Es war ein reiches Leben. Arthur Ernest Wilder-Smith

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Es war ein reiches Leben - Arthur Ernest Wilder-Smith

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unserem Paradies auf dem Gut war über Nacht eine Hölle geworden – die Hölle der Ungewissheit und der Einsamkeit. Vielleicht hielten Vater und Mr. James zusammen, um uns zu quälen! So mieden wir auch Mr. James.

      Nach etwa drei Wochen dieser Qual beratschlagten mein Bruder und ich, was zu machen sei. Denn diese Spannung und diese Qual waren unerträglich. Unser Zuhause war kein richtiges Zuhause mehr. Wo konnten wir hin?

      Wir kamen nach vielem Hin und Her überein, dass wir zu Vater gehen müssten, um die Sache endgültig ins Reine zu bringen. Aber wann?

      Klar, nicht wenn Mutter oder die Schwestern zu Hause waren! Mit Vater mussten wir allein sprechen, am besten wenn die anderen einkaufen gegangen oder im Bett waren. Doch da gab es ein Problem: Die anderen gingen später ins Bett als wir. Also wenn Mutter und die Schwestern freitags einkaufen gingen! Abgemacht!

      d) Die Beichte

      Nach dem Mittagessen saß Vater gewöhnlich in seinem Lederlehnstuhl, machte die Beine hoch und las ein Viertelstündchen die Zeitung. Er schlief beim Lesen immer schnell ein, aber in dieser Situation war er wenigstens allein. So saß er da, das Haus war still und Vater döste vor sich hin. Mein Bruder und ich betraten leise das Zimmer, was ihn aufweckte. Er schaute zu uns hinüber und fragte, was wir wollten?

      „Ja, Vater, wir wollten allein mit dir reden.“

      Da war er sofort wach.

      „Hm“, sagte er, „das muss aber etwas sehr Wichtiges sein, denn lange Zeit scheint ihr mich sehr fleißig gemieden zu haben. Was ist denn los?“

      „Ja“, sagten wir sehr, sehr verlegen, „hast du nicht gesagt, wir dürfen deine Garage nicht mehr allein betreten?“

      „Ja, sicher“, antwortete Vater, „seid ihr doch allein in die Garage gegangen? Wie ist euch das gelungen? Habt ihr mein Hängeschloss kaputtgemacht oder einen neuen Schlüssel dafür herbeigeschafft?“

      „Nein, Vater“, sagten wir, „du hast einmal vergessen, die Garage zuzuschließen.“

      „So“, sagte er, „das mag wohl sein. Was habt ihr sonst angestellt?“

      „Vater, wir betraten nicht nur die Garage, wir gingen in deinen Bentley und ließen den Motor an.“

      Da stieg Vaters Zorn hoch. Nicht umsonst trug Vater einen rotblonden Schnurrbart!

      „Ich habe euch das oft verboten“, tobte er und stand auf. „Was habt ihr sonst angestellt? Ist das alles?“

      Die Tränen standen uns in den Augen – obwohl Jungen natürlich nicht weinen! – denn wir sahen, dass Vater zur Tür hinüberlief. Auf dem Sims über der Tür lag in einer Nische seine Reitpeitsche, die er selten benutzte, die er aber benutzen konnte! Einige Male anlässlich ganz schlimmer Delikte hatten wir diese Peitsche experimentell ausgekostet.

      „Was habt ihr sonst noch angestellt? Habt ihr etwa die Batterie wieder platt gemacht?“

      „Nein, Vater“, sagten wir erleichtert, „wir fuhren schnell genug, so schnell, dass der Dynamo auf Touren kam und die Batterie auflud!“

      „So“, sagte er, „jetzt kommt es also allmählich heraus. Ihr habt also nicht nur den Motor angelassen, ihr habt das Auto sogar aus der Garage herausgefahren! Und ihr seid sogar so schnell gefahren, dass der Dynamo auf Touren kam!“

      Er war gerade dabei, seine Reitpeitsche von ihrer Nische herunterzuholen.

      „Nun, meine kleinen Halunken, jetzt fange ich langsam an, euer Benehmen in den letzten Tagen zu verstehen!“

      Jetzt kullerten die Tränen unsere Backen herunter.

      „Was habt ihr sonst angestellt?“

      Vater wollte offenbar alles wissen, ehe er die Strafe administrierte. „Denkt daran, es heißt jetzt, mir alles zu beichten, sonst wird es euch nicht gut bekommen!“

      Also es bestand noch Hoffnung, wenn wir ehrlich sein würden und Vater alles beichteten! Aber es gab so viel zu bekennen, das war unser großes Problem. Offenbar wusste Vater nichts; Mr. James hatte also nicht gepetzt, dafür mussten wir ihm unser Leben lang dankbar sein – nicht mehr zu ihm frech sein, wenn er auf Ordnung in der Bahn bestand. Er musste, der arme Mann, täglich mit vielen Fahrschülern fertig werden. Mein Vater sagte immer, dass diese vielen Jungen jeden Tag in der Kleinbahn arglistiger seien als eine Wagenladung Affen. Erst später im Leben sahen wir ein, dass Vater ein ganz klein wenig Wahrheit über Jungen und ihre Lebensweise erfasst hatte.

      „Wir haben den Bentley angelassen, dann ließen wir bei offenen Garagentüren den Motor warm werden und luden die Batterie wieder auf. Wir holten zwei große Kissen, denn ohne sie konnten wir nicht richtig sehen. Dann fuhren wir rückwärts aus der Garage heraus, einige Male um den Hof, danach auf die Hauptstraße, um die Ecke bis zum Bahnhofsvorplatz, wo die anderen Autos den ganzen Tag geparkt stehen. Wie oft wir um den Platz herumgefahren sind, haben wir leider nicht genau gezählt. Vielleicht war es 20-mal, vielleicht auch 40. Wir fuhren nie mehr als 85 Kilometer die Stunde, meist aber weniger. Wir wollten aber schnell genug fahren, sodass der Dynamo die Batterie wieder auflud.“ (Damals gab es die Automatik nicht, die die Ladegeschwindigkeit regelt.)

      Diese Liste von Missetaten war uns beiden wirklich zu viel, sogar erdrückend. Wir waren, meinten wir, derart feine Jungen, indem wir alle unsere Schuld bekannten, dass wir gleich vor Mitleid mit uns selbst laut weinten.

      Vater war sichtlich bewegt, aber doch recht besorgt: „Habt ihr jemanden überfahren oder sonst Schaden angerichtet?“, fragte er fast ängstlich. Er meinte offenbar, dass irgendeine Geschichte mit der Polizei herauskommen würde.

      „Nein, Vater, das Auto ist vollkommen in Ordnung: Wir haben das alles vor bald drei Wochen ausprobiert, und du hast seitdem das Auto gefahren. Alles ist in bester Ordnung, die Batterie ist sogar besser geladen als sonst.“

      Vater spielte nachdenklich mit seiner Reitpeitsche herum. Die Gefahr für uns war noch nicht gebannt.

      „Was sollte eure Strafe sein?“, fragte er nach einer Weile, währenddessen wir vor Ehrlichkeit, Selbstmitleid und Schuld weiter schluchzten.

      „Gib uns die gebührende Strafe, Vater, dann ist die Sache einigermaßen wieder gut.“

      Wir hatten die Hosen nicht mit Zeitungspapier ausgestopft, um eine Stoßdämpferwirkung zwischen Peitsche und Po zu bewerkstelligen. Diese Tricks, die unter Jungen damals sehr bekannt waren, wagten wir bei Vater nicht – er konnte ja einen weiteren, für uns kostspieligen Wutanfall bekommen, wenn er einen solchen unverschämten Trick entdeckte! Am etwas dumpfen Laut der Peitsche konnten die Sachverständigen die inneren Geheimnisse zwischen Po und Hosen erkennen. Es wäre einfach zu riskant gewesen. So übten wir unser detailliertes technisches Wissen auf diesem Gebiet nicht aus.

      e) Der gerechte, aber liebe Vater

      So bereiteten wir uns also auf die Strafe vor. Wir holten einen Stuhl herbei, damit man sich gebührend darüber bücken konnte, während die sechs Hiebe mit der Reitpeitsche verabreicht wurden. Dann hieß es: „Bücke dich über den Stuhl!“ Aber merkwürdigerweise geschah nichts dergleichen. Man war auf den ersten Schock vorbereitet, aber er kam nicht. Vater, Peitsche in der Hand, zögerte immer noch. Wir wollten es schnell hinter uns haben, Vater aber nicht.

      „Nein“, sagte er endlich (ich stand oder kauerte gebückt vor dem Stuhl),

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