Liebe und Schicksal im Adelshaus: 6 Romane Sammelband. Alfred Bekker
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Liebe und Schicksal im Adelshaus: 6 Romane Sammelband - Alfred Bekker страница 2
Susanne lächelte.
"Ich danke Ihnen, Ferdinand."
Wilfrieds Vater, Fürst Friedrich von Eichenbach, hatte darauf bestanden, Susanne mit seiner Limousine abholen und nicht mit dem eigenen Wagen anreisen zu lassen. Und Wilfried hatte ihr geraten, dieses Zeichen freundlicher Zuwendung nicht auszuschlagen. Der Fürst zeigte damit nichts anderes, als dass die junge Baroness ihm herzlich willkommen war.
Ferdinand stieg aus und öffnete Susanne die Tür.
"Um Ihr Gepäck wird sich unser Kammerdiener Johann kümmern", erklärte er dazu.
Ein schmucker zweisitziger Sportwagen brauste in diesem Moment durch das erhabene Schlosstor und hielt neben der dunklen Limousine des Fürsten. Das Verdeck war an diesem herrlichen sonnigen Tag nach hinten geklappt. Susanne erkannte den Mann am Steuer sofort.
"Wilfried!", rief sie begeistert.
Wilfried stieg aus und kam auf sie zu. Gut sah er aus, fand Susanne. Wie man sich nur einen Märchenprinzen vorstellen konnte! Der zweireihige Blazer mit dem dezent angebrachten fürstlichen Wappen sowie dem elegant getragenen Einstecktuch saß wie angegossen.
Auch in der Verzierung der kostbaren Krawattennadel fand sich das Familienwappen wieder.
Wilfried nahm Susannes Hand, vollführte einen vollendeten Handkuss und sagte dann mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen: "Baroness Susanne, ich möchte Sie herzlich auf Schloss Eichenbach willkommen heißen..."
Und dabei zwinkerte er ihr vergnügt zu.
Sie beschloss, das Spiel mitzumachen. Aber nur für einen Moment...
"So förmlich?", fragte Susanne lächelnd.
Wilfried hielt ihre Hand eine Nuance länger, als es eigentlich notwendig gewesen wäre.
Ihrer beider Blicke trafen sich, verschmolzen für einige Momente miteinander. Susanne seufzte glücklich. Ein wohliger Schauer lief ihr über den Rücken, und ihr Herz machte einen Sprung.
"Ich bin sehr froh, dass du da bist, Susanne", sagte Wilfried dann. "Und ich habe es ja auch gerade noch rechtzeitig geschafft, wieder zurück im Schloss zu sein, um dich zu begrüßen..."
"Wo bist du gewesen?"
"Du weißt ja, dass ich viel mit der Verwaltung der Familienbetriebe zu tun habe... und ausgerechnet heute hatte sich ein Steuerprüfer kurzfristig angemeldet, der die Bücher unserer Winzerei einzusehen wünschte."
"Ich hoffe, es hat keinen Ärger gegeben..."
"Nein, unsere Bücher sind in Ordnung. Aber das ist jetzt alles zweitrangig... Jetzt, da du da bist!"
Unterdessen kam der Kammerdiener die Treppen des gewaltigen Portals hinunter. Ferdinand öffnete den Kofferraum, und trug ihm Susannes Gepäck - einen Koffer und eine Tasche - ein Stück entgegen.
"Deine Räumlichkeiten sind bereits hergerichtet, Susanne", sagte Wilfried. "Ich hoffe, dass alles zu deiner Zufriedenheit sein wird..."
"Gewiss, Wilfried..." Susanne lächelte versonnen und hakte sich bei ihrem Liebsten unter. "Und eigentlich braucht es dazu auch nicht viel. Keine prachtvollen Räume oder dergleichen. Wenn ich in deiner Nähe bin, fühle ich mich wohl, Wilfried..."
Er sah sie an.
Sein Gesicht hatte jetzt einen ernsten Zug bekommen.
"Mir geht es umgekehrt genauso", erwiderte er dann.
Für einen kurzen Moment hatte Susanne den Eindruck, dass ein Schatten sich über Wilfried von Eichenbachs Gesicht legte.
Dass der zukünftige Fürst hin und wieder leicht melancholisch wirkte, hatte Susanne schon bei ihren früheren Zusammenkünften festgestellt. So, als ob irgendetwas aus der Vergangenheit hin und wieder auf seine Seele drückte. Susanne wusste nicht, was das sein konnte. Und als sie einmal direkt danach gefragt hatte, war Wilfrieds Antwort mehr oder minder ausweichend gewesen.
Eines Tages wird er mir genug vertrauen, um mir auch sei Innerstes zu offenbaren, dachte Susanne. Sie war in dieser Hinsicht sehr zuversichtlich. Denn sowohl ihrer eigenen als auch der Liebe ihres zukünftigen Verlobten war sie sich vollkommen sicher.
"Lass uns reingehen", sagte Wilfried."Ich möchte dich so schnell wie möglich meinen Eltern vorstellen. Denen habe ich zwar schon so manches über dich erzählt, aber..."
Susanne blickte an sich herab.
"Ich weiß nicht - sollte ich mir nicht erst einmal etwas Standesgemäßeres anziehen?", fragte sie.
Susanne trug ein schlichtes, lindgrünes Sommerkleid. Das brünette Haar war hochgesteckt und wurde hinten mit einer Spange zusammengehalten. Eine dezente Perlenkette hing um ihren Hals.
"Du siehst bezaubernd aus, Susanne", fand Wilfried. Und der Blick, den er ihr zuwarf, sprach von ehrlicher Bewunderung.
Susanne zuckte die schmalen Schultern.
"Wenn du meinst..."
"Bestimmt!"
Gemeinsam gingen sie die Stufen des imposanten Steinportals empor. Löwenköpfe aus Marmor befanden sich am Ende der Handläufe.
Sie traten durch die zweiflügelige Tür in eine hohe, mit Barockmöbeln und kostbaren Wandteppichen ausgestattete Eingangshalle.
Kronleuchter hingen von der gewölbten Decke herab. Das Kristallglas glitzerte im Schein der Sonnenstrahlen, die durch die hohen Fenster hereinfielen. Wie prächtig mussten diese Leuchter erst am Abend aussehen, wenn sie in ihrem herrschaftlichen Glanz erstrahlten.
"Wo sind der Fürst und die Fürstin?", fragte Wilfried ein Zimmermädchen, das gerade die Treppe hinunterkam, die in die oberen Stockwerke führte.
"Die Durchlauchten befinden sich im Augenblick im Salon..."
"Danke."
Susanne ließ sich von Wilfried durch einen langgezogenen, hohen Flur führen.
Wie erhaben und beinahe einschüchternd dieses riesige Schloss doch wirkt, dachte Susanne fast ein wenig schaudernd, als sie die großformatigen Gemälde an den Wänden sah, auf denen die Vorfahren der Fürstenfamilie abgebildet waren.
Große Meister verschiedener Epochen hatten die jeweiligen Fürsten von Eichenbach auf Leinwand gebannt. Und jetzt säumten sie als eine Art Galerie diesen hohen Flur. Die Rahmen waren mit Gold überzogen.
Susanne, die Tochter des Barons von Radvanyi, war durchaus auch großzügige Verhältnisse gewohnt und auf einem ausgedehnten Landgut aufgewachsen. Aber das hochherrschaftliche Schloss derer von Eichenbach stellte das, was sie bisher gewohnt war, doch gehörig in den Schatten. Die Last der Jahrhunderte schien auf diesen uralten Mauern zu liegen. Etwas, was Susanne als bedrückend empfand - so sehr sie es auch genoss, in Wilfrieds Nähe zu sein.
Sie