Die letzte Kurve. Wildis Streng

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Die letzte Kurve - Wildis Streng

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auf ihre Figur und trieb Sport. Ihr war wichtig, gut auszusehen, hübsch zu sein. Und das nicht nur wegen Richard, nein, sie wollte mit sich selbst zufrieden sein. Ab und zu gab es trotzdem Kalorienbomben, so wie heute die selbstgemachten Serviettenknödel mit Rahmpilzen. Christine betrachtete den Korb mit den frischen Pilzen, die sie gesammelt hatte, und sog den erdig-würzigen Waldduft ein, die sie verströmten. Sie ging gern in den Wald zum Pilze sammeln, und sie kannte sich echt gut aus. Deshalb konnte sie einen Champignon von einem Knollenblätterpilz und einen Parasol vom giftigen Riesenschirmling unterscheiden. Und genau deshalb waren ihre Hände jetzt, als sie die Pilze vorsichtig mit der Bürste säuberte, ganz ruhig. Man durfte sie nicht abwaschen, denn auf diese Weise büßten sie auf jeden Fall Geschmack ein, und das wollte man ja nicht. Ganz ruhig war Christine, weil sie sich nicht im Mindesten fürchtete, weil sie keine Angst hatte, einen Fehler zu machen. Die Ausbeute war heute besonders groß und vielfältig gewesen, ihr langer Waldspaziergang hatte sich gelohnt. Sorgfältig bürstete sie einen Pilz nach dem anderen ab, Maipilze, Morcheln, Stockschwämmchen und viele mehr. Dann schnitt sie sie mit einem scharfen Messer in Scheiben, um sie anschließend in einer Pfanne mit zerlassener guter Butter anzubraten und schließlich zu einem würzigen Pilzgericht für sich und ihren Mann zu verarbeiten.

      Ostermontag

      Kriminalkommissarin Lisa Luft blätterte in der Samstagsausgabe des »Hohenloher Tagblatts«. Sie und ihr Kollege Heiko Wüst hatten sich inzwischen gut eingelebt in dem kleinen Einfamilienhäuschen in Tiefenbach bei Crailsheim mit schönem Garten, das sie zur Miete bewohnten. Heiko biss in sein Erdbeermarmeladenbrot – in Hohenlohe »Breschdlingsxälzbrood« genannt.

      »In Langenburg ist Ostermarkt«, erklärte Lisa und nahm einen Schluck aus der Kaffeetasse, während sie sich eine Strähne ihres langen blonden Haares aus dem Gesicht strich.

      Garfield, ihre rotgetigerte Katze, sprang auf ihren Schoß, richtete sich schnurrend dort ein und taxierte Heiko mit einem bösen Blick. Gedankenverloren streichelte Lisa die zuckenden Katzenohren. Sita, Heikos Rauhaardackel, bettelte winselnd um ein Stück Xälzbrood. Im Gehege in einer Ecke des Raumes scharrte Alfred, der Deutsche Riesenschecke, den sie bei ihrem ersten gemeinsamen Fall vom Sohn des Mordopfers bekommen hatten, energisch in der Einstreu. Er war heute schon ausgiebig gestreichelt worden, dabei legte er die eleganten nachtschwarzen Ohren immer eng an und duckte sich, um möglichst lang zu sein und viel Streichelfläche abzugeben. Inzwischen hatten Lisa und Heiko einige Mordfälle zusammen gelöst, und die Westfälin Lisa hatte die Hohenloher kennen und lieben gelernt – vor allem Heiko, mit dem sie seit zwei Jahren zusammenwohnte. »Und, was meinst du?«, hakte sie nach.

      Heiko, der immer noch kaute, ließ sein charakteristisches »Hm« vernehmen, ein Laut, der je nach Intonation wirklich alles ausdrücken konnte. Inzwischen war Lisa recht geübt im Verstehen der tatsächlichen Bedeutung dieser Lautäußerung, und dieses »Hm« klang wenig begeistert.

      »Ach, Bärchen, da ist es doch immer schön in Langenburg! Denk doch nur mal an die Gartentage!«, erklärte Lisa nun mit einem kleinen Lächeln.

      Heiko seufzte schwer. »Für Frauen vielleicht. Da kann man ja so gut einkaufen!« Heiko dachte mit Schaudern an seine Muswiesen-Erlebnisse, wo Lisa ihn zu stundenlangen Shopping-Exzessen gezwungen hatte. Anschließend hatte man tütenweise Zeugs mit heimgeschleift, das kein Mensch brauchte – die Krönung war eine Schaufel gewesen, die doppelt nutzlos war, weil jemand in ihr Blatt ein bezauberndes Gartenmotiv gelasert hatte und sie zudem völlig verrostet war. Das hässliche Ding steckte seit der letzten Muswiese in ihrem Beet und rostete fröhlich weiter vor sich hin. Witzigerweise fiel ihm gerade das Lied des Hohenloher Mundartsängers Kurt Klawitter ein, in dem er die Qualen der Männer während der »Langenburger Gartentage« besang. Wie überaus passend!

      »Wir müssen ja nichts kaufen!«, schlug Lisa vor, aber alles, was sie Heiko damit entlockte, war ein missbilligendes Schnauben. Ihr Zugeständnis war ganz einfach unglaubwürdig.

      »Ach komm schon, Bärchen.«

      Heiko aß den letzten Bissen seines Brotes, nicht ohne zuvor ein Stück in Sitas begeistert klappendes Hundemaul zu werfen. Er streichelte den glücklich kauenden Hund, dann gab er sich geschlagen: »Wenn es sein muss.«

      »Oder willst du lieber nach Bartenstein? Da ist auch Ostermarkt.«

      Heikos Miene hellte sich auf. »Ja, da ist Flohmarkt, das finde ich viel besser!«

      »Also gut, dann gehen wir nach Bartenstein«, zeigte sich Lisa kompromissbereit.

      »Bardastoa«, korrigierte Heiko.

      »Ja. Bahrtastooh.«

      Und keiner der beiden hätte gedacht, dass sie an diesem Tag letztendlich doch in Langenburg landen würden.

      Während Lisa und Heiko nach einer Weile auf der Landstraße durch Rot am See, Blaufelden und dann weiter in Richtung Schrozberg unterwegs waren, cruiste eine Gruppe Motorradfahrer, die zu den MFHC – den Motorradfreunden Hohenlohe-Crailsheim – gehörten, gerade auf der schmalen Landstraße, die sich an der Jagst entlangschlängelte. Sie ließen es ruhig angehen, keiner raste. Viel zu groß war die Euphorie über das wunderschöne Wetter, zu überwältigend die Landschaft. Sattgelb leuchtete der Löwenzahn auf den Uferwiesen, die Zweige der Weiden strahlten in grellem Hellgrün. Sie passierten Obstbaumwiesen, in Hohenlohe »Booma­ländle« genannt. Einige der knorrigen Baumbestände trugen nur zartgrüne Blätter, andere hingegen waren von Blüten überzogen wie von federleichten großen Schneekristallen. Einzelne dieser Blütenblätter regneten dann und wann auf die Motorradfahrer herab. Allerdings spürten sie die zarten Berührungen nicht, denn sie alle trugen Schutzkleidung, einige stylische Lederkluft, je nach Philosophie. Sie passierten die kleine Wirtschaft in Elpershofen, bogen rechts ab in Richtung Hürden und dann weiter nach Großforst, wo sie sich kein bisschen über die auf der angrenzenden Weide umherstolzierenden Strauße und die weidenden Lamas wunderten – die »Jagsttalranch« war einer ihrer beliebten Treffpunkte, und auch heute machten sie hier eine Pause, um einen Kaffee zu trinken und hervorragende Straußeneiwaffeln zu verzehren.

      »Unglaublich, jetzt wohne ich seit vier Jahren in Hohenlohe, aber hier war ich noch nie«, stellte Lisa fest, als sie dem BMW M3 entstieg, den Heiko entgegen aller Bedenken ihres Chefs Schorsch auch als Dienstwagen nutzte.

      Sita hüpfte begeistert aus dem Wagen, auch der Rauhaardackel schien sich über das schöne Wetter zu freuen. Heiko hatte das Auto an einer Straße geparkt, die zwar offiziell eine Landstraße war, auf der jedoch keine zwei Fahrzeuge aneinander vorbeikämen – beide mussten bei einer Begegnung auf das Bankett der von Obstbäumen gesäumten Straße ausweichen. Sie ließen die Scheunen eines Hofs links liegen und wanderten die Straße entlang, bis sie nach etwa 200 Metern zum Ortseingang gelangten. Leute kamen ihnen entgegen, die bereits auf dem Rückweg waren und die die typische Flohmarktbeute trugen – alte Bilder, Kleinmöbel, Lampen, Gruscht aller Art.

      »Wir waren schon ewig nicht mehr auf einem Flohmarkt«, fiel Heiko ein, als er seine Hand in Lisas schob. Es fühlte sich gut an, er war gern mit ihr zusammen. Und erst neulich hatte seine Mutter ihn wieder gefragt, wann er seine Lisa, diese Traumfrau, denn endlich heiraten würde. Aber Heiko war der Meinung, dass man das gar nicht unbedingt musste. Er liebte sie, und sie liebte ihn. Und zusammen mit den Tieren waren sie doch bereits jetzt eine kleine Familie. Das reichte vollkommen aus, dazu brauchte es keinen solchen Romantikkram. Und Lisa selbst verlor kein Wort darüber, deshalb nahm er an … Verdammt, jetzt hatte er nicht aufgepasst, und Lisa hatte ihn zu einem Tisch mit Schmuck gezogen, den sie ausgiebig studierte. Heiko wechselte einen Blick mit Sita, die dem Graffel wohl ebenso wenig abgewinnen konnte wie er.

      Lisas blaue Augen streiften hingegen die Art-Déco-Broschen. »Hübsch«, fand sie und langte nach einer, die ungefähr die Farbe ihrer blonden Haare hatte.

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