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Jahrestage maßlos überschätzt sind.

      Es ist ja auch ein fragwürdiges Ritual, an denkwürdige Daten nur zu erinnern, wenn sie exakt zehn, fünfundzwanzig, hundert oder tausend Jahre her sind. Da muss man manchmal ganz schön lange warten, obwohl man doch auch einmal spontan gedenken will. Das Jahrestage-Buch befreit von Gedenkzwang und lädt ein, jederzeit und an jedem Ort seinen Erinnerungen nachzuhängen.

      Sooo: Man sollte z.B. verdienstvollen Menschen auch einmal zu Lebzeiten gedenken. Dann haben sie auch mehr davon. Diesem Herrn aus Tauberbischofsheim vor allem anlässlich des 9. Dezember – des Internationalen Anti-Korruptions-Tags.

      Es gibt Zeiten, schreibt der so große wie groß gewachsene Harald Schmidt, „da diktiert sozusagen der Kalender das Thema. Oft nicht das Schlechteste, weil gerade über dieses Thema ja schon alles gesagt ist. Grund genug also, es nochmal zu tun, natürlich aus völlig neuer, epochemachender Perspektive.“ So reflektiert er in Warum und wohin? Gesammelte Notizen aus dem beschädigten Leben [München 2002, S. 181] Recht hat er, und so geschieht es hier. Möge es gelungen sein.

      Das Spektrum der Gedenk-, Jahres- und Aktionstage ist sehr weit, es reicht vom nationalen Hut-Tag über den Weltwetter-, den Abracker-Tag, den Kampf- und Feiertag der Arbeitslosen, den internationalen Witze-, den Pi-, den BDSM-Tag bis hin zum Welttag des Lächelns und dem Tag des Faulenzens. Ein besonderes Gedenken gilt der Erinnerung an die Erstbesteigung des K2, an den Todestag Karl Valentins und den des Diogenes von Sinope, an den Geburtstag Fritz Benschers, nicht zu vergessen an den Internationalen Welttag der Toleranz und den Umarme-einen-Schlagzeuger-Tag. All das wird gleichmäßig ernsthaft und seriös behandelt. Mag sein, dass zuweilen dem angemessenen, echten Pathos des Anlasses eine Prise Ironie den Atem nimmt; Spott oder niederträchtige Herabsetzung des gedachten Gegenstands liegen jedoch der Absicht dieser Gedenkblätter fern.

      Ganz im Gegenteil: Unendlich viel an Wissen, Orientierung und Unterhaltung verdanken wir den gefeierten Gegenständen, Sachverhalten und Menschen. Und so gestaltet sich dieses kleine Projekt zu einer ehrerbietigen Verneigung vor dem, was letztlich unser Leben ausmacht oder beeinflusst hat, bei dem einen mehr, dem anderen weniger. Sollte das nicht der Fall sein, so kann man ja immer noch dazulernen aus einer Enzyklopädie, die mit den modernen Wikis wenig, hingegen mit klassischen rein gar nichts zu tun hat. Nichtsdestoweniger lernt man einiges bis vieles über Dichterjuristen und Nonkonformisten, Hörgenuss und Konzertantes, die Dietrich und den Präsidenten, Hopfentrank und Hosenlose, Digital- und Bares, Übersetzer, Überwege und Overkill, Fantasie, Fesseln und Höhepunkte. Und noch viel mehr. Das muss reichen.

      Dank eines großzügigen Stipendiums eines Stralsunder Mäzens konnten die Studien zu diesem Band im ziemlich schönen Taubertal zum Abschluss gebracht werden.

      Berlin, Bad Mergentheim, März 2020

       JANUAR

       Über Neues und Nichtiges, Observation und Staat, Hut Couture, Dichterjuristen und Nonkonformisten

       1. Januar – Neujahrstag

       In the Year 802.701, 802.701

      Der erste Tag bekommt den Namen, den er verdient wie kein anderer. Und nur an diesem Tag werden Vorsätze gefasst – und vielleicht schon wieder verworfen Jeder sollte das tun, also Vorsätze fassen. Der besondere Service für Sie: Nutzen Sie den Raum für Vorsätze am Ende dieses Beitrags!

      Nicht auszurotten ist anscheinend die Ansicht, dass – nur weil wir wieder einmal von vorne zu zählen beginnen – etwas ganz Außergewöhnliches, nie Dagewesenes, Großes, Schönes oder auch Schlechtes, Grausiges, Entsetzliches ins Haus steht. Oder dass wenigstens so viel selbst beeinflusste Veränderung eintritt, dass man sich durch Askese und Läuterung zu einem besseren Menschen entwickelt (siehe „Vorsätze“). Dazu ist es sinnvoll, die Dinge von ihrem Ende her zu betrachten, so wie es unsere langjährige Kanzlerin immer anzuregen pflegte. Wobei sich das Problem zu stellen scheint, dass wir in unserer übergroßen Mehrheit nicht recht wissen, wie das Jahr zu Ende gegangen sein wird, um entsprechend die Konsequenzen zu ziehen, angemessene Vorsätze zu fassen.

      Aber vielleicht ist es ja auch gar keine so gute Idee die Zukunft zu antizipieren. Das liegt zum Teil daran, dass man nicht weiß, was sie bringt, und zum Teil daran, dass man es nicht wissen will. Nehmen wir nur einige – nicht ganz beliebige – Beispiele.

      Das Rauchen aufgeben, sich gesünder ernähren, mehr Bewegung und ähnliche Banalitäten: Viel zu wenige Menschen nehmen sich zum Jahreswechsel etwas ganz Besonderes vor – etwas wirklich ganz Bedeutendes. Aber wenn schon ein Blick in die Zukunft, dann auch richtig: Warum nicht einmal eine Zeitreise antreten? Zugegeben, Sie wären nicht der erste, der das tut. Vielleicht aber der oder die erste, der/die nicht in der Zukunft verloren geht, wie jenes verkannte Genie am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert. Sie wissen, von wem die Rede ist. Richtig, von George. So heißt jedenfalls der Zeitreisende in der Verfilmung des H.G. Wells-Romans „The Time Machine“ aus dem Jahr 1960. In der Vorlage von 1895 ist der Wissenschaftler noch namenlos, verfolgt aber das gleiche Projekt, das er seinen Freunden am Silvesterabend des Jahres 1899 vorstellt. Zumindest zeigt er ihnen ein Modell seiner Zeitmaschine, das im Film ungefähr so aussieht:

      Klassisches Design, robuste Karosserie: TM Wells 1899

      Er lässt es in der Zukunft verschwinden, doch seine Besucher glauben an einen Trick und verlassen ungehalten die Feier zur Verabschiedung des alten Jahrhunderts. George aber macht sich darauf mit dem wirklichen Zeitschiff auf in die Zukunft: In den Jahren 1917 und 1940 erlebt er die Weltkriege, 1966 einen Atomschlag. Er flieht, bevor er selbst vernichtet wird, mit Highspeed und stoppt seine Maschine erst wieder, als er sich sicher vor weiterem Unheil glaubt. Es ist der 12. Oktober 802.701. Er hat somit eine erkleckliche Anzahl von Neujahrs bzw. Neujahren überflogen und ebenso viele Vorsatzlisten versäumt.

      Er findet eine Welt vor, in der glückliche, schöne Menschen leben. Sie werden allerdings von hässlichen, bösen Menschen wie Vieh gehalten. Und dafür soll man in die Zukunft reisen? Will man das wissen?

      Jedoch: Zuhause ist es auch nicht besser. George rettet sich mit Müh' und Not in seine Zeit zurück und trifft unverändert auf Ignoranz. Da beschließt er, zurück in die Zukunft (das wäre mal ein schöner Titel für einen Film gewesen) zu reisen, um die nur ein paar hunderttausend Jahre entfernte Dame seines Herzens wiederzutreffen. Um diesmal aber besser gewappnet zu sein und den schönen Menschen helfen zu können, nimmt er drei Bücher mit.

      Und hier ist eine Empfehlung an Sie, die etwas vorgestrig klingen mag, aber unvergleichlich erfolgversprechender und nachhaltiger sein wird, als jeder noch so krachend scheiternde Vorsatz: Nehmen Sie sich nur etwas Zeit, überlegen Sie gut und entscheiden Sie dann, welche drei Bücher Sie durch das kommende Jahr begleiten sollen (also welche beiden außerdem, außer dem, Sie verstehen?). Es wird Sie am Ende des Jahres nicht gereut haben (Futur II).

      Für diejenigen, die es dennoch nicht lassen können und tatsächlich glauben, sie könnten das, was in den folgenden zwölf Monaten tatsächlich auf sie zukommt, irgendwie durch die Macht ihres Willens beeinflussen, hier der angekündigte

       Raum für Vorsätze

      Tipp des Verlags: Durch Erwerb weiterer Bände erweitert sich der Umfang des Raums für Vorsätze um ein Vielfaches. Bitte bevorraten Sie sich!

      Noch ein Nachsatz: Der beliebteste Vorsatz der Deutschen

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