Schwester! Können Sie mal eben kommen?. Daniela Triebsch

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Schwester! Können Sie mal eben kommen? - Daniela Triebsch

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es Missstände in der pflegerischen Versorgung gibt, ist nichts Neues. In den Medien wurde bereits darüber berichtet. Die Frage ist jedoch, wie es dazu kommt und vor allem was dagegen getan werden kann. Positive Entwicklungen kann es nur geben, wenn alle aktiv werden. Damit meine ich in erster Linie an der Pflege und Betreuung beteiligte Personen, aber auch die Gesellschaft und Politik. Und das muss passieren – jetzt! In diesem Buch zeige ich konkret auf, was zu tun ist, um die Pflegesituation zu verbessern und neu zu denken. Unbekannte und auch manchmal unbequeme Wege zu gehen, ist nicht einfach, jedoch notwendig, um erwünschte Veränderungen zu erzielen. Ich gehe darauf ein, was sich auf politischer Ebene bisher getan hat. Gesetze, aber auch wissenschaftliche Erkenntnisse versuche ich auf verständliche Weise zu erläutern. Es reicht nämlich nicht aus, nur die eigene Situation zu betrachten. Der Blick über den Tellerrand hinaus ist wichtig!

      Auch Ihre Gesundheit ist in diesem Buch ein Thema, denn diese hat oberste Priorität. Ich möchte Ihnen zeigen, was Sie als Pflegekraft für Ihr Wohlergehen tun können.

      Als Altenpflegerin und Pflegewissenschaftlerin habe ich fast 20 Jahre Erfahrung in der Pflegebranche. Unterschiedlichste berufliche Stationen und Positionen geben mir ein realistisches Bild über die Pflegepraxis und -theorie. Durch regelmäßige Gespräche mit pflegebedürftigen Menschen, deren Angehörigen, Personen aus der Pflege und Betreuung, Entscheidungsträgern und Wissenschaftler*innen ist mir die Pflegesituation und die damit verbundene Problemlage bestens bekannt. Mit meinem Know-how und einem realistischen Blick habe ich dieses Buch für Sie geschrieben.

      Ziel des Buches ist es, Sie mit 111 Tipps zu neuen Denkmustern anzuregen und Sie zu überzeugen, in die richtige Richtung aktiv zu werden, um die Herausforderungen in der Altenpflege zu meistern – damit gute Pflege in unserer Gesellschaft endlich sichergestellt wird. Denn ohne Sie geht es nicht!

      Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und möglichst zahlreiche Aha–Momente. Besuchen Sie auch gern meine Webseite www.pflege-staerken.org oder schreiben Sie mir: [email protected]

      1 Der Verlag an der Ruhr legt großen Wert auf eine geschlechtergerechte und inklusive Sprache. Daher nutzen wir bevorzugt das Gendersternchen, um sowohl männliche und weibliche als auch nichtbinäre Geschlechtsidentitäten einzuschließen. Alternativ verwenden wir neutrale Formulierungen.

       (Fehl-)Entwicklungen in der Pflege

      Viele von uns sind in irgendeiner Form mit dem Thema Pflege konfrontiert – sei es in der Familie, der Nachbarschaft oder im Freundeskreis. Oder aber wir übernehmen die direkte Pflege unserer Angehörigen oder in Anstellung im Gesundheitswesen. Dabei nehmen wir wahr, dass die Pflege in Deutschland im Krankenhaus sowie ambulant und stationär nicht sichergestellt ist. Tausende von pflegebedürftigen Menschen erhalten nicht die Unterstützung, die notwendig wäre. Was heißt das im Extremfall? Die Betroffenen haben Schmerzen, leiden unter Folgeerkrankungen, leben isoliert, vegetieren vor sich hin und sterben frühzeitig – allein.

      Natürlich gibt es Pflegeinstitutionen, bei denen alles optimal verläuft. Aber wäre das der Regelfall, würde ich dieses Buch nicht schreiben. Es gibt in der Tat viele pflegebedürftige Menschen, denen es aufgrund mangelnder pflegerischer und medizinischer Maßnahmen schlichtweg schlecht geht. Und wir wissen das! Das ist ja nicht erst seit gestern so, die Situation hat sich über Jahre hinweg zugespitzt. Wie konnte so etwas passieren?

      Die demografische Entwicklung trägt natürlich dazu bei. Geburtenstarke Jahrgänge werden alt, jedoch älter, als man damals erahnte. Die Lebenserwartung steigt. Damit verbunden ist das Auftreten verschiedener Krankheitsbilder, wie demenzieller Entwicklungen. Daher brauchen viele ältere Menschen Pflegekräfte, die sich um diese kümmern.

      Da unsere momentan arbeitende Gesellschaft jedoch zu den geburtenschwachen Jahrgängen zählt, liegt das Problem des Fachkräftemangels auf der Hand und bezieht sich nicht nur auf die Pflegebranche. Da sind wir auch schon bei der nächsten Herausforderung – dem Wettbewerb. Jedes Branchenfeld versucht mit unterschiedlichsten Mitteln, potenzielle Fachkräfte an Land zu ziehen – außer der Pflege, die in diesem Bereich ziemlich zurückhaltend ist. Beachten Sie zudem, dass viele Pflegekräfte kurz vor dem Renteneintritt stehen. Diese fehlen im pflegerischen Alltag.

      Weitere Entwicklungen haben in der Vergangenheit zum Pflegenotstand beigetragen. Seit Einführung der Pflegeversicherung wird die Pflegebedürftigkeit und der damit einhergehende Unterstützungsbedarf den Pflegegraden, früher Pflegestufen, zugeordnet. Je höher der Pflegegrad, desto mehr Geld gibt es für die pflegerische Versorgung. Die Pflegekassen sind für die Leistungen der Pflegeversicherung zuständig. Die Begutachtung wird durch beauftragte Prüfer*innen der Kranken- oder Pflegekassen durchgeführt.

       Tipp 1: Legen Sie bei einer Begutachtung durch den MDK den Unterstützungsbedarf der pflegebedürftigen Person detailliert dar.

      Ansonsten besteht die Gefahr, dass diese zu niedrig eingestuft wird. Es passiert immer wieder, dass pflegebedürftige Menschen zu niedrig eingestuft werden.

      In vielen Fällen ist ein Widerspruch für die Eingraduierung unumgänglich. Das Geld, das von der Pflegeversicherung ausgezahlt wird, reicht in der Regel nicht aus, um die Versorgung eines pflegebedürftigen Menschen zu finanzieren. Die Pflegebedürftigen und deren Angehörige müssen für den Rest aufkommen, sofern möglich. Und hier geht es nicht um ein paar Hundert Euro. Für die stationäre Langzeitpflege müssen die Betroffenen tief in die eigene Tasche greifen.

      Da der Grundgedanke der Pflegegrade „Je höher der Grad, desto mehr Geld“ lautet, profitieren Pflegeeinrichtungen eher davon, wenn sie möglichst viele Menschen mit hohem Pflegegrad versorgen. Der Anreiz zur aktivierenden und qualitativ hohen Pflege ist damit, aus wirtschaftlicher Sicht, nicht gegeben. Schlechte Pflege wird in diesen Fällen belohnt!

      Je nach Anzahl der Pflegegrade wird der Einsatz des Personals berechnet. Unverständlicherweise gibt es, je nach Bundesland, unterschiedliche Vorgaben. Insgesamt kann jedoch gesagt werden, dass der Personalschlüssel zu gering ist. In Deutschland ist eine Pflegekraft für viel mehr pflegebedürftige Menschen zuständig als in anderen Ländern, wie z. B. in den USA, der Schweiz oder den Niederlanden. Das führt zu einer Überforderung der Pflegenden und zu mangelhafter Pflege.

      Ein neues, auf Pflegequalität ausgerichtetes, bundeseinheitliches und wissenschaftlich fundiertes Personalbemessungsverfahren ist dringend notwendig. Ein solches wird derzeit konzeptionell erprobt. Ich bin jedoch wenig optimistisch, dass es in naher Zukunft eine Regelung gibt, mit der Pflegende und pflegebedürftige Menschen zufrieden sein können.

      Die Diagnosis Related Groups (DRG) wurden 2003 im Gesundheitssektor etabliert. Die Krankenkassen zahlen für bestimmte Diagnosen ein Grundgeld, zudem ist der Behandlungszeitraum festgelegt. Wenn jemand etwas länger für das Auskurieren einer Krankheit benötigt, ist das persönliches Pech.

      Die betroffene Person wird entlassen, auch wenn sie sich noch nicht gesund fühlt oder gesund ist. Eine längere Verweildauer würde den Krankenhäusern kein Geld einbringen. Von einer individuellen und qualitativen Versorgung kann hier nicht gesprochen werden!

      Jedoch leiden nicht nur die zu versorgenden Menschen und Angestellten im Krankenhaus darunter, sondern auch die Pflegenden in der stationären Langzeitpflege. Diese haben nun Personen zu versorgen, die eigentlich eine Akutversorgung benötigen. Die Versorgung verlangt zudem nicht nur hohe fachliche Kompetenzen, sondern auch Zeit und entsprechend mehr

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