Tödliche K. I.. Markus Warken

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Tödliche K. I. - Markus Warken

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zwang sich, ruhig ein- und auszuatmen. Sich mit diesem Widerling zu streiten, war völlig sinnlos, aber seine Wohnung brauchte sie – zumindest bis auf Weiteres.

      »Wieso Schufa?«, fragte sie. »Seit wann schickt die von sich aus Auskünfte? Da muss man nachfragen.«

      »Sie scheinen sich ja bestens auszukennen, Fräulein Loewe.«

      Jana biss die Zähne zusammen und atmete tief ein, um nichts Übereiltes zu sagen. »Wenn Sie einverstanden sind«, erwiderte sie beherrscht, »bringe ich die Miete an jedem Monatsersten vorbei. In bar.«

      Lehmann sah sie herablassend an.

      »Die schuldige Miete und das Geld für den kommenden Monat könnte ich Ihnen sofort geben.« Sie zog ihren Geldbeutel hervor und nahm ein Bündel kleiner Scheine heraus. Lohn und Trinkgeld von neun langen Abenden im »Fàilte!«.

      Lehmanns Augen flammten gierig auf. »Man ist ja kein Unmensch«, sagte er und machte dabei eine ausladende Geste, als ob er Jana einen großen Gefallen täte und seine eigene Großzügigkeit ihm ein unergründliches Rätsel sei. »Also gut, Barzahlung am Ersten. Und die Miete für den kommenden Monat sofort.« Fordernd streckte er Jana seine Hand entgegen.

      »Nicht, dass ich Ihnen misstrauen würde«, entgegnete Jana honigsüß und drückte die Scheine an sich, »aber dieses … dieses Missverständnis lehrt mich, dass ich es in finanziellen Dingen an keiner Sorgfalt mangeln lassen darf. Sicher können Sie mir eine Quittung geben?«

      Lehmann stutzte. »Moment«, schnarrte er und knallte die Haustür hinter sich zu. Kurz darauf kam er mit einem Quittungsblock zurück, füllte das oberste Blatt aus und riss es ab. Wortlos tauschten sie Geld gegen Quittung. Lehmann deutete ein Nicken als Verabschiedung an und schlug hinter sich die Tür zu.

      »Geldgieriger Blockwart«, fauchte Jana und machte sich auf den Weg zurück zur Hertzstraße.

      Mit jedem Schritt verrauchte ihr Ärger über Lehmann mehr, sodass die Sorge über den Schufa-Eintrag und das überzogene Konto die Oberhand gewann. Was ging hier vor sich? Wer hatte sie bei ihrem Vermieter angeschwärzt? Wer hatte überhaupt ein Interesse daran, sie anzuschwärzen? Wie konnte es sein, dass ihr Konto um über 4.000 Euro überzogen war? Sie fühlte sich wie in einem schlechten Film. Zu Hause angekommen ließ sie ihre Jacke auf den Dielenboden gleiten und sich selbst wenige Schritte später auf ihr Bett fallen. Eine Zeit lang lag sie da, alle Viere von sich gestreckt und starrte die Decke an. Nie in ihrem Leben hatte sie sich so einsam gefühlt. Jana fröstelte. Sie musste reden. Schließlich zog sie ihr Telefon aus der Tasche. Nach dem zweiten Klingeln meldete sich die vertraute Stimme.

      »Tante Greta«, flüsterte Jana, »ich weiß nicht, ob ich unter Verfolgungswahn leide.«

      Jana telefonierte über zwei Stunden mit ihrer Tante. Danach ging es ihr besser. Sie litt nicht unter Verfolgungswahn, sondern die Bank hatte ihr Computersystem nicht im Griff oder irgendjemand musste sich einen üblen Scherz mit ihr erlaubt haben. Gemeinsam mit ihrer Tante war sie ihren Kontoverlauf durchgegangen, und sie hatten festgestellt, dass ihr Konto 4.000 Euro im Minus war, weil es zwei Abbuchungen zu je 2.500 Euro gegeben hatte. Schon Anfang September! Wobei sie ganz sicher seit den angegebenen Buchungsdaten mehrmals ihr Konto geprüft hatte, natürlich ohne Kontoauszüge zu drucken. Wer tat so etwas heute noch? Eine der beiden Abbuchungen ging an ein Konto auf den Namen Angela Merkel, die andere an eines auf Frank-Walter Steinmeier, beide mit dem Betreff ›Nachhilfe‹.

      ›It is our pleasure to serve our customers – Coral Reef Bank, Bahamas‹, stand darunter. Laut Google gab es jedoch gar keine Bank dieses Namens, und die Suche mit der Bankleitzahl ergab ebenfalls keine Treffer. Jana buchte sich erneut online in ihr Bankkonto ein, diesmal mit dem Rechner, um besser arbeiten zu können. Sprachlos las sie zum zweiten Mal, dass die Septembermiete am 3. des Monats rückgebucht und die Überweisung der Oktobermiete wegen fehlender Kontodeckung nicht ausgeführt worden sei. Ebenfalls am 3. September gingen die ominösen Zahlungen für Nachhilfe ab. Wenigstens hatte Lehmann die Miete nicht doppelt bekommen. Nach einigem Suchen fand sie den Menüeintrag »Lastschrift rückbuchen«. Sie klickte ihn an, aber nichts passierte. Der Menüpunkt war ausgegraut!

      »Welch eine Freude, Bankgeschäfte online zu erledigen«, knurrte Jana sarkastisch und wählte die Nummer der nächstgelegenen Filiale.

      »Einer Lastschrift widersprechen können Sie ausschließlich schriftlich«, erfuhr sie. »Kommen Sie bitte in der Filiale vorbei und füllen Sie das entsprechende Formular aus. Gegen eine geringe Gebühr buchen wir bei erfüllten Voraussetzungen zurück.«

      »Vielen Dank«, presste Jana hervor und legte auf.

      Sie stand auf, zog ihren Mantel an, warf die Wohnungstür hinter sich ins Schloss und stürmte los zur Bankfiliale. In dem kleinen Schalterraum langweilten sich drei Angestellte, als Jana eintrat. Zwei saßen hinter Schaltern, der Dritte stand mitten im Raum.

      »Sie kommen wegen der Rückbuchung«, sprach sie der Stehende an, bevor sich die automatische Tür hinter ihr geschlossen hatte. Er war Ende 30, hatte einen dicken Schnurrbart und ausgeprägte Geheimratsecken. Der Mann war einen Kopf kleiner als Jana und seine Körperrundungen deuteten an, dass er jede Form von Hektik verabscheute.

      »In der Tat«, bestätigte Jana und atmete tief aus. »Wieso wird so etwas überhaupt ausgeführt? Es glaubt sicherlich kein Mensch, dass die Kanzlerin und der Bundespräsident mir Nachhilfe geben!«

      »Ich verstehe ihren Ärger, Frau …?«

      »Loewe.«

      »Koslowski. Ich bin der Filialleiter. Eine Bank kann nie sicher sein, dass Dritte die Zustimmung haben, um Geld per Lastschrift einzuziehen. Es obliegt vielmehr der Sorgfalt des Kontoinhabers, die Bewegungen auf seinem Konto zu kontrollieren und gegebenenfalls innerhalb der gesetzlichen achtwöchigen Frist Widerspruch einzulegen.«

      Jana schwoll der Kamm. Eine unfreundliche Bemerkung lag ihr auf der Zunge.

      Der Filialleiter war entweder erboste Kunden gewohnt oder nahm ihre Erregung nicht wahr. Jedenfalls sprach er ungerührt weiter: »Wir führen jeden Lastschriftauftrag bis zur Erschöpfung des Dispokredits aus. Folgen Sie mir bitte in mein Büro, Frau Loewe.«

      Er ging voraus zu einer Tür neben den Schaltern, die er Jana aufhielt, wobei er gleichzeitig auf einen Stuhl vor einem Schreibtisch deutete. Jana betrat den kahlen Raum und nahm Platz. Koslowski setzte sich ihr gegenüber.

      »An Kanzlerin und Bundespräsident, sagen Sie. Da hat sich wohl jemand einen Scherz erlaubt.«

      »Ich kann nicht darüber lachen«, entgegnete Jana erleichtert, dass sie ihr Geld umstandslos zurückbekam. Hatte sie wirklich in den letzten acht Wochen ihren Kontoverlauf geprüft oder bildete sie sich das nur ein? Schließlich hatte sie viel um die Ohren und die einzige alternative Erklärung wäre, dass irgendjemand ihre Daten im Zentralcomputer der Bank manipuliert hatte. Koslowski danach zu fragen war sinnlos. Seine Antwort konnte sie sich ausmalen und nüchtern betrachtet war es absurd, dass jemand eine Bank hackt und dann nur einer Studentin einen Streich spielt. Zerknirscht gelobte sie sich selbst, zukünftig sorgfältiger zu sein. Wenige Minuten später verließ sie die Filiale, nachdem sie noch etwas Geld abgehoben hatte, um wieder flüssig zu sein. Vor der Tür googelte sie mit ihrem Smartphone die nächste Polizeiwache. Sie musste nach Pankow. Zum Glück fuhren regelmäßig Busse dorthin. Dennoch kostete es sie 30 Minuten, bis sie auf der Wache ihre Anzeige aufgeben konnte.

      »’ne Bank uff die Bahamas, sagen Se«, berlinerte der Beamte kopfschüttelnd. »Ick gloobe nich, dat wir von denen ’ne brauchbare Auskunft bekommen können. Wär dat erste Mal. Det

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