Der Fluch des Bierzauberers. Günther Thömmes
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Günther Thömmes
Der Fluch des Bierzauberers
Impressum
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2015 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75/20 95-0
Alle Rechte vorbehalten
8. Auflage 2020
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
E-Book: Mirjam Hecht
Umschlagbild: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart unter Verwendung eines Bildes von: © https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Eduard_Grützner_Brotzeit_1908.jpg
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart unter Verwendung des Bildes »Der König trinkt« von David Teniers d.J. / visipix.com
ISBN 978-3-8392-4896-6
Widmung
Dieser Roman ist allen Brauern
gewidmet, die auch in schlechten Zeiten
mit Leib und Seele
Bier gebraut haben,
heute brauen und
zukünftig brauen werden.
Einleitung
Der Dreißigjährige Krieg war eine Kette von Ereignissen, die in der europäischen Geschichte ohne Beispiel war und bis heute ist. Dieser Krieg, bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts ganz allgemein der ›Große Krieg‹ genannt, forderte auf deutschem Boden mehr Opfer als alle Kriege zuvor und danach. In manchen Regionen starben bis zu sechzig Prozent der Bevölkerung. Dies war umso dramatischer, als diesem Krieg von 1555 bis 1618 die längste Periode in der deutschen Geschichte vorausgegangen war, die man als ›Friedenszeit‹ beschreiben könnte. Leider hatten sich in dieser Zeit Spannungen aufgebaut und Bündnisse gebildet, die nur darauf warteten, sich im Krieg zu entfesseln. Die verheerende Kombination aus Krieg, unfassbarer Brutalität, Seuchen und Hungersnöten, verbunden mit fehlender Staatsgewalt und im ganzen Lande marodierenden Söldnerheeren sorgte dafür, dass mehr als nur eine Generation von diesem Krieg traumatisiert wurde, und diese Katastrophe, trotz vieler anderer fehlender Glücksmomente, bis heute mehr als alle anderen im kollektiven deutschen Gedächtnis hängen geblieben ist. Auch in die Historie des Bieres ist das 17. Jahrhundert als dunkle, um nicht zu sagen rabenschwarze Periode eingegangen. Mit dem Krieg wurden, durch die Zerstörung der Getreidefelder und Hopfengärten, den Bauern ebenso die Lebensgrundlagen entzogen wie den Brauern. Doch selbst in den finstersten Zeiten gab es immer Menschen, die sich nicht unterkriegen lassen wollten. Von diesen Menschen handelt dieser Roman.
G.T., im Herbst 2009
Keine Szene für Kleist
Homburg: Die Steuer ist, mein Fürst, zu hoch.
Kurfürst: Wenn Ihr, Herr Landgraf, nur ein einzig Mal mit Eurer gottverfluchten Brauerei in Weferlingen und der Steuer mit ins Zelt zu treten – Euch nochunterfängt – (Der Kurfürst ächzt vor Gicht)
Homburg:Ich wüsste nur zu gern, mein Fürst, wie die Canaille heißt, die gegen mich bei Euch hier intrigiert. Lebt wohl.
(Er humpelt hinaus)
(Aus: Herbert Rosendorfer: Der Prinz von Homburg)
Der Fluch
Ein letztes Mal erhob der alte Braumeister zitternd seinen einfachen, geschnitzten Krückstock und deutete anklagend auf den sehr viel jüngeren Regenten, der blass, aber gefasst auf seinem Thron saß. Nachdem so die leidenschaftliche, hasserfüllte Rede des Alten offensichtlich beendet war, herrschte plötzlich Schweigen im Thronsaal des Cöllner Schlosses.
Fassungsloses Schweigen.
Der alte hünenhafte Mann wusste mit Bestimmtheit, dass er soeben, hier und jetzt, sein Todesurteil unterzeichnet hatte.
Sein Dienstherr, der Prinz, stand neben ihm, hielt den Knauf seines silbernen Stocks so fest umklammert, dass die Adern auf der Hand hervortraten und kratzte sich mit dessen Ende verlegen am Stumpf des nicht mehr vorhandenen rechten Beines. Sein sonst so forsches, souveränes Auftreten war dahin. Er konnte nur noch hoffen, dass er nicht mit in den Strudel der Vergeltung hineingezogen werden würde, der diesem Eklat unweigerlich folgen musste.
Die Höflinge, die der skandalösen Tirade beigewohnt hatten, duckten sich, als hätten sie Angst, gleich vom Orkan einer Wutrede ihres Regenten hinweggefegt zu werden.
Die Soldaten der Leibgarde musterten sich gegenseitig, so als würden sie bereits untereinander abmachen, wer von ihnen dem Erschießungskommando zugeteilt werden würde.
Nur der Sohn des alten Mannes, der Jüngste in der kleinen Gruppe, die vor dem Thron stand, schaute mit Besorgnis zu seinem Vater hinüber. Sein Herz bebte und er hoffte inständig, der Regent möge Gnade walten lassen und seine Familie nicht zerstören.
Der Fürst erhob sich von seinem Thron. Einige Anwesende räusperten sich aus Verlegenheit. Mit herrischer Geste gebot der Fürst zu schweigen.
Dann öffnete er den Mund und begann, den Saal mit seiner Stimme zu füllen, lautstark, wohlüberlegt und mit ausdrucksstarken Gesten; es war eine Rede, von der alle ahnten, dass sie ein grausames Ende für den alten Mann einleiten würde.
Und hätte eine gnädige Vorsehung dies nicht verhindert, wäre es auch genau so gekommen …
Erster Teil: Cord und Magdalena im Großen Krieg – 1631 bis 1652
1.
Ein kalter Regen, in den sich noch letzte Reste von Schnee mischten, fiel auf Magdeburg nieder und sorgte dafür, dass die Menschen in den Häusern blieben. Der Brauherr Cord Heinrich Knoll stand in seiner Braustube und verfluchte einmal mehr sein Schicksal, in dieses Jahrhundert hineingeboren worden zu sein.
Seit vier Generationen schon hatte seine Familie das Brauhaus in der Magdeburger Krockentorgasse betrieben, genau zwischen dem Stadttor und der Kirche St. Jakob gelegen, aber nie war es so schwer gewesen wie in dieser Zeit. Sieben Mäuler – sich eingeschlossen – hatte er zu stopfen mit dem, was sein Brauhaus eintrug.
Denn neben dem reinen Kampf ums Überleben hatte er obendrein