Begraben in Wuppertal. Jürgen Kasten

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Begraben in Wuppertal - Jürgen Kasten

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      Jürgen Kasten

      Begraben in Wuppertal

      Kriminalroman

      Zum Buch

      Dem Mythos auf der Spur Chefermittler Fiebig hält nichts vom Hype um das Bernsteinzimmer, das sich angeblich im Höhlensystem unter der Parkanlage Hardt in Wuppertal befinden soll. Wuppertals Oberstadtdirektor Dr. Schaumlöffler genießt hingegen das mediale Interesse an der Schatzsuche. Erst als die Nachforschungen zu lange dauern, untersagt er weitere Aktivitäten. Doch davon lässt sich der Hobby-Historiker Kotthausen nicht abbringen. Als er versucht, nachts in eine Höhle einzubrechen, wird auf ihn geschossen. Am Tatort werden Spuren gefunden, die in Verbindung zu alten, bisher ungelösten Mordfällen stehen. Fiebig, seine Kollegin Elke Fassbender und der Journalist Lars Lombardi versuchen, in Wuppertal und im Bergischen Land, in Dresden, Leipzig und sogar in Tschechien Puzzelsteinchen zusammenzufügen, bis sie den Täter zu kennen glauben. Doch der scheint ein Phantom zu sein. Eine rätselhafte Suche auf den Höhen und in den Tiefen Wuppertals beginnt, die Fiebig zu überfordern scheint.

      Jürgen Kasten wurde in Berlin geboren, wuchs im Ruhrgebiet auf und lebt nun bereits viele Jahre in Wuppertal. Während seiner beruflichen Laufbahn bei der Polizei hat er Umwelt- und Korruptionsdelikte bearbeitet, war Leiter von Mordkommissionen und zuletzt Chef des Kommissariats für Tötungs- und andere Gewaltdelikte. Seit 2007 ist er Mitautor des Kulturmagazins musenblaetter.de, veröffentlichte Kurzgeschichten und Kriminalromane. Er ist im Schriftstellerverband Bergisches Land aktiv und Mitglied des »Syndikat«. »Begraben in Wuppertal« ist sein zweiter Kriminalroman im Gmeiner-Verlag.

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      Alle Rechte vorbehalten

      2. Auflage 2020

      Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung eines Fotos von: © hespasoft / stock.adobe.com

      ISBN 978-3-8392-6598-7

      Prolog

      »Boah, du nervst!«, schrie Sarah ihrer Mutter entgegen. »Ich hau ab!«

      Die Mutter rührte sich nicht. Sie lag auf der Couch, das Gesicht mit einem Handtuch abgedeckt. Im Hintergrund dudelte ein Radio.

      »Mach doch«, murmelte sie schwach. Sie war nicht in der Lage, ihrer 14-jährigen Tochter mehr entgegenzusetzen. Am liebsten wäre sie gestorben. Wieder einmal. An diesem 28. April 2001 starb stattdessen Evelyn Künneke. Die Nachricht drang zu Sarahs Mutter durch, weil gleich darauf »Hoppe, Hoppe Reiter« angespielt wurde. Das Lied erinnerte sie immer schmerzhaft an ihren geliebten, früh verstorbenen Vater. Evelyn Künneke hatte es 1995 noch einmal als Techno-Version aufgenommen. Tränen schossen ihr in die Augen. Ihre Gedanken hingen fast nur noch in der Vergangenheit. Dass sie eine ausgeprägte Depression hatte, wollte sie nicht wahrhaben. Professionelle Hilfe nahm sie nicht in Anspruch. Lieber griff sie zu Tabletten, die allerdings nicht halfen. Im Laufe der Zeit hatte sich deshalb außerdem eine Medikamentenabhängigkeit eingeschlichen.

      *

      Sarah fühlte sich alleingelassen. Einen Vater gab es in ihrem Leben schon lange nicht mehr. Die 14-Jährige war nicht in der Lage, den Zustand ihrer Mutter richtig einzuordnen, geschweige denn, ihr zu helfen. Sie hatte ihre eigenen Probleme. Ihre Mutter fand sie nur nervig. Genauso wie den kauzigen Nachbarn Kotthausen, ein Lehrer, der ihr gelegentlich Nachhilfestunden gab. Das half ihr zwar einigermaßen, in der Schule über die Runden zu kommen, ob sie aber die achte Klasse auf der Realschule Berghauser Straße erfolgreich beenden würde, blieb zweifelhaft. Die lange Liste ihrer Fehlstunden könnte das noch verhindern. Daran dachte Sarah aber gar nicht. Ihr war das alles reichlich egal. An diesem Samstag spielte das ohnehin keine Rolle.

      Sie haute nicht das erste Mal von zu Hause ab. Meistens griff man sie in Solingen wieder auf. Die Nachbarstadt war ihr liebstes Ziel, lieber als das verschlafene Cronenberg. Dort traf sie Gleichgesinnte, die ähnliche Probleme hatten wie sie. Von denen fühlte sie sich verstanden.

      Das Turmzentrum und der Platz vor dem Karstadt hatten es ihr angetan. Dort traf man sich. Entwurzelte Jugendliche, Obdachlose und Fixer. Manchmal blieb sie mehr als einen Tag verschwunden. Ein Schlafplatz fand sich immer irgendwo bei irgendwem.

      An diesem 28. April 2001 meinte es das Schicksal nicht so gut mit ihr. Es regnete, ein unangenehmer Wind blies, vergeblich schaute sie sich nach einem bekannten Gesicht um. Überdies war sie auf der Hinfahrt im City-Express kontrolliert worden. Sie besaß keine gültige Fahrkarte und hatte zwei Stationen vor dem Busbahnhof am Turmbau aussteigen müssen.

      »Die Anzeige wegen Schwarzfahrens kommt schriftlich«, hatte ihr der knurrige Kontrolleur mit auf den Weg gegeben.

      Eine Zeit lang stand sie unschlüssig herum, hatte sich vor dem Regen in den Eingangsbereich des Karstadt zurückgezogen. Niemand in der Nähe, von dem sie eine Zigarette schnorren konnte. Zögernd überquerte sie schließlich die Straße, um in den Fußgängerbereich der City zu wechseln. Neben ihr hielt ein roter Wagen. Die Beifahrertür wurde aufgestoßen und eine bekannte Stimme rief: »Sarah, steig ein, ich fahr dich nach Hause.«

      Erschrocken zuckte sie zusammen. Scheiße, sie kannte den Typen. Erst wollte sie ihn ignorieren und wegrennen. Doch ihr fiel ein, dass er sie bestimmt beim Amt anschwärzen würde. Schon beim letzten Mal hatten die gedroht, sie in ein Heim zu stecken. Dann doch lieber nach Hause, zurück zur Psycho.

      Sie stieg ein. Er grinste sie an. Wenigstens saß sie nun im Trockenen, aber er sollte ja nicht wieder versuchen, sie zu befummeln. Diesmal wäre sie gewappnet.

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