ERITREA. Katharina Füllenbach

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ERITREA - Katharina Füllenbach Reisepostillen

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in der Innenstadt findet man öffentliche Büchereien. Sie sind gut besucht, oft sitzen Schüler und Studenten an den Arbeitstischen und schreiben Hausarbeiten(?) auf ihren mitgebrachten Laptops. Daneben stehen Leseecken mit Tageszeitungen zur Verfügung, die für europäische Verhältnisse allerdings dünn ausgestattet sind, denn sie bieten fast ausschließlich die tigrynische Ausgabe von ‚Eritrea Profile‘ an, einer zweimal wöchentlich erscheinenden, sieben Seiten starken und mit überwiegend harmlosen Themen, wie der Eröffnung einer neuen Schule oder eines Krankenhauses auf dem Land, bestückten Zeitung.

      Die Bibliotheken offerieren insgesamt weniger Belletristik, denn vielmehr Fach- und Sachbücher zu diversen wissenschaftlichen Themen, mit einem deutlichen Schwerpunkt auf Naturwissenschaften oder technischen Fachbereichen. In den geisteswissenschaftlichen Abteilungen dominieren Werke zur Geschichte ohne ausmachbaren Schwerpunkt. Und je nachdem in welcher Filiale dieser dezentralen Stadtbücherei man sich gerade aufhält, findet man vielleicht auch ein paar Regalbretter mit einem kleinen Angebot englisch- oder französischsprachiger Literatur. Der komplette Bestand aller Stadtteilbibliotheken setzt sich nach Auskunft des Personals fast vollständig aus Geschenken von Unternehmen und Privatpersonen zusammen. Die wahllos und unsortiert gespendeten Bücher werden von der zentralen Büchereileitung begutachtet und nach entsprechender Bewertung gegebenenfalls in den Bestand aufgenommen. Ob es darüber hinaus einen Ankaufetat gibt, ist nicht zu erfahren. _

      Auf meinen bisherigen Wanderungen durch die Stadt sind mir neben den Stadtteilbüchereien zwei weitere Leseoasen begegnet, die aus unterschiedlichen Gründen nicht unerwähnt bleiben sollen. Zum einen ist dies die kleine Bibliothek der Deutsch-Eritreischen-Gesellschaft, eines Vereins, der sich die Verständigung zwischen beiden Ländern auf sprachlicher, kultureller und wirtschaftlicher Ebene zur Aufgabe gemacht hat. Hierfür werden unter anderem deutsche Sprachkurse angeboten, bisher in einem geringeren Umfang, aber für die Zukunft mit dem festen Vorsatz, den Lehrplan zu erweitern.

       Zeitungslektüre in der Albergo Italia

       Stadtbücherei, Asmara

      Um Barrieren und Berührungsängste abzubauen ist die Bibliothek der Gesellschaft für jedermann frei zugänglich, ihr Bestand wurde allerdings bis dato ausschließlich mit Buchspenden aufgebaut und präsentiert entsprechend ein ziemliches Sammelsurium. Und auch der Umstand, dass die einzige Bibliothekarin kein Deutsch spricht, macht die Angelegenheit nicht übersichtlicher.

      Die Mitglieder der Gesellschaft sind Menschen mit unterschiedlichen Ansprüchen, Ansätzen und Herkünften. Manche haben Familie in Deutschland, manche pflegen intensive Geschäftskontakte dorthin. Besonders interessant ist ein kleiner Anteil eritreischer Rückkehrer, die nach Jahren in Deutschland mit einem komfortablen Leben und einer gesicherten Existenz, in ihr Heimatland zurückkehrt sind und sich hier nun im Rahmen ihrer persönlichen und der politischen Möglichkeiten engagieren. _

      Ein besonderes perlentaucherisches Lektürekleinod zur eritreischen Zeitgeschichte ist zudem ein Zeitungsarchiv in der ‚Albergo Italia‘, einem kleinen Luxushotel in der Innenstadt von Asmara. Bisher konnte mir niemand erklären, wie es zu dieser vollständig erhaltenen Sammlung Dutzender Jahrgänge, englisch- und italienischsprachiger, zwischen 1930 und 1965 in Eritrea erschienenen, Tageszeitungen gekommen ist. Aber es gibt sie und man kann samstags und montags ohne Einschränkungen nach kurzer Anmeldung an der Rezeption das Archiv im Hotel besuchen und dort stundenlang schmökern. _

      In dem Büro der Tourismusverwaltung gegenüber der Kathedrale auf der Harnet Avenue gehe ich inzwischen regelmäßig ein und aus und kenne die meisten MitarbeiterInnen. Dort habe ich vor zwei Tagen auch die Bekanntschaft mit zwei

      Deutschen gemacht, die überlegten ein Auto zu mieten und sich zu einer ca. hundertfünfzig Kilometer von Asmara gelegenen Ausgrabungsstätte fahren zu lassen. Wir besprachen, dass ich mich dieser Exkursion eventuell anschließe und unbeschadet ob die Verabredung nächste Woche zustande kommt oder nicht, habe ich schon einmal damit begonnen, diese Ausfahrt administrativ vorzubereiten.

      Für Besuche der gar nicht so wenigen Ausgrabungsstätten auf dem Staatsgebiet von Eritrea, benötigt man neben der bereits bekannten Reisepermission zusätzlich eine Bescheinigung des ‚National Museums‘, wobei man letztere nur bekommt, wenn man erstere schon in Händen hält. Ich verpasse vormittags die Öffnungszeit des Tourismusbüros um drei Minuten, reiche meinen Antrag also nach der Mittagspause ein und bekomme die Auskunft, ich könne die Permission um vier Uhr nachmittags abholen. Um vier empfängt man mich mit großem Bedauern und erklärt, leider sei die Bescheinigung erst am kommenden Montag fertig, ich hätte dann aber immer noch genug Zeit, beim Museum vorbeizugehen, um mir den zweiten Zettel ausstellen zu lassen, bevor der geplante Ausflug dienstags beginne. Ich widerspreche diesem Vorschlag mit dem Hinweis, dass montags auf der ganzen Welt die Museen geschlossen seien und obzwar der Büroleiter der Tourismusbehörde behauptet, hier in Eritrea sei das anders, telefoniert er in der Angelegenheit doch noch einmal und fünf Minuten später halte ich die ausgefüllte und gestempelte Reiseerlaubnis seiner Behörde in der Hand. Nein. Man muss das alles nicht verstehen. Aber man darf sich gerne darüber freuen, dass am Ende zumindest auf dieser Ebene bisher doch immer alles zu klappen scheint, was man im Gegensatz dazu über den Ausflug mit den beiden Deutschen nicht sagen kann. —

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