Es war ein reiches Leben. Arthur Ernest Wilder-Smith

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Es war ein reiches Leben - Arthur Ernest Wilder-Smith

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      Mutter interessierte sich für die Wissenschaft und wurde Lehrerin. Sie heiratete deshalb später, wie es in England unter Akademikern oft der Fall ist. Als sie heirateten, war sie 27 Jahre alt und mein Vater etwas älter. Mutters Familie war an Wuchs klein und dunkel, aber auch blauäugig – wie Vaters Familie. Mutters Familie stammte eher von keltischen Vorfahren ab. Vater von Angelsachsen. In den Grafschaften Berkshire, Oxfordshire, Gloucestershire und Hampshire findet man beide Menschentypen vor, heutzutage sehr oft vermischt.

      Mein Vater kaufte seine Maschinen, Traktoren, Dreschmaschinen, große Dampfpflüge etc. von der Firma Walter Wilder & Co., also von der Familienfirma meiner Mutter. Die Firma Walter Wilder kaufte Land, damit sie Platz und Gelegenheit hatte, die neuen Maschinen, die sie entwickelte, auszutesten. So bestand ein enger Kontakt zwischen den beiden Familien.

      Wenn Vater eine neuartige Dreschmaschine für Klee brauchte (Vater hatte einen Vertrag mit einer Firma, um neue reinrassige Kleearten für die damaligen Kolonien – Neuseeland, Australien etc. – zu züchten), suchte er sie natürlich bei Wilders. Leute dieser Firma kamen jedes Jahr auf unser Gut, um die Saat zu inspizieren. Die Firma Walter Wilder sorgte dafür, dass für jegliche Aufgabe die richtigen, passenden Maschinen geliefert wurden.

      4. Die Tiere auf dem Gut

      Ehe Benzin- und Kerosintraktoren aufkamen, pflügte man natürlich mit dem Pferd. So besaßen wir große Pferdeställe für unsere treuen Pferde, die das Pflügen, Eggen, die Aussaat und das Walzen übernahmen. In einem unserer Ställe stand ein schöner großer, intelligenter Reinrasse-Hengst namens Framlingen Curfew – ein edles Tier, das uns Kinder offenbar gern hatte, denn wir konnten mit ihm machen, was wir wollten; er nahm unsere Späße nie übel. Auch konnten wir Kinder ihn ohne Gefahr in der Erntezeit führen. Selbst mit unserer Hündin Folly kam der Hengst gut aus und legte seine Ohren an den Kopf zurück, wenn sie während der Arbeit herangefegt kam. Folly hatte einmal sechs oder sieben Kleine bekommen und wir Jungen wollten die Kleinen gerne inspizieren – was man unbedingt nicht tun soll, denn zu dieser Zeit sind Hündinnen oft unberechenbar. Die Hundemutter besaß eine schöne Hütte, nicht weit vom hinteren Eingang zum Hof entfernt. Mein Bruder Walter und ich begutachteten die Neugeborenen, so gut wir es konnten, durch den Eingang zur Hundehütte, aber es war zu dunkel, um richtig sehen zu können. So krochen wir beide in die Hütte hinein bis zur Ecke, wo Folly mit ihrer neuen Familie lag. Ich sehe heute noch, wie ihre Augen feurig glänzten, denn die Welpen waren dabei, sich ihre Mahlzeit zu holen. Wir sprachen mit ihr und sie klopfte mit dem Schwanz gegen den Boden, was das sichere Zeichen war, dass wir willkommene Gäste seien. Dann aber nahmen wir ein kleines Baby in die Hand, – ein Verstoß gegen alle Hundesitten. Folly kam sofort in höchste Not, ihre Augen glänzten noch feuriger in der dunklen Ecke: Das durfte nicht sein! Sie stand auf und flehte uns förmlich an, das Baby zurückzugeben – was wir sofort mit vielen Zeichen guter Absichten taten. Ich höre immer noch, wie die Hündin richtig vor Not winselte, als wir das kleine Baby in der Hand hatten. Aber als sie das Kleine wieder sicher bei sich hatte, legte sie sich und klopfte weiterhin mit dem Schwanz gegen den Boden – das Zeichen, dass alles wieder in Ordnung war.

      Folly war unsere treue Begleiterin durch unsere ganze Jugendzeit hindurch. Während des Krieges lebte ich einige Jahre in Nordengland. Nach sehr langer Zeit kam ich unangemeldet nach Hause – mein Vater hatte einen Herzinfarkt erlitten, so musste ich als ältester Sohn nach dem Rechten auf der Farm sehen. Folly traf mich am Haupteingang, als ich vom Bahnhof ankam. Als ich, ohne zu zögern, das große Holztor aufriegelte, war ihr das zu viel, und sie bellte mich heftig an. Ich rief etwas vorwurfsvoll ihren Namen: „Aber Folly, was fällt dir ein!“, da stand sie sofort auf der Stelle still, schaute mich an und beschnüffelte mich. Dann erkannte sie ihren großen, ja unverzeihlichen Fehler, wedelte mit dem Schwanz mit allen ihr zur Verfügung stehenden Gebärden um Entschuldigung und leckte meine Schuhe gründlich ab. Als letztes Zeichen der Buße entschuldigte sie sich, indem sie sich auf den Rücken legte und sich mir anschmiegte. Dies ist ein Zeichen der unbedingten Kapitulation in der Hundesprache. Sie sprang daraufhin auf und galoppierte zum Haus, um meine Ankunft zu melden. Wie schön wäre es, wenn Menschen ihre Fehler ebenso einsähen und sich dementsprechend entschuldigten. Aber Hunde haben von Natur aus nicht immer solch schöne Manieren, sie lernen solche nur von einem guten Herrn. Verhält es sich ähnlich bei uns Menschen?

      Doch wir dürfen die Katze nicht vergessen! Limpy hieß sie. Große Konkurrenz herrschte zwischen Limpy und Folly. Wenn man der Katze irgendwie eine Gunst erwies – sie auf dem Schoß nahm und streichelte –, da kam Folly in größte Not. Das konnte die Hündin nicht ausstehen. Mit der Nase versuchte sie, unsere Hand von der Katze wegzustoßen!

      Folly fraß Brot nicht gern. Sie schnüffelte ein wenig um das Brot herum, fraß es aber nicht. Aber wenn sie gerade dabei war, das Brot endgültig abzulehnen, brauchte man nur den Namen der Katze Limpy zu rufen, sofort drehte Folly sich um und verschlang mit einem Bissen das ganze Stück Brot, ehe die Katze herbeieilen konnte! Ob Folly auch das bei den Menschen gelernt hatte?

      Solche Tiere wie unseren Hund und unsere Katze kann man in einer kleinen, modernen Wohnung nicht halten. Sie brauchen Platz und – wie Menschen – müssen sie noch dazu nützliche Aufgaben erfüllen. Wenn sie weder Platz noch regelmäßige Aufgaben haben, können sie – wie Menschen – unausstehlich werden.

      Wir hatten auch Hühner. Unsere Hühner besaßen ihre guten Häuser und festgelegte Nester, aber sie benutzten sie oft nicht. Sie fanden, wie sie meinten, schönere kleine Nester unter den Heuhaufen und zogen diese oft vor. Wir mussten die Eier oft suchen gehen, sonst tauchte eines Tages irgendeine Glucke mit 13 kleinen Küken unter einem Heuhaufen auf. Wer konnte nun die Schlupfwinkel der abtrünnigen Hennen besser oder eher ausfindig machen als Folly mit ihrer unbeirrbaren Nase?

      Die Hündin kannte, besser als jeder andere Hund, die nötige Technik und Methodik, wie man Eier sucht und holt. Die erste Regel, die sie beachtete, war nämlich, die Henne äußerst zart zu behandeln, sonst flog sie erschrocken von ihrem Schlupfwinkel auf – und machte die Eier dabei kaputt. So kam die Hündin immer von der Seite – oder gar von hinten – an die Henne heran, schob vorsichtig und leise ihre Schnauze unter die Henne, die oft bis zu 13 Eier unter sich hatte – wenn man lange Zeit ihren Schlupfwinkel nicht entdeckt hatte – und nahm dann ein Ei zwischen die beiden Eckzähne. Dann trottete sie zu Mutter mit dem Ei zwischen den Zähnen. Hielt man dann die Hände zu Folly herunter, ließ sie unendlich sorgfältig das Ei zwischen den Zähnen fallen, trottete zur Henne zurück und holte das nächste Ei. Ich habe es nie erlebt, dass Folly ein Ei fraß oder dass ein Ei kaputtging. Wenn niemand zu Hause war, ließ sie die Eier vor der Tür liegen. Sie waren immer intakt.

      Als Folly sehr alt geworden war und wir Kinder alle aus dem Haus waren, schien sie ein ganz besonderes Verhältnis zu meinen alternden Eltern zu haben. Sie schlief meist im Zwinger oder in der Hundehütte, wo sie die Welpen immer bekommen hatte. Es war einmal eine sehr kalte Nacht im Winter, und Vater und Mutter waren früh ins Bett gegangen. Folly merkte irgendwie, dass es ihr nicht gut ging. Da öffnete sie selbst die Tür zum Zwinger – das konnte sie – und schlich zur Hintertür des Hofes, die sie durch Hochspringen selber öffnen konnte. Aber die Kraft dazu brachte sie nicht mehr auf. Am Morgen lag sie tot vor der Tür. Als Letztes in ihrer Not hatte sie meinen Vater gesucht, der immer helfen konnte. Wir begruben sie im Garten. So endete eine Ära in unserer Familie. Folly wurde etwa 18 Jahre alt.

      Es ist wirklich schade, dass Kinder, die in der Stadt groß werden müssen, den ganzen Lauf der Natur kaum mehr kennenlernen. Sie sehen nicht mehr aus erster Hand, welche Verhältnisse Menschen, Tiere und Pflanzen zur Entwicklung brauchen, wie alles aufeinander abgestimmt ist. Aus diesem Grund fallen junge Menschen sehr leicht falschen Ideologien, die meist in Städten gedeihen, zum Opfer.

      In einer Landbevölkerung, die mit der Natur eng verbunden ist, hätten weder die Nazis noch die Kommunisten viel ausrichten können. Die Kommunisten hielten es für nötig, die Muschiks auf dem Land durch die Kollektivierung der Höfe zu liquidieren, weil sie sie nicht gewinnen

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