sprach sich herum, daß man im ›Rosengarten‹ nicht nur die schönsten und frischesten Blumen geliefert bekam, man stellte auch fest, daß nirgends mit soviel Geschmack Tischdekorationen zusammengestellt oder Sträuße für jede Gelegenheit gebunden wurden. Vor allem bekam man nirgends so herrliche Rosen, deren große Blüten in allen Farben prangten und dufteten.
Nach einem halben Jahr sah Angelina überrascht und zufrieden, daß so etwas wie rote Zahlen in ihrer Buchhaltung überhaupt nicht mehr vorkam.
»Das verdanke ich nur Ihnen«, sagte sie dankbar zu Buchner und meinte, es wäre nun höchste Zeit, daß er Gehaltsansprüche stellen sollte.
Josef zierte sich eine Weile und erklärte ihr dann, daß er nur eine geringe Summe verdienen dürfe, da er ja das offizielle Rentenalter noch nicht erreicht hätte. Und deshalb wäre es ihm am liebsten, wenn alles so bliebe, er weiterhin bei ihr essen könne und sie ihm nur einen kleinen Zuschuß zu seiner Wohnung geben würde.
»Denn«, meinte er, »wir sind nun so gut eingeführt, daß wir uns unsere Aufträge aussuchen können. Wir nehmen nur, was uns Freude macht.«
Angelina strahlte. Doch als Josef dann ein ernstes Wort mit ihr sprach, schüttelte sie den Kopf und wollte nichts davon hören.
»Komteß«, begann er, und Angelina ahnte, daß er wieder auf die immer gleiche Sache zu sprechen kam, und sie versuchte abzuwehren, aber er ließ sich nicht beirren. »Sie müssen mir zuhören. Ich bin ein alter Mann und deshalb wäre es richtiger, wenn Sie das Dekorieren in Hotels, Kirchen und Schlössern übernehmen würden. Es ist auch etwas umständlich, wenn die Gestecke hier fertiggemacht werden und ich sie dann hinbringen muß. Zudem besteht die Gefahr, daß Blumen geknickt werden, oder auch, daß die Proportionen an Ort und Stelle nicht mehr richtig sind.«
Angelina wehrte lächelnd ab.
»Wenn irgend etwas gerichtet werden muß, so können Sie das bestimmt besser als ich. Schließlich habe ich alles von Ihnen gelernt. Nein, Josef, ich arbeite in meinem Hinterstübchen viel ungestörter.«
»Aber das Ladengeschäft leidet darunter. Sie gehen ja nicht einmal an die Tür, wenn jemand läutet.«
»Weil ich meine Arbeit nicht unterbrechen will«, erwiderte Angelina sanft, aber bestimmt.
Buchner seufzte und schwieg. Er wußte, daß es noch immer keinen Sinn hatte, mit ihr zu reden. Nicht über dieses Thema.
Angelina weigerte sich, unter Menschen zu gehen. Sie fühlte sich häßlich und schämte sich ihres Gebrechens. Deshalb überließ sie das Ladengeschäft völlig ihm und arbeitete im rückwärtigen Raum. Die Schaufensterdekoration pflegte sie vor Tagesanbruch fertigzustellen, damit niemand sie beobachten oder sehen konnte.
Und wenn ein Hotel insistierte oder wegen einer Hochzeit darauf bestanden wurde, daß sie beide zur Vorbereitung der Blumendekoration kamen, dann erklärte sich Angelina nur bereit, wenn sie die Arbeiten vor Tagesanbruch erledigen konnte, ohne auch nur vom Personal dabei gestört zu werden. Jede Hilfe von Dritten lehnte sie energisch ab.
»Sie sind jung und schön«, sagte der alte Gärtner traurig. »Warum kapseln Sie sich so von allen Menschen ab, Komteß?«
»Schön?« Angelina lachte ein wenig bitter. »Würde meine eigene Mutter mich so behandeln, wenn sie sich nicht meiner schämte? Und das tut sie bestimmt nicht, weil ich, wie Sie sagen, schön bin.«
»Aber…«
»Ach, lieber Herr Buchner, warum habe ich nie wieder etwas von meinen Schulfreundinnen gehört? Nicht einmal von der Mutter Oberin. Das muß doch einen Grund haben. Vielleicht wollten sie dort im Internat wirklich nur das Geld, von dem sie annahmen, daß ich es besitze. Nein, nein, ich habe genug von den Menschen. Ich halte mich lieber an die Blumen.«
Josef Buchner nahm sich nach so einem Gespräch immer vor, sich an die Frau Oberin zu wenden, aber er hatte so viel zu tun. Und sein Alter machte sich deutlich spürbar, auch wenn ihn das Rheuma lange nicht mehr so plagte wie zu der Zeit, als er im Freien gearbeitet hatte. Er vergaß darauf, bis sie wieder einmal auf das Thema zu sprechen kamen. Dieses Mal schlug er ihr vor, ob sie sich nicht eine Katze anschaffen wolle, damit ihre Wohnung nicht so leer sei.
Angelina sah ihn einen Moment an, dann glitt ihr Blick an ihm vorbei ins Ferne, und sie machte sich mit einer der großen Vasen zu schaffen.
»Das wäre der Katze gegenüber nicht fair«, sagte sie leise. »Sie ist doch ein freiheitsliebendes Tier. Wie könnte ich sie da in meiner Wohnung einsperren. Nein, das tue ich keinem Tier an. Und mit einem Hund muß man spazierengehen. Wenn Sie das übernehmen, gut. Aber für mich kommt das nicht in Frage.«
»Komteß!« sagte Buchner unglücklich. Doch sie ließ ihn nicht weitersprechen, sondern unterbrach ihn, indem sie ihn nach dem neuen Auftrag fragte, der ihnen über das Parkhotel vermittelt worden war.
»Ach ja, Schloß Hohenried! Das wäre eine großartige Geschichte!« rief Buchner begeistert und vergaß wieder einmal, in Angelinas ehemaligem Internat anzurufen. »Aber der Besitzer besteht darauf, mit Ihnen selbst zu sprechen.«
»Er