Familie Dr. Norden 732 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Ein herrlicher Abend neigte sich seinem Ende entgegen. Erschöpft aber glücklich blickte Camilla Rosen auf die Uhr.
»Du liebe Zeit, schon wieder beinahe Mitternacht. Es wird Zeit, daß ich ins Bett komme.«
»Du willst schon gehen?« Alice warf ihrer Tochter einen unwilligen Blick zu. Schließlich war die Premierenfeier nur zu ihren Ehren ausgerichtet worden.
»Aber, Mutti, denk doch mal dran, daß ich ab morgen jeden Abend auf der Bühne stehe. Da muß ich gut ausgeruht sein«, verteidigte sich Camilla. Fee Norden, die mit ihrem Mann Daniel bei Mutter und Tochter stand, warf ihr einen verständnisvollen Blick zu.
»Siehst du, Daniel, so ändern sich die Zeiten«, wandte sie sich dann an ihren Mann. »Heute müssen wir unsere Kinder noch ins Bett schicken. Aber in ein paar Jahren wird sich das Blatt gewendet haben.«
»Da bin ich mir doch nicht so sicher«, entgegnete Daniel zweifelnd und dachte dabei an die beiden Nesthäkchen Désirée und Christian, die ihre Eltern noch einige Zeit auf Trab halten würden. »Deshalb sollten wir uns jetzt auch auf den Nachhauseweg machen. Die Nacht wird schneller zu Ende sein, als uns lieb ist.«
»Tja, dann muß ich mich wohl fügen«, seufzte Alice ergeben lächelnd. »Auf jeden Fall war es mir eine Freude, daß Sie heute abend unsere Gäste waren. So hatten wir endlich einmal die Gelegenheit, uns für Ihre jahrelange Fürsorge zu bedanken.« Sie schenkte ihrem Hausarzt Daniel Norden einen warmen Blick aus strahlenden Augen.
»Wir müssen uns bedanken«, erklärte Fee begeistert. Sie stand noch ganz unter dem Eindruck der großartigen Theatervorstellung, bei der Camilla Rosen die weibliche Hauptrolle gespielt hatte. »Es war einfach wundervoll. Ich wünsche Ihnen mit Ihrem Stück viel Erfolg.« Fee reichte Camilla beide Hände und verabschiedete sich herzlich. Daniel tat es ihr nach, ehe er seine Frau am Arm aus dem Foyer führte. Mutter und Tochter blickten ihnen versonnen nach.
»Was für ein schönes Ehepaar«, seufzte Alice verzückt. »Ich wünschte, Brian und mir wäre ein ähnliches Glück vergönnt gewesen.«
»Man kann eben nicht alles im Leben haben. Liebe paßt nicht zu Glamour, Geld und Glanz.«
»Du bist so herzlich sachlich, Millie.« Alice bedachte ihre Tochter mit einem amüsierten Blick. »Aber warte, eines Tages wird auch dir die große Liebe begegnen. Und wie ich dich kenne, wirst auch du versuchen, beides zu vereinen, beruflichen Erfolg und Glück in der Liebe.«
»Trotzdem muß ich jetzt ins Bett, Mutti«, machte Camilla der leidigen Diskussion ein Ende. Sie küßte ihre Mutter auf beide Wangen, sah sich um, ob jemand sie beobachtete und machte sich dann heimlich aus dem Staub. Wenn sie erst anfing, sich groß zu verabschieden, würde die Nacht schnell zu Ende sein.
Zu dieser späten Stunde waren die Straßen nur noch wenig befahren. Camilla mußte ihre ganze Aufmerksamkeit aufbringen, um nicht unkonzentriert zu sein. Das gelang ihr noch gut, während sie durch die hellerleuchtete Innenstadt fuhr. Doch schließlich lichteten sich die Häuser, die Straßenlaternen streuten nur noch mattes Licht auf die Fahrbahn, bis sie schließlich ganz verschwanden und Bäume die Landstraße säumten. Camilla liebte ihr Haus auf dem Land über alles, aber an solchen Abenden wie diesem wünschte sie sich nichts sehnlicher als eine ruhige Innenhofwohnung mitten in der Stadt. Angesichts der Dunkelheit, die sie umgab, wurden ihre Lider immer schwerer. Sie öffnete das Fenster einen Spalt, um frische Luft hereinzulassen und biß sich auf die Lippe, um die Lebensgeister zu wecken. Doch es nützte alles nichts. Der Schlaf ließ sich nicht aufhalten, und noch ehe Camilla darauf reagieren konnte, fielen ihr die Augen zu.
Auch der Unternehmer Stephan Humbolt befand sich auf dem Heimweg. In seiner Freizeit spielte er in einer Band, die gern für private Feste gebucht wurde. Er summte leise vor sich hin und dachte an die fröhliche Gesellschaft, die er mit seinen Freunden so richtig in Stimmung gebracht hatte, als er bemerkte, wie der Wagen, der in einiger Entfernung vor ihm fuhr, bedrohlich ins Schlingern geriet.
Befremdet schüttelte er den Kopf. Was mochte mit dem Fahrer des schnittigen Wagens los sein? Mehrere Möglichkeiten taten sich vor ihm auf, und noch während er überlegte, ob er die Polizei über Handy informieren sollte, geschah das Unvermeidliche. Das Auto von Camilla Rosen, die über dem Lenkrad eingenickt war, streifte die Leitplanke und geriet ins Schleudern. Durch den heftigen Ruck erwachte sie. Schatten und Umrisse von Bäumen jagten an ihren weit aufgerissenen Augen vorbei. Ohne zu wissen, was sie tat, riß sie das Lenkrad herum, doch das war genau die falsche Entscheidung. Mit einem ohrenbetäubenden Knall durchbrach der Wagen die Leitplanke und stürzte eine Böschung hinab.
Schlagartig war es totenstill. Ein Reifen drehte sich gespenstisch in der Luft, und das Licht eines Scheinwerfers leuchtete ins Nichts, als Stephan seinen Wagen auf dem Seitenstreifen zum Stehen brachte. Mit zitternden Knien stieg er aus und versuchte, im Abgrund etwas zu erkennen.
»Hallo!« rief er, heiser vor Erregung. »Können Sie mich hören? Sind Sie verletzt?« Noch während er dieses Wort rief, wußte er, wie lächerlich er sich machte. Kein Mensch konnte diesem Schrotthaufen, der sich schemenhaft unter ihm abzeichnete, unverletzt entsteigen. Überrascht hielt er deshalb die Luft an, als er eine Antwort bekam.
»Ich kann mich nicht bewegen. Gott, meine Beine!« weinte Camilla vor Schreck und Schmerzen. Der Wagen lag auf dem Dach, und den Oberkörper konnte sie frei bewegen. Doch von den Beinen abwärts ging nichts mehr.
»Warten Sie. Ich rufe die Polizei und den Notarzt. Dann komme ich sofort zurück.«
Für Camilla schienen Stunden vergangen zu sein, bis sie endlich ein Rascheln im Gras hören konnte.
»Ich dachte schon, Sie kommen gar nicht mehr wieder«, stöhnte sie, als sich Stehpan über das Wrack beugte, eine Stabtaschenlampe in der Hand.
»Sie bluten am Kopf!« Er nahm die Lampe zwischen die Zähne und ließ sich vorsichtig auf die Knie sinken. Dann legte er sich flach auf den Bauch, um näher zu Camilla zu rutschen. »Der Rettungswagen wird gleich hier sein. Haben Sie große Schmerzen?«
»Meine Beine. Und der Kopf. Es brennt wie die Hölle.« Tastend fuhr sie sich mit der Hand über die Stirn.
»Sie haben eine Platzwunde. Aber das ist nicht so schlimm. Mehr Sorgen machen mir Ihre Beine. Können Sie sie bewegen?«
Camilla machte einen halbherzigen Versuch, die Angst vor weiteren Schmerzen saß zu tief.
»Es geht nicht. Die Füße sind verklemmt.« Sie stöhnte verzweifelt. »Mir ist so schwindlig.«
»Geben Sie mir Ihre Hand. Dann fühlen Sie sich nicht so allein.« Blitzartig durchzuckte Stephan der Gedanke, daß die Verletzte nicht ohnmächtig werden durfte. An den Grund konnte er sich nicht mehr erinnern, doch instinktiv begann er, auf Camilla einzureden.
»Was ist denn überhaupt passiert?«
»Ich war so müde und muß eingeschlafen sein«, entgegnete Camilla schwach.
»Haben Sie getrunken?«
»Gott sei Dank nicht. Obwohl es auf der Premierenfeier viele verführerische Cocktails gegeben hat.«
»Sie waren eingeladen?« Stephan nahm den Hinweis dankbar auf.
»So ähnlich«, trotz ihrer Qualen hauchte Millie. »Ich bin die Hauptdarstellerin.« Gleich darauf seufzte sie wieder. »Das heißt, ich war es. Die Theatersaison ist für mich vermutlich beendet.«
»Vielleicht haben Sie sich gar nicht so schwer verletzt«, versuchte Stephan, ihr