Das Labyrinth erwacht. Rainer Wekwerth

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Das Labyrinth erwacht - Rainer Wekwerth Labyrinth-Trilogie

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erreichten sie völlig durchnässt und geschwächt den Wald. Das Gewitter war erneut losgebrochen, Sturm und Regen waren sie auf der offenen Ebene schutzlos ausgeliefert, ihre Kleidung war vom Regen vollgesogen und pitschnass. Erst zwischen den Bäumen waren sie vor der Witterung geschützt. Erschöpft und in der stark abgekühlten Luft zitternd schlugen sich die sechs Jugendlichen durch das dichte Unterholz. Mächtige Baumstämme erhoben sich rechts und links, teilweise reichte ihnen das Buschwerk bis zu den Schultern. Groß gewachsene Farne versperrten ihnen den Weg, den Jeb und León immer wieder mit Stöcken freischlugen. Jeb trieb die Gruppe unermüdlich an.

      »Tiefer in den Wald«, sagte er. »Wir müssen tiefer in den Wald. Sucht nach Bäumen, deren Äste breit ausgestreckt sind, darunter bleiben wir hoffentlich trocken und wir finden vielleicht trockenes Holz. Dann können wir ein Feuer machen und uns aufwärmen.«

      Schweigend marschierten sie hinter ihm her. Nicht einmal León oder Kathy widersprachen, sondern ergaben sich Jebs Führung. Hier und jetzt war er der Anführer, aber so würde es nicht bleiben, das wusste er.

      Tief im Wald war der Regen nicht mehr so dicht, dafür die Wassertropfen umso schwerer, wenn sie aus dem Blätterdach der großen Nadel- und Laubbäume herabfielen, ihre Haare durchnässten und ihre Kragen aufweichten. Wenigstens die Schuhe waren dicht. Sie froren.

      Das Licht war düster geworden. Man musste die Augen zusammenkneifen, wenn man dem schmalen Pfad folgen wollte, auf dem sie sich durch den Wald kämpften. Die Luft war schwer und schwül, roch süßlich nach verrottendem Laub. Es war kein unangenehmer Geruch, aber er legte sich wie ein feuchtes Tuch über ihre Gesichter. Außer ihren Schritten auf dem Waldboden, den Geräuschen des raschelnden Laubes unter ihren Füßen und dem Knacken der morschen Äste, die sie zertraten, war nichts zu hören. Fast schien es, als gäbe es kein Leben in diesem Wald voller wild wuchernder Pflanzen. Und doch war hier im Gegensatz zu der weiten Ebene so viel Leben überall um sie herum vorhanden, aber es schwieg, während der Regen unablässig vom Himmel fiel.

      Schließlich blieb Jeb stehen. Er deutete auf einen mächtigen Baumriesen, durch dessen Krone weit oben Nebelfetzen zogen. Starke, knorrige Äste hatten ein Dach geschaffen, unter dem es tatsächlich trocken war. Es gab genug Platz für sie alle. Erschöpft ließen sie sich auf die weichen Nadeln darunter sinken. Keiner legte seinen Rucksack ab, zunächst mussten sie wieder zu Atem kommen.

      Es war Jeb, der als Erster sprach.

      »Wir müssen ein Feuer machen, die Sachen trocknen, sonst frieren wir die ganze Nacht.«

      »Es regnet«, stellte Kathy spöttisch fest. »Wo willst du hier trockenes Holz für ein Feuer finden?«

      Jeb ärgerte sich über Kathy, sagte dann aber ruhig: »Seht euch um. So ein alter Baum verliert viel Holz. Äste, die der Wind abbricht, Tannenzapfen, trockene Nadeln. Hier gibt es bestimmt etwas, das wir anzünden können. Ich werde ein Stück hochklettern und versuchen, trockene Äste abzubrechen.«

      »Und wie willst du dann bitte schön Feuer machen? Wir haben nichts, um das Holz anzuzünden.« Kathy stemmte die Hände in die Hüften.

      »Doch, haben wir.« Jeb streifte endlich seinen Rucksack ab. Er öffnete eine der Seitentaschen und zog ein Metallding hervor, das im trüben Licht seltsam matt glänzte. »Schaut her, ich habe ein Feuerzeug.«

      Sie alle starrten das Metallding an und erkannten den Gegenstand. Feuerzeug. Sie wussten, was das war und wie es funktionierte.

      Tian erhob sich als Erster. Seine Haare waren unter der Kapuze weitgehend trocken geblieben, lediglich die blaue Strähne schimmerte feucht in der Dämmerung.

      Nachdem er seinen Rucksack sorgsam auf dem Boden abgelegt hatte, begann er, Äste und trockene Zapfen zu sammeln und zu einem kleinen Haufen zu stapeln. León beobachtete ihn einen Moment und half ihm dann.

      Jenna stand nun ebenfalls auf, sah sich um und brach schließlich an einem Nachbarbaum einen tief hängenden Ast mit dichtem Blätterwerk ab. Jeb sah sie erstaunt an, als sie damit den Boden unter dem Baum fegte und so von Holzstückchen und Steinen befreite. Anerkennend nickte er ihr zu und einen Moment verfingen sich ihre Blicke ineinander.

      Noch war nichts wirklich gut, aber es wurde besser. Jeb fasste nach einem starken Ast und zog sich hoch. Obwohl auch er erschöpft war, fiel ihm die Kletterei nicht schwer. Er musste das schon öfter gemacht haben, denn die Geschicklichkeit, mit der er den Baumriesen bestieg, schien auf Erfahrung zu beruhen. Unterwegs brach er Äste ab und warf sie von Warnrufen begleitet nach unten. Wie er vermutet hatte, gab es an diesem alten Baum ausreichend morsches Holz. Sie würden ein ordentliches Feuer machen können, und das mussten sie auch, wenn sie die Nacht überleben wollten. Schon seit Stunden waren keine Schreie und keine Rufe mehr zu hören gewesen, aber Jeb war sich sicher, dass es oder sie weiterhin lauerten. Die Sonne war bereits untergegangen und er wusste nicht, was dann passieren würde.

      Da fiel ihm ein, dass sie noch immer nur zu sechst waren, nicht zu siebt, wie es in der Botschaft geheißen hatte. War einer von ihnen etwa den Verfolgern bereits zum Opfer gefallen? Aber bedeutete es auch, dass diese Wesen, Jäger – was auch immer – sie dann verschonen würden diese Nacht? Bei diesem Gedanke wurde ihm fast schlecht und er versuchte, ihn so schnell wie möglich zu verdrängen. Jetzt mussten sie ein Feuer machen.

      »Jeb, wir haben genug Holz. Du kannst runterkommen«, drang Tians Stimme von unten zu ihm herauf und erlöste ihn von seinen bedrückenden Gedanken.

      »Okay«, rief er zurück, dann machte er sich an den Abstieg. Als er wieder mit beiden Füßen auf dem Boden stand, sah er, dass Tian und León einen Teil des Holzes in einem Kreis aus großen Steinen aufgeschichtet und die restlichen Äste etwas abseits gestapelt hatten. Der weiche Waldboden wirkte durch Jennas Mühe nun trocken und sauber. Kathy und Mary hatten ihre Rucksäcke ausgepackt. Die darin gefundenen Schlafsäcke lagen ausgebreitet vor ihnen, darauf waren die Gegenstände sortiert, die sie in den Seitentaschen gefunden hatten. Kathy kaute konzentriert an einem Stück Trockenfleisch, während Mary mit leerem Blick vor sich hin starrte.

      Jeb schüttelte verwundert den Kopf, seufzte innerlich und ging dann zu den beiden Jungs hinüber. Er streckte ihnen das Feuerzeug entgegen.

      »Möchte jemand von euch?«

      Tian schüttelte den Kopf.

      »Mach du«, sagte León. »Sieht so aus, als hättest du Ahnung vom Feuermachen.«

      Es klappte auf Anhieb. Die Flamme entzündete zuerst die trockenen Nadeln und die dürren Ästchen. Bald schon griffen die Feuerzungen auf die Tannenzapfen und größeren Äste über und ein helles knackendes Feuer loderte auf.

      Kathy und Jenna kamen herüber. Die Hände der Wärme entgegenstreckend standen sie vor dem Feuer. Mary war allein an ihrem Platz geblieben.

      Was ist bloß mit ihr?, fragte sich Jeb. Er stieß Tian an und nickte mit dem Kopf in Marys Richtung. Der Asiate zuckte kurz mit den Schultern, dann ging er zu dem dunkelhaarigen Mädchen hinüber und redete leise auf sie ein.

      Schließlich erhob sich auch Mary und kam mit Tian zu den anderen herüber.

      Es wurde nun richtig schön warm. Jeb zog seine Jacke aus und hängte sie über einen Ast. León und Tian folgten seinem Beispiel, die Mädchen behielten ihre Jacken an.

      Erschöpft und müde blickten die sechs Jugendlichen ins Feuer, als das Knacken eines Astes in ihrem Rücken die nächtliche Stille störte.

      Alle zuckten erschrocken zusammen und lauschten in die Nacht. Stille.

      Was

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