So Gut Wie Tot. Блейк Пирс
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Ihr Wagen war fünfundvierzig Gehminuten von hier entfernt. Und sie hatte keine Ahnung, wo sie hinsollte, da sie keine Unterkunft gebucht hatte. Sie hatte gehofft, früher anzukommen, in dem Geschäft einen Hinweis auf Jacquis Aufenthaltsort zu finden und von dort ihre Suche weiterzuführen. Doch jetzt war es dunkel und sie hatte keine Ahnung, wo sich die bezahlbaren Inns und Hostels der Stadt befanden. Vermutlich würde sie im Parkhaus in ihrem Wagen schlafen müssen.
„Hast du eine Unterkunft für heute Abend?“, fragte Vadim, als könne er Gedanken lesen.
Cassie schüttelte den Kopf.
„Das muss ich noch klären.“
„Ganz in der Nähe befindet sich eine Backpackers Lodge. Eine pensione, wie sie es hier in Italien nennen. Das könnte genau das Richtige für dich sein. Ich komme auf meinem Nachhauseweg daran vorbei und kann dich hinbringen.“
Cassie lächelte zögernd. Sie machte sich Sorgen um den Preis und die Tatsache, dass sich ihr Gepäck noch immer im Wagen befand. Trotzdem klang eine Unterkunft in der Nähe besser als der lange Rückweg zum Parkhaus. Es bestand sogar die Chance, dass Jacqui auch dort untergekommen war; sie sollte sich die Lodge also zumindest ansehen.
Sie trank ihren Kaffee und aß die letzten Krümel ihres Paninis, während Vadim sein Weinglas leerte und einige Nachrichten auf seinem Handy tippte.
„Komm mit mir. Hier entlang.“
Draußen regnete es noch immer, doch Vadim öffnete einen großen Schirm. Cassie lief dicht neben ihm und war dankbar für den Schutz vor dem Regen. Er machte große und eilige Schritte und sie musste sich bemühen, Schritt zu halten. Sie war froh, dass er nicht trödelte, aber gleichzeitig fragte sich, ob das Gästehaus für ihn einen Umweg darstellte.
Sie erhaschte kurze Blicke auf die Gebäude, die sie passierten und versuchte, herauszufinden, wo sie waren. Namen von Restaurants, Läden und Geschäften blinkten und leuchteten im Regen und die unbekannte Sprache überforderte Cassie.
Sie überquerten eine Straße und sie bemerkte, dass der Verkehr ruhiger geworden war. Obwohl sie schon länger nicht mehr auf die Uhr gesehen hatte, glaubte sie, dass es bereits weit nach neunzehn Uhr war. Sie fühlte sich erschöpft und fragte sich, wie weit entfernt die Backpackers Lodge war und was sie tun würde, wenn kein Bett mehr frei war.
Zu ihrer Rechten befand sich ein Supermarkt, dessen war sie sich sicher. Links war eine Art Unterhaltungsestablishment angesiedelt. Das Schild blinkte in Neonfarben. Es war kein Rotlichtbezirk, wenn es so etwas in Mailand überhaupt gab, aber es war auch nicht zu weit davon entfernt.
Plötzlich wurde klar, dass sie zu schnell und zu weit gegangen waren und zwar ohne ein Wort zu sprechen.
Sie hatten fast eineinhalb Kilometer zurückgelegt und kein vernünftiger Mensch würde das als ‚in der Nähe‘ bezeichnen.
Dann holte ihre Erinnerung auf.
Nach den ersten Kreuzungen hatte sie einen Blick nach links geworfen. Abgelenkt und mit Regentropfen in den Augen hatte sie das Schild nicht wahrgenommen – ein bescheidenes Schild mit schwarzen Buchstaben statt den blinkenden Tafeln, die sie jetzt umringten.
„Pensione.“
Das war das Wort, das auch Vadim benutzt hatte. Das italienische Äquivalent für eine Backpackers Lodge.
„Warum wirst du langsamer?“, fragte er und sein Ton wurde schärfer.
Weiter vorne sah Cassie die wartenden Scheinwerfer. Ein weißer Van parkte auf der anderen Straßenseite und Vadim schien direkt darauf zuzusteuern.
Er streckte seine Hand aus und innerhalb eines Sekundenbruchteils realisierte Cassie erschrocken, dass er ihr Zögern bemerkt hatte und nun nach ihrem Arm greifen wollte.
KAPITEL DREI
Zu spät wurde Cassie klar, dass sie zu naiv, zu gesprächig und zu gutgläubig gewesen war. In ihrem Bedürfnis nach Gesellschaft hatte sie mit einem Fremden geteilt, dass sie ganz alleine auf dieser Welt war und niemand ihren Aufenthaltsort kannte.
Horrorszenarien spielten sich nun in ihrem Kopf ab – Kidnapping, Menschenhandel und Missbrauch. Sie musste entkommen.
Als Vadims Hand ihrem Handgelenk näherkam, sprang sie abrupt zurück und er erwischte stattdessen nur ihren Jackenärmel.
Der ausgetragene, dünne Stoff riss und er hielt lediglich ein Stück Polyester in den Händen. Dann war sie frei.
Cassie drehte sich um und rannte in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Mit gesenktem Kopf floh sie durch den Regen und über die Straße, während die Ampel bereits auf Rot schaltete. Hinter ihr fluchte Vadim und sie wusste, dass der große Schirm ihn nun mehr behinderte als ihm nützte. Sie bog links in eine Seitengasse ein, während hinter ihr ein Bus vorbeifuhr und sie hoffte, dass Vadim ihren Richtungswechsel nicht gesehen hatte. Aber ein Rufen hinter ihr belehrte sie eines Besseren – er war ihr noch immer auf den Fersen.
Sie bog rechts auf eine geschäftigere Straße ab und während sie sich an langsamer gehenden Fußgängern vorbeischlängelte, zog sie sich sowohl Jacke als auch Mütze aus, um mit deren grellen Farben nicht aufzufallen. Sie knüllte die Jacke unter ihrem Arm zusammen und als sie die nächste Kreuzung erreichte und dort links abbog, warf sie einen schnellen Blick nach hinten.
Niemand schien ihr zu folgen, aber er konnte sie noch immer einholen – oder, noch schlimmer, sie an ihrem Ziel erwarten.
Vor ihr sah sie ein Leuchtfeuer der Hoffnung und Sicherheit: das ‚Pensione‘-Schild, an dem sie zuvor vorbeigegangen waren. Vadim war nirgends zu sehen.
Cassie sprintete darauf zu und betete, rechtzeitig aus der Gefahrenzone hinaus und ins Innere zu gelangen.
Die Musik des Gästehauses war auch von der Straße aus hörbar. Das wackelige, weiß gestrichene Tor stand nur angelehnt.
Cassie drückte es auf und stampfte die schmale Holztreppe hinauf. Stimmen, Gelächter und Zigarettenrauch hießen sie willkommen.
Sie warf einen Blick nach hinten, doch der Treppenaufgang war leer.
Vielleicht hatte er die Jagd nach ihr aufgegeben. Jetzt, nachdem ihr die Flucht gelungen war, fragte sie sich, ob sie die Bedrohung aufgebauscht hatte. Der geparkte Van war möglicherweise nur ein Zufall gewesen. Vielleicht hatte Vadim sie lediglich mit zu sich nach Hause nehmen wollen.
Doch wie dem auch sei – er hatte sein Versprechen nicht gehalten und sogar versucht, sie zu packen, als sie gezögert hatte. Wieder überkam sie die Angst, als sie sich daran erinnerte, wie knapp sie ihm entkommen war.
Es war so idiotisch gewesen, hinauszuposaunen, dass sie alleine war, niemand wusste, wo sie sich aufhielt und sie sich auf einer hoffnungslosen Suche nach einer möglicherweise für immer verschwundenen Person befand. Schwer atmend schalt sich Cassie für ihre entsetzliche Dummheit. Es war so erleichternd gewesen, Jacquis Geschichte mit einem Fremden zu teilen, der sie nicht verurteilte. Dabei hatte sie nicht realisiert, auch andere Informationen preisgegeben zu haben.
Das Sicherheitstor am Ende der Treppenstufen war geschlossen. Es führte in ein kleines Foyer, das nicht besetzt war, doch unter einem Knopf an der Wand hing ein Schild.
Die