Omnipotens. Thorsten Klein

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Omnipotens - Thorsten Klein PSYCHE

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„Unbedingt. Ich nehme an, du wirst weiterhin ein Auge auf dein Hätschelkind Peta haben?“

       „Ich verhätschele niemanden. Verhätschelt habt ihr ihn. Ich werde dafür sorgen, dass er sich immer der Schlechtigkeit des Lebens allgemein und der Schlechtigkeit der Menschen im Besonderen bewusst ist. Nur so kann man die zu Besserem bringen.“

       „Gib ihm auch die Möglichkeit, eigene Ideen zu entwickeln.“

       „Deine Ermahnung ist unnötig. Er hat eigene Ideen. Manche davon sind sogar brauchbar. Zum Beispiel die, meinen Sohn Dietrichstein zum neuen Deutschen Kaiser zu machen.“

      Ort: Psyche, Schloss Ehrlichthausen

       „Ich soll wirklich Kaiser werden? Das war kein Scherz?“

       „Natürlich nicht. Wir werden es nur anders nennen müssen. Reichspräsident oder so ähnlich. Der Kaiser sitzt ja noch in seinem Schweizer Exil und hat Anspruch auf seinen Titel ohne Macht. Soll er ihn behalten“, erklärte Peta.

       „Reichspräsident? Ach so. Das ist natürlich etwas Anderes.“

       „Es ist nichts Anderes. Diese Republik hat viele Kinderkrankheiten. Die schwächen sie so, dass sie noch im Kindbett sterben könnte. Aber wir haben sie inzwischen rausgepäppelt. Die paar Räterepubliken und andere Geburtsfehler sind verheilt. Du wirst helfen, die Republik weiter am Leben zu erhalten.“

       „Als Reichspräsident? Indem ich aus dem fahrenden Auto oder vom Balkon runter winke? Danke, ich verzichte auf dieses Amt.“

       „Dann muss ich es dir schmackhafter machen: Der Reichspräsident wird nicht nur winken, sondern weitreichende politische Vollmachten bekommen, welche die des Parlamentes beschneiden können. Das ist notwendig. Der Grundsatz „Teile und Herrsche“ funktioniert immer noch am besten. Du wirst ein Teil der Herrschaft sein. Dafür stelle ich eine einzige Bedingung.“

       „Habe ich das nicht irgendwie geahnt?“

       „Sie wird annehmbar sein. Ich möchte, dass du ab und zu auf meinen guten Rat hörst. Es ist keine schwere Bedingung. Du hast das früher schon getan. Ich möchte, dass du als Staatsoberhaupt weiterhin unser Ziel verfolgst. Schließlich bist du nicht nur Reichspräsident, sondern auch Familienoberhaupt. Dein Vater ist gestorben.“

       „Der schwarze Herzog ist tot?“

       „Doch nicht dein leiblicher Vater. Dein Vater in jure. Du bist ab heute Seine Durchlaucht der Fürst von Dietrichstein. Die Bevölkerung ist immer noch monarchistisch eingestellt. Ein Fürst und General als Staatsoberhaupt, das klingt doch nach was. Oder?“

       „Sag bloß, diese ganzen Ideen sind auf deinem Mist gewachsen. Sie klingen eher danach, als hätte sie der schwarze Herzog ausgebrütet“, zweifelte Dietrichstein.

       „Der? Der kann froh sein, dass ich noch nicht Magister Militum Per Occidentem bin. Ich würde ihn aus dieser Welt hinwegfegen. Denn sie gehört mir.“

      Ort: Terra Nostra, Pembroke Castle

       „Diese Welt gehört weder ihm noch euch“, erwiderte die Frau verächtlich, während die MindNetProjektion verblasste, mit deren Hilfe der Herzog und der Chevalier das gerade geschilderte Gespräch im Schloss Ehrlichthausen belauscht hatten. Sie drehten sie sich zu der Frau um, ohne von ihrem plötzlichen Erscheinen überrascht zu sein. Sie hatten sie ja erwartet.

       „Keine Versammlung? Keine Begrüßung für einen selten gesehenen Gast?“, fragte die Frau mit dumpfem Spott.

       „Darauf legst du doch keinen Wert“, erwiderte der Herzog, in seiner Ausdrucksweise deutlich zeigend, wie wenig Wert er darauflegte, diesen Gast zu begrüßen.

       „Wir dachten, ein Gespräch in einem familiäreren Rahmen wäre angebrachter“, versuchte der Chevalier weniger Abneigung gegen diese Frau in den Ton seiner Antwort zu legen.

       „Du hast ja auch das größte Interesse daran, dass ich mit dir rede. Größer zumindest, als das des Herzogs“, wies sie seine Verbindlichkeit zurück.

       Während der Chevalier schwieg, fand der Herzog den Mut, sie eingehend zu mustern. Er hatte sie lange nicht gesehen.

       Sie trug ihr übliches Gewand von antikem Schnitt und einer so erdig dunklen braunen Farbe, dass die das Licht der Umgebung einzusaugen schien, weshalb auch die Frau selbst von jener erdig braunen Dunkelheit umgeben war.

      Ihr Gesicht war trotzdem zu erkennen. Ihre jugendliche Schönheit machte die Zuordnung zu irgendeiner Ethnie der Menschheit unmöglich und schien aus dem Ursprung der Schöpfung selbst zu stammen. Nur ihre Augen zeigten jenen tiefen Schmerz, den wir bereits von Richard Kummers Augen kannten.

       Die Frau setzte sich. Worauf, war nicht zu erkennen.

       Die beiden Männer blieben stehen.

       „Ich möchte euch mitteilen, dass mein Mann und ich bereit sind, einer Verurteilung unseres Sohnes durch den Gesamten Hohen Rat zuzustimmen“, sagte die Frau, kaum dass sie sich gesetzt hatte.

       „Unter welchen Bedingungen?“, fragte der Chevalier in einem geschäftsmäßigen Ton. Anklagen des Hohen Rates waren seine Aufgabe.

       „Ohne Bedingungen“, erwiderte die Frau. Sie hatte die ganze Zeit zu Boden geblickt, als beziehe sie ihre Kraft aus der Erde. Der Herzog wusste, das war der Fall.

       Aber ihre Antwort verblüffte ihn. „Eine Verurteilung? Dazu noch ohne Bedingungen?“

       Die Frau sah auf. „Das überrascht dich wohl?“

       „Ja“, gab der Herzog ehrlich zu. „Was hat dich umgestimmt?“

       „Der Tod Richard Kummers.“

       „Der wollte sterben“, gab der Chevalier zu bedenken.

       „Das hat er mir persönlich versichert, als wir wegen Alexandras Heilung alle mental miteinander verbunden waren. Er hatte mir auch vor langer Zeit schon prophezeit, dass er eines Tages durch unser Kind sterben wird. Ich habe es ihm nie geglaubt.“

       „Er hat es dir prophezeit?“, fragte der Chevalier. „Wann?“

       „Vor fast zweitausendfünfhundert Jahren. Er war damals noch ein Kind. Ich wusste dadurch als erste, wer er wirklich war.“

       „Noch vor unserem Vater?“, fragte der Herzog. „Respekt.“

       „Du zollst mir Respekt?“

       „Schon immer, Tante Hestia.“

       „Nenne nicht diesen Namen“, fauchte die zurück, „ich trage ihn schon

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