Ostfriesen morden anders. Peter Gerdes
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Читать онлайн книгу Ostfriesen morden anders - Peter Gerdes страница 6
Evelyn ließ sich nicht entmutigen. Als Nächstes sabotierte sie den Elektro-Rasenmäher ihrer Halbschwester; das Einzige, was sie damit erreichte, war jedoch, dass die Wicklung des Motors durchschmorte und Eva Ärger mit der Versicherung bekam, die den Schaden nicht ersetzen wollte.
Auch der Versuch, Evas kleine Segelyacht im Leeraner Hafen mit Hilfe bordeigenenen Propangasflasche und eines Reibezünders an der Tür zur Kajüte in eine Bombe zu verwandeln, schlug fehl. Evelyn übersah, dass die Bootskajüte über eine Zwangsentlüftung verfügte, und als sich die Stegnachbarn über den bedenklichen Geruch beschwerten und Eva nachschauen kam, lag die Gas-Konzentration längst unterhalb der kritischen Schwelle.
Evelyn wurde immer ärgerlicher, vor allem, weil ihr mittlerweile die Ideen ausgingen. Was sollte sie denn noch alles anstellen, um diese unerwünschte Person von dieser Welt in die nächste zu befördern? Einen Killer engagieren? Oder sich selbst eine Waffe besorgen?
Eine Sekunde lang blieb ihr der Mund offen stehen, dann schlug sie sich mit der flachen Hand an die Stirn. Was hieß hier besorgen! Hatte ihr Vater nicht einen ganzen Schrank voller Waffen im kleinen Salon stehen? Er war immer schon ein passionierter Jäger gewesen, und mit zunehmendem Reichtum hatte er seine Sammlung erweitert. Evelyn verstand zwar nicht allzu viel von Schusswaffen, aber sie wusste, wo Vater seine Schrankschlüssel aufbewahrte. Der Rest würde sich finden.
Unter dem Vorwand, Vater zu fragen, ob er einen Tee wünschte, betrat sie sein Krankenzimmer. Ihr Vater schlief; so zog sie nur die Vorhänge zu, öffnete leise die oberste Schublade der Kommode gleich neben dem Fenster und nahm das Schlüsselbund an sich. Schon war sie wieder auf den Flur hinaus gehuscht.
Der Waffenschrank enthielt mehrere Jagdgewehre, die viel schwerer waren, als Evelyn erwartet hatte. Bestimmt waren sie auch entsprechend laut, überlegte sie; wie sollte sie denn damit ihrer Stiefschwester das Lebenslicht auspusten, ohne halb Leer auf sich aufmerksam zu machen? Zum Glück waren auch zwei Pistolen da und ein kurzläufiger Revolver. Zu dem fasste sie sogleich Vertrauen. Seine stupsnasige Öffnung war ausreichend groß, und mochte er auch ebenfalls recht laut sein, so konnte man ihn doch in geschlossenen Räumen verwenden. Genau das hatte sie vor.
Vorher aber war es notwendig, sich ein wenig mit der Funktionsweise dieser Waffe vertraut zu machen. Und das sollte sie vielleicht nicht tun, ohne gewisse Vorkehrungen zu treffen. Zum Beispiel auch im Salon die Vorhänge zuzuziehen. Sie erhob sich und trat ans Fenster.
Sie erstarrte, eine Hand in den Vorhangstoff gekrallt. Dieses Auto dort draußen, gleich neben dem Rollcontainer, hatte sie vorhin schon gesehen, aus Vaters Fenster. Sie hatte sich nichts dabei gedacht, war ganz auf Schublade und Schlüssel fixiert gewesen. Jetzt aber hatte sie das deutliche Gefühl, den Wagen zu kennen. Wer fuhr denn solch einen großen Geländewagen?
Ein riesiger orangefarbener Müllwagen schob sich in ihr Blickfeld. Zwei Müllwerker zerrten den Rollcontainer vor die Ladeluke des Ungetüms und betätigten die Hebevorrichtung. Evelyn achtete nicht darauf, wie der Behälter angehoben und entleert wurde. Ihr Blick hing an dem, was hinter dem Container zum Vorschein gekommen war. Es war die Frontpartie eines englischen Sportwagen-Klassikers.
Hinter sich hörte sie ein Klicken. Als sie herumfuhr, blickte sie in ihr eigenes Gesicht. Und in die stupsnasige Mündung eines Revolvers.
Der Schuss traf sie wie ein harter Schlag. Sie hat genau meine Frisur, dachte sie noch, und sie trägt die gleiche Kleidung wie ich.
Wie sie auf den Boden aufschlug, spürte sie schon nicht mehr.
»Sehr schön«, sagte Michael Blohm. »Jetzt leg ihr die Waffe locker in die rechte Hand. Sie hat das Ding ja dankenswerterweise ausgiebig angegrabscht. Dann zieh dir die Latexhandschuhe aus und bring dem alten Herrn seinen Tee. Der Schuss dürfte ihn geweckt haben.«
»Was heißt hier Schuss! Das war doch nur eine Fehlzündung auf der Straße.« Eva ahmte Evelyns barschen Tonfall gekonnt nach, lachte und verließ den kleinen Salon.
Wenige Minuten später war sie zurück. »Er hat nichts gemerkt«, sagte sie stolz. »Hat mich glatt für Evelyn gehalten! Und die Sache mit der Fehlzündung hat er auch geschluckt, ebenso wie den Tee.« Sie strich sich über ihre ungewohnte Frisur. »Außer uns ist niemand im Haus; die Pflegerin kommt erst in einer Stunde.«
»Sehr schön«, erwiderte Dr. Michael Blohm. »Wenn der alte Herr den Tee getrunken hat, wird er bald den ganz tiefen, langen Schlaf schlafen. Und? Tut es dir leid?«
Eva schnaubte verächtlich. »Warum sollte es? Wenn es nach ihm gegangen wäre, wüsste ich doch bis heute nicht, wer mein Vater ist! Ihm scheint das all die vielen Jahre nichts ausgemacht zu haben. Solch einen Vater brauche ich nicht.« Sie zeigte auf den Fußboden vor dem Fenster: »So ein Biest von Halbschwester auch nicht, und wenn sie mir noch so ähnlich sieht.«
»Hartnäckig war sie ja.« Michael Blohm lachte. »Dein Auto, dann das Paddelboot, der Rasenmäher … erst bei der Sache mit der Gasflasche sind wir ihr auf die Schliche gekommen.«
Eva schlang ihre Arme um Michaels Hals, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. »Jetzt musst du nur noch dafür sorgen, dass die Totenscheine auch richtig ausgestellt werden! Ihr Todeszeitpunkt muss unbedingt vor seinem liegen. Nicht, dass ihr noch das halbe Erbe zugesprochen wird und dadurch womöglich an den Staat fällt. Die andere Hälfte ist zwar auch ein Batzen Geld, aber erst mit der ganzen Summe kann man sich ein richtig schönes Leben machen. Warum also teilen?«
Er lachte. »Das sehe ich auch so! Mach dir keine Sorgen, darum kümmere ich mich persönlich. Der diensthabende Notarzt ist ein Tennis-Kumpel von mir und keine große Leuchte. Da ich diese Woche den Hausarzt deines Vaters vertrete, kann ich dem Notarzt unauffällig zur Hand gehen.« Er schaute auf seine Armbanduhr: »Inzwischen dürfte es so weit sein. Ruhe sanft, reicher alter Mann!«
»Jetzt sollten wir aber zusehen, dass wir wegkommen«, drängelte Eva. »Wer weiß, vielleicht kommt die Pflegerin heute früher! Du darfst unbedingt erst nach ihr hier erscheinen.«
Seite an Seite gingen sie die Treppe hinunter. »Übrigens hast du vorhin einiges vergessen«, sagte Eva, als sie auf ihre Autos zusteuerten. »Bei deiner Aufzählung. Da war doch noch der ausgehängte Blumenkasten, der mich fast erwischt hätte. Und dann die gelösten Radmuttern an meinem Fahrrad! Damit hätte sie mich beinahe erwischt, wenn ich an dem Tag nicht zufällig meinen Helm getragen hätte. Teufel, war das knapp! Ich frage mich immer noch, wie die Frau eigentlich in unsere Garage gekommen ist.«
»Oh ja, sie war ein findiges Biest«, sagte Dr. Michael Blohm versonnen. »Jetzt kann sie uns das leider nicht mehr sagen.«
Eva schaute zur Uhr. »Was machen wir denn in der nächsten halben Stunde? Hier stehen bleiben können wir ja schlecht. Fahren wir noch eben nach Hause?«
»Ja«, sagte Michael Blohm, »fahren wir noch eben nach Hause. Ich mach dir auch einen Tee. Der wird dich beruhigen.«
Nachtragend
Uke Müller war nachtragend. Wenn es sich einer mit ihm verdarb, dann vergaß er es ihm nie. Da war er wie ein Elefant.
Uke war auch sonst einem Elefanten nicht unähnlich. Nur nicht so geschickt. Das Geschäft, das er in der Leeraner Altstadt eröffnet hatte, wäre vielleicht ganz gut gelaufen, wenn Uke nicht so ein Paddel gewesen wäre. Er bestellte nur Ware, die seinem Geschmack entsprach – meistens nur