Die Gentlemen-Räuber. Marianne Paschkewitz-Kloss

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Die Gentlemen-Räuber - Marianne Paschkewitz-Kloss Lindemanns Bibliothek

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unterhalb ihres Gesäßes. Sie tat es zur Kontrolle. Das Missgeschick mit dem verfangenen Saumzipfel in ihrem Slip nach einem Toilettenbesuch hatte sich ihr ins Gedächtnis gebrannt. Alles war in Ordnung. Aus besonderem Anlass hatte sie sich sogar dezent geschminkt, ein wenig Rouge aufgelegt.

      Als sie das Verlagsgebäude zum letzten Mal betreten hatte, war sie Anfang 30 und im landläufigen Sinne wohl auch attraktiv. Hochgewachsen, schlank, ein brünetter Lockenkopf mit dunklen, ausdrucksvollen Augen. Jetzt verdichtete sich die Farbe Silbergrau auf ihrem Kopf. Wiebke betrachtete das Alter als einen natürlichen Prozess der Reife und hatte dafür in ihrem eitlen Hamburger Umfeld häufig genug Befremden ausgelöst. Es focht sie nicht an.

      Mit leichtem Schwung klopfte sie an die offene, weiß lackierte Tür und schaute nach links in den Raum.

      „Herr Schroeder?“

      „Ja?“ Schroeder saß über einer aufgeschlagenen Zeitung.

      „Mein Name ist Wiebke Wolant.“ Sie betrat das Zimmer, das ein wuchtig schwarzer Schreibtisch dominierte. Schroeder, groß und breitschultrig, thronte in einem hochlehnigen, schwarzen Bürosessel. Hinter ihm strahlte das hellgelbe Karlsruher Schloss durchs Fenster wie die feudale Kulisse seines Herrschersitzes, vielleicht aber auch nur wie eine kitschige Fototapete.

      „Ach ja, Frau Wolant“, empfing er sie verwirrt, „nehmen Sie doch Platz.“ Er musterte sie unverhohlen, was sie in Verlegenheit brachte. „Nun, Frau Wolant, Hanseaten, wie ich einer bin, pflegen nicht um den heißen Brei zu reden.“

      „Das ist mir bekannt“, lächelte Wiebke zustimmend. Schroeder schaute verblüfft. „Ich habe in den letzten 20 Jahren in Hamburg gelebt“, bekannte sie.

      „Das ist ja großartig! Dann sind wir ja gewissermaßen Hanseaten unter sich.“ Vertraulich beugte er sich zu ihr vor. „Worüber haben Sie denn in der Vergangenheit berichtet, Frau Wolant?“

      Wiebke spürte ein leichtes Kribbeln. „Hauptsächlich über größere Kriminalfälle und spektakuläre Strafprozesse. Auch über weitreichende BGH-Entscheidungen“, sagte sie mit fester Stimme.

      Schroeder überlegte kurz. „Ich muss gestehen, dass ich das Hamburger Zeitgeschehen, zumindest das kriminalistische, nicht sonderlich verfolge.“

      Hatte er sie missverstanden? Vorsichtshalber ließ sie es so stehen: „Kein Problem.“

      „Dann darf ich unterstellen, dass auch komplexe Themen und deren permanente Nachverfolgung Ihnen keine Mühe bereiten.“

      Schroeder fuhr sich nervös durchs schlohweiß-gewellte Haar.

      Sie nickte. Ihr Blick hatte sich auf seinem Schreibtisch verfangen, genauer: auf einem Glas Kakao und einem üppig belegten Heringsbrötchen, das noch jungfräulich auf einem Frühstücksteller lag. Der Geruch von Zwiebeln war ihr längst in die Nase gestiegen.

      „Gut, dann passen Sie mal auf: Wir haben hier im Südwesten seit 15 Jahren eine Serie von Banküberfällen, die wohl alle auf das Konto ...“

      „ ... der Gentlemen-Räuber gehen“, fiel sie ihm ins Wort.

      „Ach, Sie sind ja gut informiert. Dann wissen Sie vermutlich auch, dass es weit und breit keine Tatverdächtigen gibt. Die Polizei hat nichts, aber auch gar nichts vorzuweisen. Die Geschichte ist so dubios, dass schon das Gerücht umgeht, bei den Bullen selbst gebe es eine lecke Stelle, denn dieses Pärchen ist bis jetzt durch jede Ringfahndung geschlüpft. Vorgestern hat es hier wieder zugeschlagen, ein anderes Mal waren sie im Mannheimer beziehungsweise Heidelberger Raum zugange oder in irgendeinem Nest in der Pfalz. Die Kripo hatte sogar schon mehrere Sendeplätze bei Tätern auf der Spur, die nichts brachten. Tausende Fahndungsplakate. Und eine acht Mann starke Ermittlungsgruppe – das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! – kriegt nichts auf die Reihe!“

      Er atmete tief ein.

      „Das wäre ja noch akzeptabel, wenn die Täter besonders raffiniert oder brutal vorgingen. Aber nichts! Die tragen nicht einmal Sturmhauben, sondern lächerliche Perücken, Brillen und Mützen! Die beiden treten zwar mit Pistolen auf, geben sich aber trotzdem äußerst höflich. Gelegentlich verschicken sie sogar Entschuldigungsschreiben an die geschädigten Banken. Ist das nicht dreist? Dafür bekommen sie auch noch den Ehrentitel ›Gentlemen-Räuber‹ verliehen. Gibt es sowas?“

      Wiebke faszinierte die Wortgewalt des Ressortchefs, der

      innehielt. Erwartete er Beifall?

      „Um es kurz zu machen, Frau Wiebke: Ich möchte, dass wir Druck machen in dieser Sache, die ganze Raubserie nochmal unter die Lupe nehmen, nach Schwachstellen suchen, dieser sogenannten Ermittlungsgruppe auf die Finger schauen. Es geht nicht an, dass die Leute insgeheim schon Sympathien für dieses seltsam höfliche Gangsterpaar hegen und über die Polizei spotten.“ Sein Blick ruhte auf ihr. „Es ist Ihr Job, Frau Wiebke, dieses Blatt zu wenden!“ Wieder hatte er sich versprochen. Schroeder schlug mit beiden Handflächen auf die Schreibtischplatte und sah sie herausfordernd an.

      Einen Moment herrschte Stille. Wiebke wollte gerade zu einer Antwort anheben, da schnitt ihr Schroeder das Wort ab: „Fast hätte ich es vergessen: Haben Sie ein paar Arbeitsproben dabei?“

      Ihr wurde heiß. Die Glut kroch ihr über die Brust zum Hals bis zu den Haarwurzeln. Sie spürte den kalten Schweiß, der ihr Gesicht benetzte, ihre Nackenhaare anfeuchtete. Sie war in doppelter Hinsicht schockiert, von Schroeders Begehren und dieser befremdlichen Hitzeattacke. Mechanisch griff sie nach ihrer Handtasche, die an der Stuhllehne baumelte, und ließ wieder von ihr ab.

      „Tut mir leid ...“ Ihre Stimme hing in der Luft, sie rang nach Worten. Da winkte Schroeder fahrig ab: „Ist jetzt auch nicht so wichtig, leiern Sie umgehend Ihre Recherche an. Knöpfen Sie sich den Ermittlungschef vor. Ich brauche Ergebnisse! Unser Archiv ist im Keller, besorgen Sie sich Material.“

      Sie suchte den richtigen Tonfall und antwortete hölzern: „Ja, dann melde ich mich, sobald ein Interviewtermin feststeht.“ Dabei streckte sie Schroeder mechanisch die Hand entgegen. „Danke“.

      Sie verließ das Verlagsgebäude mit einem Bündel alter Berichte. Kaum war sie außer Sichtweite des Pförtners, steckte sie sich eine Zigarette an.

      Sechs Tage waren seit jenem Tag, an dem Schroeder sie beauftragt hatte, vergangen. Seitdem wartete sie auf einen Terminvorschlag des Pressesprechers im Polizeipräsidium. Wiebke hatte inzwischen keine Zweifel mehr: Herr Schmittke ließ sie zappeln. Schon der Umstand, dass sie ihre Interviewanfrage schriftlich einreichen musste, war aus ihrer Sicht reine Hinhaltetaktik. Obendrein die Bitte, eine Kopie ihres Presseausweises mitzusenden, Schikane. Schließlich ging es nicht um einen akkreditierungspflichtigen Termin in einem Bundesgericht. Permanent vertröstete er sie mit dem Hinweis, der Chef der Ermittlungsgruppe sei schwer greifbar. Und täglich erreichte sie Schroeders stereotype, ungeduldige Anfrage, wann sie nun liefern könne.

      Wieder wählte sie die Nummer des Polizeisprechers. Einmal mehr versuchte er abzuwiegeln. Er habe immer noch keine Rückmeldung vom Leiter der Ermittlungsgruppe erhalten. Es täte ihm leid.

      „Dann tut’s mir auch leid“, konterte Wiebke kurzentschlossen, „denn ich werde die Story nun ohne Stellungnahme des Ermittlungschefs schreiben. Mutmaßungen lassen sich da kaum vermeiden.“

      Schmittke beschwichtigte. „So eilig kann es doch nicht sein.“

      „Morgen ist Abgabe“, drückte sie aufs Tempo.

      „Frau

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