DU BIEST BRINGST MICH UM. Klaus Rose
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Und das war das Problem, denn meine Huldigungen führten dazu, dass sich Karla wie eine Königin fühlte. Ich hatte sie auf einen Sockel gestellt und ihr die gewünschten Lobeshymnen geliefert. Dass das naiv und unbedarft war, wollte ich partout nicht einsehen.
Karla war demnach keine gute Fee aus einem Bilderbuchmärchen, sondern eine Frau mit Haken und Ösen. Ihre Ansprüche an mein Verständnis für sie, die waren total überzogen. Unsere Vorstellungen von der Liebe klafften wie unterschiedliche Weltwirtschaftssysteme auseinander. Und da das so war, hätte mir oft der Kragen platzen müssen.
„Rutsche mir den Buckel runter. Denke ja nicht, dass ich auf dein verwerfliches Spiel eingehe.“
Genau das hätte ich sagen müssen, war sie mit ihrer Herabwürdigung mal wieder zu weit gegangen. Ich aber hatte klein beigegeben und mich ergeben, ja, ich hatte sogar resigniert. Wo war mein Stolz abgeblieben?
Den hatte Karla systematisch untergraben. Aber kann ich der hübschen Frau ankreiden, sie hätte den Beziehungskollaps wissentlich verursacht? War Karla wirklich so hinterhältig?
Na ja, hinterhältig wäre übertrieben, ganz so verwerflich war Karla dann doch nicht, obwohl sie mit ihrer Vorgehensweise die Zerstörung meines Liebestraumes bewirkt hatte.
Jedenfalls war es so gekommen, wie es nach dem Trennungsspektakel kommen musste. Die Turbulenzen mündeten in ein Aufbäumen meinerseits, aber leider auch in die Kälte meiner Gefühle, und die richtete sich gegen alle Frauen, auch gegen die, die mich bewunderten.
Besonders zwei verwundete Opferlämmer können ein trauriges Lied darüber singen, denn sie waren die Leidtragenden an der Geschichte. Sie machten schmerzvolle Erfahrungen mit mir, also mit einem Mann, der von seiner Verzweiflung aufgefressen wurde.
Doch das Thema auszubreiten würde zu weit führen. Dazu später mehr. Ich werde den Verwicklungen nicht vorgreifen.
Fest steht jedenfalls, und dazu gibt es keine zwei Meinungen, dass mich meine Liebe zu Lena aus meiner Lebenskrise herausgeholfen hat. Aber bin ich mir meiner Gefühle so sicher? Bin ich tatsächlich über meine Zuneigung zu Karla hinweg?
Beim Nachdenken darüber gerät mein Blutdruck in Wallung. Auch jetzt, rund dreißig Jahre nach dem Beziehungstaumel, spüre ich das Verlangen nach Karlas anschmiegsamem Körper und ihren Zärtlichkeiten, aber auch den Zorn durch meine Adern fließen.
Um Himmels Willen. Das darf doch nicht wahr sein. Liebe das Satansweib immer noch?
Es ist an der Zeit, meinem unbelehrbaren Gefühlszustand auf den Grund zu gehen, prompt beschäftigt mich eine geniale Eingebung: Die Jahre des Wahnsinns mit dem Vamp und die Qualen für mein Herz schreibe ich mir von der Seele.
Jawohl, ich verfasse einen Rechenschaftsbericht über Karlas und meine Unzulänglichkeiten. Das Versickern der Quelle an einst sprudelnde Gefühle gilt es zu verhindern, daher werde ich analysieren, was das Liebesband durchtrennt hat, und wodurch die grenzenlose Liebe so unverhofft ins Grab gelegt wurde.
Dass das für mich unangenehm werden kann, darüber darf ich mir nichts vormachen, vor allem dann, sollte meine Schuldfrage eine übergeordnete Rolle spielen. Trotz allem ist die Idee phänomenal. Eine bessere hatte ich lange nicht mehr.
Durch die Aufarbeitung stehe ich lichterloh in Flammen, denn ich brenne auf die Widergabe der Liebesquerelen, obwohl ich durch dessen Wirren an eine Schmerzgrenze stoßen könnte. Vielleicht helfe ich von ähnlichen Kapriolen Betroffenen durch eine Veröffentlichung bei deren Rettungsversuchen, und so mancher Leidtragende zieht seinen Nutzen aus dem Liebesgefecht?
Mein Ziel ist klar umrissen. Ich werde mich an den Computer setzen und einen Roman über die des Nachdenkens würdige Dramaturgie der gescheiterten Liebe verfassen. Dessen einzigartige Verquickungen, mit denen mir Karla den Verstand geraubt hatte, bringe ich als Vergangenheitsbewältigung zu Papier.
Dann soll es so sein, denn ich bin gewappnet. Inzwischen habe ich den nötigen Abstand zu meinem Schicksalsschlag und stürze mich bedenkenlos in mein persönliches Waterloo. Und um dessen Bedeutung zu durchleuchten, bedarf es einer Zeitreise.
Erinnern Sie sich an die achtziger Jahre? Nicht mehr so gut?
Nun gut, dann helfe ich Ihnen auf die Sprünge, denn es war der 26. April des Jahres 1986, an dem sich die verhängnisvolle Tschernobyl-Katastrophe ereignete, und der Atomunfall hatte die westliche Welt erschüttert.
Folgerichtig mache ich einen Sprung in den Herbst des abscheulichen Jahres. In der Aachener Region war als einzige Maßnahme der Sand auf den Spielplätzen ausgetauscht worden, nichtsdestotrotz tat die Politik, als wäre Tschernobyl ein Fliegenschiss.
Auch ich war Politiker als Stadtrat der Grünen, daher machte ich das Todschweigen des Debakels nicht mit und sorgte für mächtig Rabatz. Zum festen Bestandteil meiner Kleidung gehörte der Sticker: Atomkraft - nein danke.
Schon damals hatte mich mein Bein durch den Knochenfraß außer Gefecht gesetzt, doch leider war ich ein Bruder Leichtfuß, denn mir fehlte als freier Mitarbeiter die Krankenversicherung als Lebensgrundlage, also war das Finanzdesaster vorprogrammiert.
Und obwohl ich mich gewaltig nach der Decke gestreckt hatte, war ich auf keinen grünen Zweig gekommen. So hatte ich, aus der Not geboren, mit meiner kurzfristigen Arbeitsaufnahme das Ende des Geldproblems eingeläutet, daher hockte ich nach sechswöchiger Pause wieder am Arbeitsplatz in Herberts Umweltbüro.
Meine Aufgabe zum Einstieg bestand aus der Kontrolle langweiliger Koordinatenreihen, weswegen ich ärgerliche Laute von mir gab.
„Ich hasse Schlampereien, liebe Kollegen. Die Flüchtigkeitsfehler waren sicher vermeidbar.“
Um mich zu beruhigen, wechselte ich die Kühlkompresse über meinem Unterschenkel, doch das ohne die gewünschte Wirkung, denn mein Unmut hatte sich in mir festgefressen.
„So bitte nicht, werte Kollegen“, schnauzte ich rückhaltlos. „Erledigt den Krempel gefälligst allein.“
In mir brodelte es, wie in einem Wasserkessel vor dem erlösenden Pfiff, als mein Chef Herbert den Kopf durch die einen Spalt geöffnete Tür steckte und sich räusperte: „Mensch, Georg. Hör auf mit dem Herumkrakeelen.“
Er lächelte verschmitzt.
Dann fragte er mich, wobei er sich die viel zu dominantgeratene Nase rieb: „Liegt deine miese Laune an deinem Bein, oder ist dir ist eine andere Laus über die Leber gelaufen?“
Der unrühmliche Herbst übte seinen feuchten Abgang. Es war das Wetter zur Flucht in den sonnigen Süden. Doch das nicht für mich, denn die mit Spannung erwartete Bundestagswahl ‘87 warf unübersehbare Schatten voraus. Eine Armee an Parteifratzen ohne politische Aussagekraft hing auf zig Plakatwänden überall im Stadtbild herum.
Zerknirscht starrte ich durchs Bürofenster auf einen Regenbogen. Und das tat ich in dem Büro, das in einem heruntergewirtschafteten Anbau mit vor Nässe triefenden Wänden angesiedelt war. Durch die Feuchtigkeit wellten sich die Planunterlagen, außerdem entsprach nur die Zeichenmaschine dem gehobenen Fortschritt. Der Computer befand sich damals in der Entwicklung. Aber auch der Anblick kahler Bäume vor den Fenstern hellte das Gesamtbild nur unwesentlich auf. Und obwohl ich im Umweltschutz