Familie Dr. Norden Classic 49 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Familie Dr. Norden Classic 49 – Arztroman - Patricia Vandenberg Familie Dr. Norden Classic

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von Dr. Altmann, das abgegriffene Notizbuch und die beiden Kassetten und ging ins Wohnzimmer.

      In dem bequemen Sessel konnte sie entspannter sitzen, und da merkte sie erst, wie verkrampft sie war.

      Sie las zuerst den Brief, der vor vier Jahren geschrieben war. Er war nicht lang.

      Verehrte Frau Baran, ich kann Ihnen mitteilen, daß der Verkauf Ihres Elternhauses jetzt perfekt ist. Graf Serna-Priot hat auf sein Vorkaufsrecht bestanden, da das Grundstück einstmals zum Besitz seiner Vorfahren gehörte. Ich konnte allerdings den Preis aushandeln, der den heutigen Verhältnissen entspricht. Ich hoffe, daß Sie damit zufrieden sind und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir mitteilen würden, wie und wo der Betrag angelegt werden soll.

      Ich würde mich freuen, wenn wir dies persönlich besprechen könnten. Ich würde auch nach München kommen.

      Die anderen Briefe waren noch kürzer, verrieten aber, daß persönliche Gespräche stattgefunden hatten. Der letzte Brief, der erst vier Wochen alt war, enthielt die Mitteilung, daß das Vermögen durch gewinnbringende Kapitalanlagen auf über eine Million angewachsen war. Das mußte Lea auch erst mal verdauen.

      Warum hatte Carla auch daraus ein Geheimnis gemacht? Hatte sie etwa gefürchtet, daß sie übermütig werden könnte, wenn sie von diesem Geld wußte? Aber warum hatte sie immer noch genäht, es war doch anstrengend gewesen.

      Doch nicht alles für mich, Mutti, dachte sie, du hast auch so gut genug für mich gesorgt. Du hättest dir ein schönes Leben machen können. Warum bleiben so viele Rätsel für mich?

      Jedenfalls nahm sie sich nach längerem Nachdenken vor, diesem Dr. Altmann einen persönlichen Besuch abzustatten.

      Sie war sehr müde geworden, öffnete dann aber die beiden Kassetten doch noch, nachdem sie die richtigen Schlüssel dazu gefunden hatte. Sie hatten ganz verschiedene Schlösser, und die waren für die kleinen Behälter überaus stabil.

      In einer Kassette befanden sich Gold- und Silbermünzen, die ihr völlig unbekannt waren. Sie war zu müde, um festzustellen, aus welchen Jahrhunderten sie stammten. Sie hatte auch keine Ahnung, welchen Wert sie haben konnten. Ebenso war es mit dem Schmuck, der sich in der anderen Kassette befand. Schlichte, lange und kurze Goldketten, Anhänger aus verschiedenen Steinen, eine Jadekette, die ihr sehr gut gefiel. Jade hatte immer eine besondere Anziehungskraft für sie gehabt. Dann war da ein kurzes Goldkettchen mit einem Medaillon in Herzform, das wohl für ein Kind gedacht war, aber Lea konnte sich nicht erinnern, es je getragen zu haben. Verschiedene Ringe waren auch darin, in altmodischen Fassungen und mit Steinen, die Lea nicht kannte. Sie hatte sich bisher nie mit Schmuck befaßt, außer mit Jade, weil ihr gesagt worden war, daß dies der Glücksstein für ihr Tierkreiszeichen sei.

      Wenn ihr mir wenigstens etwas erzählen könntet, dachte sie und verschloß die Kassetten dann wieder. Es war spät genug, um schlafen zu gehen. Sie nahm sich vor, am nächsten Morgen Dr. Norden anzurufen und auch Dr. Altmann. Irgend etwas mußte sie unternehmen, um weiterzukommen. Es war jetzt eine Unruhe in ihr, die sie auch am schnellen Einschlafen hinderte. Als endlich der Schlaf kam, war er von wilden Träumen erfüllt.

      *

      Dr. Norden war erleichtert, als Lea anrief. Wendy hatte sie sofort mit ihm verbunden. Es war Freitag, und da hatte er nachmittags keine offizielle Sprechstunde. Er schlug Lea vor, ihn am Nachmittag gegen vier Uhr zu besuchen. Sie war sofort einverstanden.

      Danach rief sie Dr. Altmann an. Seine Telefonnummer stand auf den Briefbogen, und sie hatte sich auch nicht geändert.

      Sie spürte förmlich, wie er den Atem anhielt, als sie ihm sagte, daß ihre Mutter verstorben sei.

      »Mein tiefstes Bedauern und meine aufrichtige Anteilnahme«, sagte er stockend.

      »Ich hätte Sie gern einmal aufgesucht, Herr Dr. Altmann, wäre das möglich?«

      »Selbstverständlich! Ich würde mich freuen. Können Sie gleich morgen kommen? Vielleicht könnten Sie das Wochenende hier verbringen. Es ist schön hier um diese Jahreszeit.«

      »Ich komme gern, vormittags könnte ich dort sein.«

      »Sie sind herzlich willkommen, Lea. Wir können dann alles Wichtige besprechen.«

      Er nannte sie beim Vornamen, es schuf eine gewisse Vertrautheit. War das nicht unvorsichtig? Aber hatte Carla nicht öfter gesagt, sie solle nicht jedem mit Mißtrauen begegnen? Schließlich war ihr Dr. Altmann auch vertraut gewesen.

      Sie schaute sich gleich auf der Karte an, wie sie am besten nach Füssen kommen konnte, um dem Wochenendverkehr auszuweichen. Jedenfalls würde es ihre erste längere Autofahrt werden.

      Angst kannte Lea nicht. Sie war vorsichtig aber nie ängstlich. Sie vertraute auf ihr Gespür, auf den siebten Sinn, der sie vor Gefahr warnte.

      Sie begann, das Gefühl der Einsamkeit zu überwinden, da sie schon bereit war, sich allein im Leben zu behaupten. Sie machte Carla keinen Vorwurf, daß sie ihr so viele ungelöste Fragen hinterlassen hatte, aber jetzt kam sie zu der Erkenntnis, daß sie sich nicht einfach damit abfinden sollte. Eigentlich hatte sie genau genommen überhaupt keine Eltern, sie war ein namenloses Wesen, das Glück gehabt hatte, von Menschen wie den Barans gefunden zu werden. Ja, sie hatte Glück gehabt, denn sie las und hörte immer wieder, wie bedenkenlos Babys weggeworfen wurden, getötet, bevor sie noch richtig leben durften. Es fror sie bei dem Gedanken, und wieder war Dankbarkeit in ihr. »Danke Mutti, daß du mich davor bewahrt hast, ich lebe gern«, sagte sie leise.

      *

      »Lea kommt heute nachmittag zu mir in die Praxis«, verkündete Daniel Norden seiner Frau, als er zum Mittagessen heimkam.

      »Da bin ich aber froh«, erwiderte Fee, »dann findet sie sich schon wieder zurecht.«

      »Wir werden sehen«, meinte er nachdenklich. »Für sie wird es nicht einfach sein, sich mit den Tatsachen abzufinden.«

      »Aber jeder intelligente Mensch möchte wissen, wo seine Wurzeln zu suchen sind.«

      »Aber wo soll sie die finden, wenn es keinen Anhaltspunkt gibt.«

      »Vielleicht gibt es doch einen. Daß das Baby den Barans vor die Haustür gelegt wurde ist es doch ein Zeichen, daß man dort gute Menschen vermutete. Man hatte sie nicht in eine Plastiktüte gesteckt und in eine Mülltonne geworfen. Ich habe heute gelesen, daß das eine junge Mutter fertiggebracht hat. Das Kind hat überlebt. Es ist kaum vorstellbar, wie zäh so ein kleines Wesen sein kann.«

      »Man muß sich aber auch vorstellen, was jetzt in dieser Frau vor sich gehen wird. Und so könnte es auch sein, daß sich Leas leibliche Mutter viele Jahre mit Selbstvorwürfen gequält hat.«

      »Oder auch nicht. Vielleicht lebt sie ein lustiges Leben, froh, daß ihr niemand auf die Schliche gekommen ist.«

      Zwei Meinungen waren das, und beide konnten richtig sein.

      »Lea ist ein apartes Mädchen«, sagte Fee nach einem kurzen Schweigen. »Sie ist intelligent und hat eine natürliche Anmut. So wie sie sich gibt, muß ihr angeboren sein, das kann man nicht einstudieren.«

      »Schatz, geheimnisse jetzt nicht noch mehr in sie hinein. Es langt schon, welch dunkles Geheimnis sie umgibt.«

      »Ich hoffe nur, daß sie keinen Schaden nimmt, Daniel.«

      »Heute

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