Das Labyrinth erwacht. Rainer Wekwerth

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Das Labyrinth erwacht - Rainer Wekwerth Labyrinth-Trilogie

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er vielleicht einen Kilometer weit gegangen war, stolperte er im hohen Gras über etwas. Tian versuchte vergeblich, das Gleichgewicht zu halten, er fiel und landete schwer auf etwas Weichem.

      Erneut packte ihn die Panik, ohne Ziel tasteten seine Hände umher, sein Hirn hatte ausgesetzt, als auf einmal eine Stimme unter ihm fluchte. Auch wenn er nicht alles begriff, kehrte sein Verstand zurück und ihm waren zwei Dinge sofort klar: Die Stimme beschimpfte ihn auf übelste Art und Weise und sie gehörte einem Mädchen.

      Erschrocken und erleichtert zugleich versuchte er aufzustehen, stützte sich dabei auf den Beinen des Mädchens ab, die vor Schmerzen aufjaulte.

      Tian schaffte es endlich, sich aufzurichten. Er wollte sich entschuldigen, aber der Anblick verschlug ihm die Sprache. Vor ihm im Gras lag ein Mädchen in seinem Alter. Rote Haare breiteten sich wie ein loderndes Feuer um ihren Kopf aus. Das Gesicht war herzförmig, mit klaren grünen Augen, die ihn wütend anfunkelten, einer Stupsnase und Lippen, so rot wie Blut. Der Körper des Mädchens war makellos, braun gebrannt, mit kleinen festen Brüsten und schlanken Beinen. In der Mitte ihres Körpers…

      ... eine schmale Hand schob sich davor und eine wütende Stimme zischte: »Was glotzt du mich so an, du Idiot?«

      »Äh… ich habe nicht…«

      »Ich hab doch gesehen, wie du gegafft hast.«

      »Ja, nein, ich wollte dich doch nicht… ich war nur überrascht.« Tian brauchte eine Weile, bis er seine Stimme wiederfand. »Entschuldigung, ich wollte dir nicht wehtun.«

      Das Mädchen kam zum Sitzen und umschlang mit den Armen ihre Beine, sodass sie nicht mehr ganz entblößt vor ihm war. Aber dieser Umstand schien sie nicht weniger wütend zu machen.

      »Na, toll. Mir tut trotzdem alles weh. Was machst du überhaupt hier?«

      »Ich habe deine Rufe gehört und dachte, du brauchst Hilfe.«

      »Ich habe nicht gerufen.«

      »Aber ich habe doch die Rufe gehört und bin ihnen gefolgt. So habe ich dich gefunden.«

      »Und wieso habe ich nichts an? Ist das alles ein blöder Witz oder was?«

      Er zögerte. »Tian, ich heiße Tian«, sagte er dann.

      Das Mädchen kniff die Augen zusammen. »Hab ich dich danach gefragt?«

      »Nein, aber ich dachte…«

      »Du denkst zu viel. Sag mir lieber, wo du die Klamotten herhast.«

      »Die waren in einem Rucksack.«

      »Schau, dort hinten steht ein noch einer, der ist wahrscheinlich für dich.«

      »Was? Wo?« Sie drehte den Oberkörper, hielt dann aber inne und sah Tian eindringlich an. »Wenn du mich jetzt wieder so anglotzt, dann…«

      »Was… äh, nein.«

      »Dreh dich um.«

      »Wie?«

      »Du sollst dich umdrehen, verdammt noch mal! Bist du schwer von Begriff? Ich will aufstehen und zum Rucksack gehen, ohne dass du mir auf den nackten Arsch starrst.«

      »Ach so, okay.«

      Tian wandte sich verlegen ab. Er konnte doch nicht ahnen, dass er über ein nacktes Mädchen…

      »Du glotzt schon wieder, oder?«

      »Ich GLOTZE nicht.« Das Mädchen ging ihm langsam, aber sicher auf die Nerven. Was bildete die sich eigentlich ein?

      »Ich bin übrigens Kathy.«

      Ihre Stimme klang plötzlich wie Honig. Tian schüttelte verwirrt den Kopf. Hinter seinem Rücken raschelte es.

      »Du guckst immer noch nicht, oder?«

      »Nein, verdammt!« Er starrte zum Horizont. Dunkle Wolken zogen auf, schienen das Land und die Berge in der Ferne verschlucken zu wollen. Er grübelte darüber nach, ob er diese Landschaft irgendwoher kannte.

      »Es wird bald regnen«, sagte er.

      »Woher willst du das wissen?«

      »Da, diese Wolken, es sieht nach einem Gewitter aus. Wenn das losbricht, wird’s echt heftig. Wir sollten uns schnell einen Unterschlupf suchen.«

      Ein hämisches Lachen erklang. »Du bist echt ’ne Leuchte. Hier ist doch nur dämliches Gras, so weit das Auge reicht.«

      »Dort hinten ist ein Wald.«

      Kurz war Ruhe, wahrscheinlich blickte Kathy sich um, dann spürte er ihren warmen Atem an seinem Ohr, erschrocken machte er einen Satz nach vorn. »Du kannst dich wieder umdrehen, warst ein braver Junge.«

      Sein Herz pochte wild. Er spürte, dass er rot wurde, und das machte ihn wütend. »Was soll das?«

      Kathy lachte glockenhell und hob beschwichtigend die Hände. »Oh. Hab ich dich erschreckt? Das tut mir leid!«

      Tian reichte es langsam. Er trat vor sie und reckte sein Gesicht vor, bis er ihrem ganz nahe war.

      »Was ist dein Problem?«, knurrte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Seit ich dich gefunden habe, beleidigst du mich.«

      »Du hast…«

      »Ich habe geglotzt, ja, verdammt. Du hättest auch gestarrt, wenn es umgekehrt gewesen wäre.« Er hob warnend den Zeigefinger. »Und sag jetzt nicht, dass das nicht stimmt. Ich bin hierhergekommen, weil ich dachte, du brauchst Hilfe, und was machst du? Du hast nichts anderes zu tun, als mich zu beleidigen.«

      »Gott, bist du…«

      »Sag jetzt nichts. Wenn du mich noch einmal beschimpfst…«

      »Kann ich mitkommen?«

      Tian sah sie eindringlich an. »Willst du das überhaupt?«

      Sie nickte.

      Dann gingen sie los.

      5.

      Jeb hatte León die Führung überlassen und schritt nun hinter ihm und Jenna her. Sie marschierten schweigend. Er grübelte noch immer über das Verschwinden von Leóns Rucksack nach. Doch auch nachdem sie zu dritt das Gras abgesucht hatten, blieb er wie vom Erdboden verschluckt. Schließlich war es León gewesen, der zähneknirschend seine Wasserflasche genommen und die Suche abgeblasen hatte. Jeb wusste, dass sie ihre Essensrationen nun knapper einteilen mussten, auch wenn er den Gedanken an die nächsten Stunden verdrängte. Zunächst würden sie die anderen finden und den Wald erreichen müssen.

      Ab und zu wandte sich Jenna um und zwinkerte ihm zu. Ihre Freundlichkeit tat ihm gut. Er beobachtete, wie sie mit kräftigen Schritten marschierte, und bewunderte ihre Sportlichkeit. Jenna schien ausdauernd zu sein. Ihr Atem ging ruhig. Sie waren nun schon so lange unterwegs, und während er bereits ein Ziehen in den Oberschenkeln verspürte, war Jenna die Anstrengung nicht anzumerken. Sie schien nicht einmal sonderlich zu schwitzen. Ihm dagegen

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