Liebe und Schicksal im Adelshaus: 6 Romane Sammelband. Alfred Bekker

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Читать онлайн книгу Liebe und Schicksal im Adelshaus: 6 Romane Sammelband - Alfred Bekker страница 17

Liebe und Schicksal im Adelshaus: 6 Romane Sammelband - Alfred Bekker

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fiel genau so, dass Susanne die Treppe sehen konnte, die hinab ins Innere des Turms führte.

      Sie glaubte ein Geräusch gehört zu haben und zuckte zusammen.

      "Ist da jemand?", rief sie.

      Oder hatten ihre überreizten Sinne ihr einen Streich gespielt?

      "Nadine!", rief Susanne noch einmal.

      Aber niemand gab ihr Antwort. Sie ging auf die Tür zu.

      "Nadine, sind Sie dort?"

      "Kommen Sie!", wisperte eine Stimme. "Kommen Sie die Treppe hinunter..."

      "Aber..."

      "Man darf uns nicht sehen, Baroness! Sonst verliere ich meine Stellung..."

      "Machen Sie doch Licht, Nadine!"

      "Das könnte man im ganzen Schloss sehen, wenn es durch die Fenster dringt... Nein, das kommt nicht in Frage. Nun machen Sie schon!"

      Susanne hatte Mühe, die Worte zu verstehen. Der Wind verschluckte einen Teil des Wisperns. Nun bist du schon so weit gegangen, jetzt kannst auch die Treppe in den Turm hinabsteigen, dachte Susanne. Aber es dauerte einen Moment, bis sie sich überwunden hatte. Diese Treppe in die Tiefe erinnerte sie doch sehr stark an jene Treppen, die in die unterirdischen Verliese führten. Und allein die Erinnerung an das, was sie bei ihrem letzten Abstieg erlebt hatte, ließ sie unwillkürlich zittern. Sie versuchte, diese Erinnerung zu verdrängen. Einfach nicht daran denken, sagte sie zu sich selbst.

      Und dann setzte sie den ersten Schritt in die Dunkelheit.

      Man musste sehr vorsichtig sein. Die Steinstufen waren noch glatter und abgenutzter als jene der äußeren Treppe. Es gab ein hölzernes Geländer. Susanne klammerte sich am Handlauf fest. Vom Inneren des Turms konnte sie nicht viel sehen.

      Sternenlicht fiel durch eines der Fenster und sorgte dafür, dass sie einige schattenhafte Umrisse ausmachte. Mehr nicht.

      "Nadine, wo sind Sie?"

      Die Baroness bekam keinerlei Antwort. Sie hielt einen Augenblick lang inne, tastete sich dann noch etwas weiter vor und zögerte schließlich.

      Sie hörte Schritte.

      Jemand steigt die äußere Treppe empor! erkannte sie schlagartig. Susanne erstarrte. Wer auch immer das sein mochte, er durfte weder Nadine noch Susanne hier finden...

      "Susanne?"

      Es war Wilfrieds Stimme.

      Susannes Herz klopfte wie wild. Woher wusste er, dass sie hier im Turm war? Hatte er sie beobachtet? Hatte er auf irgendeine Weise mitbekommen, dass Nadine sich mit ihr zu treffen beabsichtigte...

      Vielleicht wollte er genau dieses Treffen verhindern!

      Der Gedanke raubte Susanne beinahe den Atem. Wenn man davon ausging, dass Wilfried doch etwas mit dem Tod seiner ersten Verlobten zu tun gehabt hatte, dann ergab das Sinn. Ansonsten war es absurd...

      Die Gedanken jagten nur so durch Susannes Kopf. Ihr Inneres war in diesem Augenblick ein einziges Chaos. Sie wusste ebenso wenig, was sie von Wilfrieds Auftauchen zu halten hatte, wie ihr Nadines Vorgehensweise reichlich eigenartig erschien.

      Vorsichtig machte sie ein paar Schritte weiter die schmale Wendeltreppe hinab, die ins Innere des Turms führte. Ihre rechte Hand krampfte sich um den Handlauf, die Linke hielt den eigenartigen Brief, mit dem dieser nächtliche Ausflug begonnen hatte. Sie wollte verhindern, dass Wilfried sie sehen konnte, sobald er die obere Brustwehr des Turms erreicht hatte. Schritt um Schritt ging es tiefer. Dann durchschnitt ein durchdringendes, hartes Geräusch die Stille der Nacht.

      Etwas brach. Holz splitterte. Der Handlauf, um den sie sich geklammert hatte gab nach. Susanne rutsche ab und stieß einen kurzen, schrillen Schrei des Entsetzens hervor.

      "Susanne!"

      Die schnellen Schritte in ihrem Rücken bemerkte sie kaum.

      Bevor sie ins Bodenlose stürzen konnte, hatten starke Hände sie an den Schultern gefasst und zurückgerissen, während das Geländer in die Tiefe krachte. Die Dunkelheit verschluckte es. Polternd kam es auf dem Boden an.

      "Susanne!", hörte sie Wilfrieds Stimme. Sie atmete schwer, drehte sich halb herum. Sein Gesicht konnte sie nicht erkennen. Es hob sich als dunkler Schatten gegen das hereinfallende Mondlicht ab.

      "Susanne, was machst du hier?"

      Er hielt sie fest. Sie zitterte.

      Allmählich wurde ihr klar, dass nicht viel gefehlt hätte und sie wäre hinabgestürzt.

      "Weißt du, wie tief das ist? Da kann man sich den Hals brechen!", sagte Wilfried. "Das Geländer ist uralt und völlig morsch. Es hätte schon längst renoviert werden müssen, aber dazu ist es bislang nicht gekommen..."

      Wilfried ergriff ihre Hände.

      Sie wollte etwas sagen, öffnete halb den Mund und schwieg dann doch. Ihr Hals war wie ausgedörrt. Sie war unfähig auch nur irgendeinen Laut herauszubringen. Wilfried führte sie die Stufen hinauf. Wenige Augenblicke später befanden sie sich auf dem Turm. Der kühle Wind fuhr ihr durch die Haare und trocknete den kalten Angstschweiß, der ihr auf der Stirn stand.

      "Alles in Ordnung, Susanne?"

      Susanne nickte.

      Sie sah zu Wilfried empor, blickte in seine Augen, in denen sich das Mondlicht spiegelte.

      "Ich glaube schon", brachte sie schließlich heraus. "Mir ist nichts passiert...."

      "Das war ganz schön knapp!"

      "Du hast mir das Leben gerettet, Wilfried!"

      "Sag mal, was machst du eigentlich hier oben? Ich habe dich durch das Fenster gesehen. Irgendwie konnte ich nicht schlafen. Muss wohl am Vollmond liegen. Und da sah ich dich den Turm hinaufsteigen..."

      "Ich... Ich weiß auch nicht!" Susanne überlegte einen Moment. Sie wollte nichts von ihrem Treffen mit Nadine sagen.

      Wenn sie das tat, dann würde das Zimmermädchen ihr nichts mehr von dem verraten, was sie vielleicht wusste. Susanne wandte einen kurzen Blick zu der Tür, von wo aus die Treppe hinabführte.

      "Ist dort irgendetwas?", erkundigte sich Wilfried.

      Er ließ sie los und machte ein paar Schritte zurück zur Tür. Aber Susanne hielt ihn geistesgegenwärtig am Arm.

      "Wilfried", sagte sie. "Da ist nichts..."

      Er sah sie an. In seinen Zügen stand deutlich der Zweifel geschrieben. "Aber es muss doch einen Grund dafür gegeben haben, dass du hier hinaufgegangen bist! Und dann noch zu dieser nachtschlafenden Zeit..."

      Wilfried durfte Nadine nicht finden. Das wollte Susanne auf jeden Fall verhindern. Sie nahm Wilfrieds Hand. "Lass uns hier weggehen", sagte sie dann. "Bitte..."

      "Wie du willst..."

      Sie

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