Freiheit und Sein als Lebenskunst. Hannes Kerfack

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Freiheit und Sein als Lebenskunst - Hannes Kerfack Theologisch-philosophische Studienschriften

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und den Hilferuf des französischen Königtums, reagiert das Trienter Konzil 1563 in letzter Instanz. In einem Dekret über die Heiligen- und Bilderverehrung wird den Bildern ihre Gnade stiftende Funktion abgesprochen, was aber unter anderem im Widerspruch zur spätmittelalterlichen Vorstellung und Volksfrömmigkeit steht und ein Spannungsfeld zwischen Ideal und Wirklichkeit aufzeigt. Obwohl das Gesetz festgelegt wird, bedeutet das nicht unbedingt, dass es auch in der Praxis und im Alltag komplett umgesetzt wird. Das Trienter Konzil grenzt sich nicht allein von der Reformation ab. Sie nähert sich dieser auch an und nimmt auch eine kritische Instanz ein. Gleichzeitig intendiert es einen Religionsfrieden zwischen Katholiken und Calvinisten in Frankreich. Diese historischen Vorgänge und Kontexte haben sich in diesem Dekret von Trient 1563 niedergeschlagen und zeigen, dass Quellen immer auch „im Wachstum“ sind und sich individuelle Freiheit immer zu historischen Kontexten und Gesetzen verhält, die die eigene Leidenschaft (oder auch nicht) einschränken können. Denn es wird auch vermutet, dass das Trienter Bilderdekret zu einer Verstärkung der Volks- und Bilderfrömmigkeit geführt haben soll. Letztlich unterliegt dieses aber auch der eigenen Verantwortung gegenüber dem Seins-System Kirche und der Gesellschaft, sodass sich das Individuum in seiner Authentizität auch hier zwischen zwei und mehreren Polen bewegt, wie es sein Leben lebt oder überhaupt leben kann. Denn die Bilderverehrung hat eine Heilsbedeutung, eine Lebensermöglichung, sein Nichts, die Angst vor dem Fegefeuer, sein mögliches Chaos zu überwinden, hin zur Ordnung, zur Freiheit selbst, zur Leidenschaft, was im Spätmittelalter ein entscheidendes, ontologisches Über-System ist. Gleichzeitig soll Rücksicht und Empathie auf die jeweiligen, historischen Kontexte, wie z.B. die Bilderstürme genommen werden und sich mit der Realität, die zu diesen Tumulten geführt hat, auch kritisch auseinandergesetzt werden, um das Leben, die Freiheit, die individuelle Bedeutung der Bilder für den Einzelnen zu schützen beziehungsweise die Grundstandpunkte der Katholischen Kirche, die Wirkung von Gnade durch die Werkgerechtigkeit und nicht allein die Glaubensgerechtigkeit. Aber es gibt dennoch eine Art Kompromissbereitschaft und Annäherung an die Reformation, in Form des Trienter Konzils, um eine Eskalation zu vermeiden. In einem ersten Schritt geht es darum, die Geschichte und Entstehung des Trienter Bilderdekretes anhand der historisch-kritischen Methode, der Quellenanalyse und kritischen Reflexion der Sekundärliteratur, nachzuvollziehen. Das Dekret nimmt unter anderem Quellen aus dem zweiten nizänischen Konzil von 787 und den darauf folgenden Libri Carolini, die Antwort auf die Bilderfrage im Osten, auf. Die Bilderfrage ist nach dem Tridentinum nicht abgeschlossen und die letztgültige Entscheidung liegt in den Händen der Bischöfe und des Papstes. Das Dekret gibt eher offene Anweisungen über den rechten Gebrauch der Bilder, die auf den spezifischen Fall anzuwenden sind, z.B. im Falle der verbotenen leidenschaftlichen, lasziven Bilderdarstellungen, deren naturalistische Darstellungen ein Erkennungszeichen der beginnenden Renaissance-Malerei sind. Eine eigene Frage innerhalb dieser Arbeit ist daher: Wie wirken Bilder ästhetisch und emotional auf den Betrachter und warum? Hat das Tridentinum Auswirkungen auf die bildende Kunst gehabt? Als Hilfsmittel dienen kunstwissenschaftliche Methoden, die exemplarische Bilder nach ihrer Form, Farbe und Komposition untersuchen.

      7 Ganzer, Volksfrömmigkeit, 24.

      2 S. auch den ersten Abschnitt im Buch: Kerfack, Hannes (2020): Auf Entdeckungslaufreise. Ausgewählte Themen, Teezimmer und Texte (Auf Entdeckungsreise, 1), tredition: Hamburg und das Buch als Ganzes für die Einführung in das „Laufen mit Mehrwert“, um auch diese Ethik hier für sich weiterzuschreiben.

      3 Lentes, Adiaphora, 213.

      4 Lentes, Auge, 76.

      5 Makrides, Ikonen, 156.

      6 Lentes, Auge, 80.

       1.1. Quellengeschichte und Voraussetzungen des Dekretes über die Bilder- und Heiligenverehrung auf dem Trienter Konzil 1563

       1.1.1. Das zweite Konzil von Nizäa 787 und der Bilderstreit im 8. Jahrhundert

      Da die jeweiligen Bildentwürfe je nach ihrem historischen Kontext zu bewerten sind8 und das Konzil von Trient im Bilderverehrungsdekret auf das Bilderdekret vom zweiten Konzil von Nizäa Bezug nimmt, gehe ich im folgenden Abschnitt auf die Bilderfrage in der Ostkirche ein. Der Bilderstreit kann nicht in seiner Gesamtheit behandelt werden. Daher beschränke ich mich auf die Konzile und Autoren, die unmittelbar Einfluss auf das zweite Nizänum nehmen. Zwischen der Bilderverehrung im Osten und Westen gibt es zudem Gemeinsamkeiten, die analysiert werden sollen.

      Die Ursache des Bilderstreites im 8. Jahrhundert ist ein Vulkanausbruch, der als Ausdruck des Zornes Gottes gegenüber der Bilderverehrung Christi gedeutet wird. Freiheit und Kontexte oder Seins-Systeme sind daher auch von Schicksalen und Kontingenzen zwischen Gott und Natur abhängig, wie sie sich dadurch verändern und darauf je nach dem Zeitgeist (Tun-Ergehen-Zusammenhang, Sünde und Gnade) deutend und auch kritisch reagiert wird, um einen Konsens zu finden, der aber auch wieder zur Häresie führen kann, sodass Orthodoxie und Häresie im weitesten Sinn Spannungsfelder der Ethik authentischer Freiheit sind, auch wenn darüber eine höhere Instanz, das Konzil, und weniger das Individuum darüber entscheidet. Der byzantinische Kaiser Leo III. lässt daraufhin das eiserne Bild Christi am Tor seines Palastes in Konstantinopel zerstören.9 Auf der einen Seite wird argumentiert, dass die Bilder dem Bilderverbot im Dekalog widersprechen.10 Andererseits ist dieses Gebot im Kontext jüdischer Religion entstanden. Daher wird argumentiert, dass das Christus-Bild und kein Gottesbild direkt verehrt werden. Das tritt in Spannung mit dem dogmatischen Beschluss des Konzils von Chalkedon im Jahr 451. Da Jesus Christus wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch ist, ist er nach seiner Göttlichkeit mit dem Vater wesenseins, in zwei Naturen unvermischt, ungetrennt und unteilbar. So ist er, wie Gott, nicht abbildbar.11 Das bilderfeindliche Konzil von Hiereia im Jahr 754 bestätigt diesen Beschluss und lehnt die Christusbilder ab. Wenn Christus gemalt wird, kann er nur in seiner menschlichen Natur gemalt werden. Dadurch trennt sich Christus von seiner göttlichen Natur. Zweitens ist Gott zugleich Heiliger Geist und somit nicht darstellbar. Die Verehrung gilt allein dem Geist und nicht dem Bild.12

      Ein bilderfreundliches, zweites Konzil in Nizäa 787 rehabilitiert die Christusbilder und erklärt das Konzil von Hieraia für häretisch. Dazu ist der Beschluss und die Autorität eines wirklich ökumenischen Konzils notwendig. Andererseits verhindern kaiserliche Gardetruppen zunächst das Konzil in Konstantinopel als ursprünglichen Tagungsort, das dann nach Nizäa in der Zeit vom 28.9.13.10.787 verlegt wird.13

      Dass das Konzil ökumenisch ist, bezeugt auch die Teilnehmerstruktur (350 Bischöfe aus West und Ost und zwei päpstliche Vertreter mit dem Namen „Petrus“ als direkte Abgesandte des Papstes, um das Konzil zu legitimieren). Durch den göttlichen Eifer und Befehl unseres Kaisers Konstantin und der gläubigen Kaiserin Irene, soll die göttlich inspirierte Überlieferung der Katholischen Kirche durch gemeinsamen Beschluss Geltung erlangen.14

      Das Konzil wendet sich gegen die Häretiker des Konzils von Hieraia, die sich vom „rechten Denken“ abwenden und sich der Überlieferung der Katholischen Kirche entgegenstellen.15 Diese machen zwischen heiligen und profanen Bildern keinen Unterschied, da sie das Bild des Herrn und seiner Heiligen mit gleichen Namen bezeichneten, wie die Statuen der satanischen Götzen.16 Das Konzil folgt dem nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis und dem ersten Konzils von Nizäa.17 Dieses bezeugt die Wesenseinheit von Jesus Christus und Vater und gleichzeitig die Zeugung durch Maria, nicht Schaffung, durch den Vater auf Grundlage von Joh 4,3.18 Jesus steht der Göttlichkeit des Vaters in Nichts nach. Jesus ist vollkommener Mensch und vollkommener Gott.19 Christus ist keine dritte Person, die losgelöst vom Heiligen Geist und Gott steht, resultiert Moeller.20

      Die Ikonenmalerei stimmt mit der Botschaft des Evangeliums überein und dient der Beglaubigung des wirklichen, göttlichen Mensch-Geworden-Seins Jesu Christi. Sie unterstreicht die Beschlüsse des Konzils von Konstantinopel und Chalkedon und die Unterscheidung von den zwei Naturen Jesu Christi.21 Die Erinnerung an die Person Christi

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