Befreites Christentum. Karlheinz Benninger

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Befreites Christentum - Karlheinz Benninger

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zieht man sich den größten Schaden und Nutzen von Seiten der Götter zu. Denn indem die Masse ihre eigenen Eigenschaften völlig richtig und gut findet, schließt sie auf ebenso geartete Götter, denn alles, was nicht so ist wie sie selbst, hält die Masse für abwegig (Epikur an Menoikeus 123 f).

      Die Psyche produziert viele Gottesbilder nach dem Grundsatz: divide et impera – spalte und herrsche: Mittelfristig wird die parallele Entwicklung der religiösen Bewegungen, die alle die Welt zurückerobern wollen, unvermeidlich zur Konfrontation führen. So scheint der Konflikt zwischen den »Gläubigen« vorprogrammiert, die das Wiedererstarken ihrer religiösen

      Identität zum Maßstab ihrer ebenso ausschließlichen wie begrenzten Wahrheiten machen (Kepel, Rache 289).

      Wenn ich als Gast in einer Moschee bete, bete ich zu dem Gott, der sich in der Bibel offenbart. Er ist derselbe, zu dem Juden und Muslime beten, alle mit ihren Worten, ich mit dem christlichen Vaterunser (Ehrhardt Körting, Berliner Innensenator (SPD), in der Berliner Zeitung vom 15. Oktober 2010) Doch ist dem so?

      Aus Indien kommt ein Gleichnis: Ein König versammelte einst alle Blinden der Stadt an einem Platz und ließ ihnen einen Elefanten vorführen, damit sie sich ein Bild von ihm machen könnten. Die Blinden standen um den Elefanten herum und betasteten ihn: die einen den Kopf, die anderen das Ohr, andere den Stoßzahn, den Rüssel, den Rumpf, den Fuß, das Hinterteil und die Schwanzhaare. Darauf fragte der König diese Blinden: Was für einen Eindruck habt ihr? Wie sieht der Elefant aus? Und je danach, welchen Teil sie betastet hatten, antworteten sie: Er ist wie ein geflochtener Korb! … Nein, er ist wie ein Topf! … Nein, er ist wie eine Pflugstange! … Nein, er ist wie ein Speicher! … Nein, er ist wie ein Pfeiler! … Nein, er ist wie ein Mörser! … Nein, er ist wie ein Besen!

      Darüber gerieten die Blinden untereinander in heftigen Streit, und mit dem Geschrei, er sei so oder so und nicht anders, stürzten sie sich aufeinander und schlugen sich mit Fäusten.

      Der König soll sich mit zynischem Lachen abgewandt und entfernt haben.

      Neidisches Vorenthalten ist mit dem göttlichen Wesen unvereinbar, schreibt auch Aristoteles in seiner Metaphysik (982 b). GOTT ist offenbar, die einzige Gegenwart, doch die Menschen sehen es nicht (Log 113). Das menschliche Bewusstsein macht sich ein Bild von ihm und kann mit wachsender geistiger Kapazität immer mehr von ihm erfassen.

      Wenn wir diese geistige Evolution, wie sie Leben erzwingt, erfasst haben, ist uns klar, dass kein Gottesbild als ewig oder endgültig festgeschrieben werden darf. Wie das Gottesbild der Vorfahren uns heute nicht mehr genügen kann, so wird auch unser Gottesbild die Fragen der Zukunft nicht mehr beantworten.

      Die Starrheit unserer Religionen; die Annahme, dass die Zeit der Inspirationen vorüber und die Bibel abgeschlossen sei; die Furcht, Jesus herabzusetzen, wenn man ihn als Menschen auffasst: alles dies zeigt klar genug, welch falsche Wege unsere Theologie wandelt. Des wahren Predigers Aufgabe ist es, uns zu zeigen, dass Gott ist, nicht dass er war; dass er spricht, nicht dass er gesprochen hat (Ralph Waldo Emerson, Essays 46).

       Kapitel 3

       Die eine Bibel? – Zwei gegensätzliche Gottesbilder

      Mose nahte sich dem Dunkel, darinnen der HERR war.

      2 Mos 20, 21

      Der Herr aller Herren … wohnt in einem Licht,

      zu dem niemand kommen kann.

      1 Tim 6, 16

      Das Gottesbild der Jüdischen und das der Christlichen Bibel könnten verschiedener nicht sein. Zwei so gegensätzliche Bilder können aber nicht denselben Gott abbilden.

      Die beiden religiösen Strömungen unter den Juden zur Zeit von Jesus waren die Pharisäer und die Sadduzäer. Matthäus, der selbst aus dem Judentum kam, erkannte die Gefahr, die von hier aus auf die neue Lehre ausging, und überliefert die Warnung Jesu: Augen auf und habt Acht auf den Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer (Mt 16, 6). Ein wenig Sauerteig durchsäuert und verändert den ganzen Teig (1 Kor 5, 6). Doch wie Matthäus gleich im Anschluss berichtet, kapierten seine Schüler die Warnung nicht und meinten, sie hätten Brot vergessen. Sie waren nicht die letzten, die diese Warnung nicht verstehen sollten. So nahm auch die werdende Kirche in ihrer Überzeugung, die ganze Entwicklung Israels laufe auf sie hinaus, die alten Schriften für sich in Anspruch und fügte aus den zwei unverträglichen Teilen ein unstimmiges Ganzes zusammen. In den Gottesdiensten der Kirchen werden bis heute Lesungen aus beiden Testamenten verwendet.

      Indem die christliche Kirche das unheilvolle Erbe dieses Aspektes von Religion samt seinem Gottesbegriff aus dem Judentum übernahm, waren praktisch Gewaltanwendungen in der Kirche vorprogrammiert, wobei die Kriegstheologie des Alten Testaments als Vorbild diente. Und bis heute scheint das Gottesbild der christlichen Kirchen noch stark von dem Gewalt anwendenden Gott des Alten Testaments vorgeprägt zu sein, dem ohne Widerrede zu gehorchen sei. Aber wie soll ein solcher Gott in unseren demokratischen Traditionen und dem hier stark verankerten Toleranzbegriff ein Zuhause finden? (Lüdemann, Unheilig 117)

      In seiner vielbändigen Kriminalgeschichte des Christentums sagt Karlheinz Deschner vom Gottesbild des Alten Testaments: Dieser Gott aber, von Absolutheit besessen wie keine Ausgeburt der Religionsgeschichte zuvor und von einer Grausamkeit, die auch keine danach übertrifft, steht hinter der ganzen Geschichte des Christentums. … Dieser Gott genießt nichts so wie Rache und Ruin. Er geht auf im Blutrausch. Seit der „Landnahme“ sind die geschichtlichen Bücher des Alten Testaments „auf lange die Chronik eines immer erneuten Gemetzels ohne Grund und Schonung“ (Brock) „Sehet nun, dass ich’s allein bin und kein Gott neben mir! …So wahr ich ewig lebe: wenn ich mein blitzendes Schwert schärfe und meine Hand zur Strafe greift, so will ich

      mich rächen an meinen Feinden … will meine Pfeile mit Blut trunken machen, und mein Schwert soll Fleisch fressen, mit dem Blut von Erschlagenen und Gefangenen, von den Köpfen streitbarer Feinde.“5 Mos 32,39 ff (I 75).

      Die Jüdische Bibel enthält Bücher, die mit Recht zu den großen Weisheitsbüchern der Menschheit zählen. Doch das Gottesbild, besonders ab dem zweiten Mosebuch, ist mit dem christlichen Gottesbild keineswegs kompatibel.

      Der HERR des Alten Testaments wohnt im Dunkeln (2 Mos 20, 21), er bereut seine Schöpfung, weshalb er sie von der Erde vertilgen will, was indes misslingt (1 Mos 6, 7). Er führt Abraham in Versuchung, indem er von ihm verlangt, seinen lang ersehnten Sohn und Erben auf einem Opferaltar zu töten.

      Er ruft auf zum heiligen Krieg: Ich will alle Heiden zusammenbringen und will sie ins Tal Joschafat (= Gott richtet) hinabführen. … Bereitet euch zum heiligen Krieg! … Macht aus euren Pflugscharen Schwerter und aus euren Sicheln Spieße. … Die Heiden sollen sich aufmachen und heraufkommen zum Tal Joschafat; denn dort will ich sitzen und richten alle Heiden ringsum. Greift zur Sichel, denn die Ernte ist reif! Kommt und tretet, denn die Kelter ist voll, die Kufen laufen über, denn ihre Bosheit ist groß. … Und der Herr wird aus Zion brüllen und aus Jerusalem seine Stimme hören lassen, dass Himmel und Erde erbeben werden (Joel 4)2.

      Der HERR ist zornig über alle Heiden … er wird an ihnen den Bann vollstrecken und sie zur Schlachtung hingeben. Und ihre Erschlagenen werden hingeworfen werden, dass der Gestank von ihren Leichnamen aufsteigen wird und die Berge von ihrem Blut fließen…. Des HERRN Schwert ist voll Blut (Jes 34, 2 ff).

      Der HERR ist der rechte Kriegsmann, HERR ist sein Name (2 Mos 15, 3). Der HERR dein Gott ist in deiner Mitte, der große und schreckliche Gott (5 Mos 7, 21). Er ist auch ein großer und furchtbarer

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