Papa, wie sieht der Mond von hinten aus?. Gerd Samson
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Wenn die Sonnenstrahlen durch die bunten Fenster fielen, zeichneten sich traumhafte Schattenbilder an den Wänden ab. Nachts flutete das Mondlicht durch das Zimmer und es entstand eine zauberhafte, wunderliche, spektakuläre Magie.
Am selben Tag wurde auch Gott geboren…
Weit weg, in Pilsen, in der nähe von Prag.
Ich war runzelig, faltig, zahnlos und haarlos. Eigentlich ein Zustand der sich immer und immer wider milliardenfach wiederholt, denn man befindet sich zuvor zwangsläufig, vorübergehend, eine Weile, in einem dunklen und engen Ort, in einem behüteten Schoß, bevor man plötzlich, plop, das grelle Licht der großen weiten Welt erblickt. Ich habe mich sofort lauthals und entschieden erbarmungslos bemerkbar gemacht, so als wollte ich sagen:
„Passt alle gut auf mich auf“
Die Inspektion des kleinen Möp durch die popelige Verwandtschaft fand am nächsten Tag nach der Geburt statt. Dabei stellte sie fest:
„Ein kleines süßes blauäugiges Wunder“
Dann bemerkten sie: „Buuuh, Möp hatte eine Glatze!!!!
Dieser Zustand dauerte bis zu meinem dritten Lebensjahr. Erst dann durfte ich die schützende Mütze absetzen. Die Haare fingen leicht an zu sprießen und ich war ab sofort, auch bei den anspruchsvollen, aber fipsigen Familienkritikern vorzeigbar. Das mir mein Onkel Helmut aus Bremen einen Kamm ohne Zähne geschenkt hatte, einen Glatzenschieber so zu sagen, darüber waren meine Eltern verständlicher Weise nicht so sehr erfreut. Das Wunder, das Phänomen geschah also knapp vor dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges. Ich war also noch reine, qualitativ echte „Friedensware“.
Später habe ich mein geliebtes herrliches, himmlisches Turnzimmer zu nächst einmal wieder verlassen und preisgeben müssen und ich wurde zwansumquatiert in das Zimmer meines Bruders. Ich war in dem Augenblick sehr traurig, hoffnungslos und leidvoll melancholisch und ich habe Schnotten und Tränen geheult.
Aber das hatte spezielle nachvollziehbare Gründe, die ihr noch erfahren werdet.
Am Freitag des 1. September 1945, lebte ich fürsorglich behütet, mit meinen Eltern harmonisch zusammen. Eine Familie, die mir Alles mitgab was richtig und wichtig war. Was sie mir nicht mit gegeben haben war zunächst auch nicht wichtig für mich. Ich würde sie, in der Nachbetrachtung, kosmopolitisch beschreiben, jedoch ohne übertriebene religiöse Wertebasis, wie mir später anschaulich, überzeugend bewusst wurde.
Zusammen mit meinem Bruder Horst wohnten wir in unserem schönen Haus in Bünde, zwischen dem Krankenhaus und dem Stadtgarten. An einer ruhigen Allee mit alten knorrigen Bäumen. Diese konnten auf ihre abenteuerliche Art und Weise schief, krumm sein geheimnisvoll aussehen und waren trotzdem für einen kleinen blonden Jungen mystisch und wunderschön anzuschauen.
Mit einer äußerst netten freundlichen und außerordentlich sympathischen Nachbarschaft. Mit denen wir alle befreundet waren und uns gut untereinander verstanden haben und beim; „ich geh mit meiner Laterne“ immer sehr großzügig und spenden freudig daher kamen. Ich machte immer reichlich Beute. Ja, jeder kannte Jeden und Alles über den Anderen. Die Türen standen mir überall vertraulich weit offen.
Mit einem herrlich großen Garten, der viel mehr war als ein „Schrebergarten Eden.“
Im Sommer haben mein großer Bruder und ich uns gegenseitig Pusteblumen zu gepustet und beobachtet wie sie mir ihren kleinen Ankern zu Boden taumelten. Mit Obstbäumen, Beeren, wunderschönen Rosenhecken und einem riesigen Kirschbaum in der Mitte. Schon damals habe ich manchmal auf der Apfelwiese im saftigen Gras gelegen und vor mich hin geträumt und mir schöne Illusionen ausgemalt. Die Krähen hoben die Köpfe, betrachteten mich mit ihren bedächtigen Matronenblick und fanden dann, die Bekanntschaft mit mir sei entbehrlich. Bei dem Betrachten der kleinen Bäumchen hat der kleine Möp, mit Kennerblick dem großen Bruder erklärt, daß sie erst noch in die Baumschule gehen müssten um groß zu werden, wie ich, Möp, der verkürzte Blumenförster einmal werden wollte Die Kiefern die weit zum Himmel ragten, wie Zahnbürsten. Große Himbeer- und Stachelbeerhecken, mit Ringelblumen in den Beeten und ihrem selbst gesponnenen Sonnenschein. Die Osterblumen auf unserer bunten Wiese verkündeten mit ihren Trompeten immer den Einzug des Frühlings in das kleine Paradies. Wenn die Lerchen anfingen zu zwitschern machte die Natur ihre verschlafenen Augen auf und die Grillen zogen ihre Uhren auf. Das Summen der einzelnen Insekten, war wie der sonore Klang einer Cellosaite. Die Kirche in der Ferne diktierte den Tagesbefehl und übertönte grotesk das summen der Bienen in den Obstbäumen. Mittags schnitten die Uhrzeiger wie eine Schere den Tag wie eine Schere zwei Teile.
Mit einem Hühnerstall mit Rasengeflügel, Legehennen, Zwerghühnern, Rodeländern, und dem bunten, stolzen, Hahn mit einem roten gezackten Kamm. Die Hennen wussten auch wann der Tag beginnt, aber der Hahn musste es wie selbstverständlich mit seinem krächzenden Kikeriki immer als Erster lautstark verkünden! Hahnenkammrot wurde später Sammy´s Lieblingsfarbe. Jakobiner rot, die Farbe der Rebellen. Ja, es hat früh angefangen mit der Rebellion. Die Tage tröpfelten immer dahin wie der Honig vom Löffel. Die Augen unserer Katze leuchteten wie alte Goldmünzen.
Ich war davon fasziniert wie die Hühner immer tippelten und ruckartig den Kopf bewegten, damit sie scharf gucken konnten um somit dann zielsicher die besten Körner zu picken. Es war immer ein großer Spaß, wenn ich mit Horst und Günter, ein Huhn mit einem Kreidestrich auf dem Boden hypnotisierte. Eine beeindruckende Vision. Wissenschaftler haben herausgefunden das Hühner leichte Rechenaufgaben lösen können. Wahrscheinlich empfinden sie auch Langeweile, Frustration, Glück und Empathie. Einige machten auf mich manchmal diesen Eindruck, wenn ich sie auf den Arm nahm und streichelte. Ich hatte das Gefühl, daß sie das gerne mochten. Nur der Hahn geriet in Rebellion.
Möp rief beim Füttern des Federviehs immer: put put put put und die Nachbarschaft wusste dann sofort, bei Samsons wird gefüttert. Der kleine nun endlich blonde Möp ist wieder mit seinem viel zu großen Eimer, der ihm von den Knien bis zur Brust reichte, gefüllt mit leckeren Körnern, unterwegs. Hühner kommunizieren lautstark untereinander über die Qualität des Futters.
Für frische Eier während der Kriegszeit und danach, war immer gesorgt. Eier und Zigarren, das waren die beliebtesten Tauschartikel, die heimliche Währung, in den damalige Wirren der Kriegs–und Nachkriegszeit.
In unseren kleinen Teich züchteten wir bunte Goldfische. Beim Füttern der Fische hat der kleine blauäugige Möb festgestellt, daß Schwimmtiere keinen Wackelpudding mögen. Die Stichlitze flitzten dann mit den Moderlieschen und den anderen Zierfischen um die Wette durch das Wasser, und waren von Möps guten Gaben so gar nicht wirklich begeistert. Die Wasserläufer legten den Teich in kleine Ziehamonikafalten. Im Sommer blühten im Teich die Seerosen in weiß und orange. Es sah dann aus wie ein dichter bunter Patchwork Teppich und die Schilfkolben im Teich standen wie erloschene Festgaskerzen.
Schöne Erinnerungen an die herrlichen Kindertage.
Nach dem verlorenen Krieg, dem Ende des zweiten Weltkrieges, mussten wir unser Haus, unsere Idylle, meine kleine Trutzburg; weil unser Haus einen so wunderschönen Turm hatte, trotzdem, oder gerade weil es nicht nur für mich, ein so imposantes Gebäude war, als erstes besetztes Haus in Bünde, den einziehenden Siegermächten, der neuen Besatzungsmacht, überlassen, preisgeben und wahrlich opfern.
Laut Zeugnis meiner Amme, Tante Adele, sie hatte eine nicht unbeträchtliche, klimpergroße Leibesfülle, war ich damals schon ein kleiner ungebärdiger Ritter:
„Möp ritt stundenlang mit seiner Ritterrüstung auf dem Schaukelpferd.“
Unser Dienstmädchen Mia Griebenstroh, sie kam aus der Nähe von Haldem,