Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse

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Die Legende vom Hermunduren - G. K. Grasse Die Legende vom Hermunduren

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dann, wenn deinen Bruder eine eigenartig hohe Stimme auszeichnete. Woher hat er diese?“ drang Gerwin in den Rudermeister.

      „Gerwin, das ist eine gute Botschaft… Ich scheute mich heimzukehren, als ich die Gelegenheit besaß… Vater und Mutter sind längst tot. Wenn mein Bruder jedoch lebt, gibt es einen sehr guten Grund… Die Stimme, ach seine Stimme…“ Argelastus war nicht nur seine Überraschung, sondern auch Freude anzusehen. Eine Bemerkung zur Stimme vermied er jedoch.

      „Du schuldest mir das Ende deiner Geschichte…“ griff Gerwin in den Freudentaumel des großen Hermunduren ein.

      „Was, wie… ach so…“ Er besann sich.

      „Ich kämpfte dreimal in der Arena in Augusta Treverorum. Beim ersten Mal zog ich mir das zu…“

      Argelastus zog seine Tunica hoch und verwies auf eine handlange Narbe. „Der Kerl, der mir das beibrachte, hauchte seinen Atem aus. Ich war entwaffnet und er fand mit seinem Krummschwert mein Bein… Ich habe diesen Thraker erwürgt…“ Er lächelte in seine Erinnerung.

      „Der Zweite wollte mit mir spielen… Er war Retiarius, ein mit dem Netz Kämpfender… Als Murmillo war ich zu schwerfällig. Er war im Vorteil, bis ich sein Netz wegschleudern konnte… Seinem Dreizack zerhieb ich den Stiel. Mit dem verbliebenen Stock war er nahezu wehrlos… Ich machte ein Ende mit ihm…“

      Argelastus schwieg und blickte in die Runde der zahlreichen Zuhörer… Alle die nicht ruderten drängten sich um die Hermunduren. Gerwin hatte das Gefühl, dass keiner der Männer der Besatzung diese Geschichte kannte. Vielleicht war Boiuvario der Einzige…

      „Du sprachst von drei Kämpfen…“ warf Notker ein.

      „Ja, wenig ruhmreich… Dennoch brachte mir der Kampf das Holzschwert…“

      „Du erhieltest die Freiheit… Das würde man dir nicht schenken… Warum dann deine Reue?“

      „Kein Gladiator wählt seinen Gegner… Gehst du durch das Tor, heißt es nur noch: er oder ich! Ich war jung, ich wollte Leben… Es waren zwei, ein Vater, erfahren im Kampf als Gladiator und sein Sohn, noch unerfahren…, dafür jung, kraftvoll und flink…“

      „Welcher verfluchte Römer ließ das zu?“ fauchte Viator.

      Argelastus überging die Bemerkung.

      „Sie waren im Vorteil, konnten mich vorn binden und hinten niederstechen… Ich kann nicht sagen, dass sie schlecht kämpften… Der Vater war der zweifellos bessere Mann. Er griff von vorn an und der Sohn schlich sich hinten heran…“ Die Erinnerung schüttelte den Rudermeister.

      „Du siehst nicht gut durch den Helm… Geht einer von deinen Gegnern aus dem Sichtbereich, weißt du nicht, woher er angreift…“ Aus seinen Worten sprachen Angst und Verzweiflung, die nach den Herzen der Zuhörer griffen.

      „Du hattest Angst… “ Notkers Worte waren nicht nur eine Frage, sie glichen eher einer Feststellung.

      „Na sicher! Sie waren geschickt… Der Vater band meinen Blick und griff an. Ich erkannte diese Gefahr und begriff, dass so lange ich den Vater bekämpfte und mich ständig bewegte, sich der Sohn nicht heranwagen würde… Doch die Rüstung ist schwer und du ermüdest… Indem ich den Älteren immer wieder vor mir hertrieb und ihn ständig zwischen mich und dessen Sohn brachte, konnte der Jüngere nicht vorprellen, um mich zumindest zu verletzen. Der Sohn war ein Thraex, schlank und gewandt…“ Argelastus unterbrach sich und die Masse der zuhörenden Mannschaft schwieg betroffen.

      „Wodan grüßte schon in der Ferne… Verdammt, ich hatte nur eine einzige Möglichkeit… Der Ältere und ich, wir waren in etwa gleichwertig. Seiner Erfahrung konnte ich meine Kraft und Jugend entgegensetzen… Ermüdeten der Vater und auch ich, konnte der Sohn leicht den tödlichen Stoß ansetzen…. Soweit durfte es nicht kommen… Also täuschte ich meine Erschöpfung vor und lauerte. Gebt mir mal eine Kelle Wasser, erzählen macht durstig…“ forderte er die Zuhörer auf. Ein Becher wanderte durch die Reihen und wurde Argelastus gereicht. Er war jetzt der absolute Mittelpunkt. Nicht das ihn der Ruhm schüttelte… Dennoch erkannte er, dass sich seine Stellung in der Mannschaft, mit jedem weiteren Wort, ausprägte und auch die Anerkennung der Reisenden nahm spürbar zu. Also setzte er seine Geschichte fort.

      „Der Vater wusste, wie mein Zustand war, denn auch er besaß noch Reserven, nur vergaß er des Sohnes mangelnde Erfahrung und dessen Ungeduld… Während wir uns erholten, griff der Thraex, von links hinten kommend, an. Das war die richtige Seite und deshalb erwartete ich ihn auch von dort…“

      Ich riss mein Scutum, zur Seite des Angreifers herum und stellte es auf den Boden. Gleichzeitig ließ ich es los, duckte mich unter dessen Schlag weg und erwischte den Jungen mit dem Gladius im Rücken. Der Kerl schrie und sein Vater stürmte auf mich zu. In seiner Wut schleuderte er seine Hasta, die mich, weil ich zur Seite, auf mein Scutum zuhechtete, verfehlte.“ Argelastus blickte auf die vernähten Wunden seiner Hände.

      „Das hast du gut gemacht, Stammesbruder!“ merkte er an.

      „Weiter, großer Hermundure!“ forderte Notker.

      „War nicht mehr viel… Er brachte sich in einem einzigen Augenblick um seine Vorteile. Ohne Lanze war mir der Hoplomachus auch deshalb ausgeliefert, weil ich mein Scutum wieder aufnehmen konnte… Ich trieb ihn vor mir her. Seine Kraft und auch seine Energie schwand. Der hinter mir noch immer röchelnde Sohn fachte seine Wut zwar immer wieder an… So aber vergeudete der Vater seine Kraft. Am Schluss enthauptete ich ihn… Die Zuschauer wollten auch den Tod dessen Sohnes… Ich war erschöpft, konnte mich kaum noch auf den Beinen halten…“

      Das nachfolgende Schweigen bewunderte und verurteilte gleichzeitig.

      „Du hast Glück gehabt, Verstand und Können bewiesen… Ich habe keinen Grund, an deiner Schilderung zu zweifeln, sehe dennoch die Verfehlung der Betreiber deiner Gladiatorenschule, dich zwei Männern auszuliefern… Es war ein ungerechter Kampf, gleich ob ein Vater und dessen Sohn dich bekämpften oder sich dir zwei gleichwertige Gegner stellten… Deine Götter waren stark, dir aus dieser Gefahr zu helfen…“ Viator sprach aus, was viele dachten.

      „Was folgte danach?“ Wieder meldete sich Notker.

      „Dann gab man mir das Holzschwert, später noch einen prall gefüllten Beutel und warf mich aus der Schule…“ erklärte Argelastus.

      „Was bedeutet das Holzschwert?“ Notker wollte es genauer wissen.

      Sexinius meldete sich. „Ein Rudis erhält, wer sich bewährte… Es ist das Zeichen der Freiheit, der Ehre und zeugt vom Ruhm des Gladiator… Das für schon drei Siege ein Rudis übergeben wurde, hörte ich noch nie…“

      „Er kämpfte gegen zwei Gegner gleichzeitig… Der besondere Kampf forderte besseren Lohn… Wusstest du, dass dir zwei Gegner gegenüber standen?“ mischte sich Viator erneut ein.

      „Bis zum Durchschreiten des Tores nicht… Der Lanista flüsterte es mir zu. Dass der Vater und dessen Sohn sich mir stellten, sei eine Ehre… Ich schiss auf die Ehre, ich wollte Leben… Dennoch verdanke ich dem Lanista mein Leben, denn ohne dessen Mitteilung hätte ich nicht gewusst, dass hier Zwei gegen nur Einen standen… Ein Kampf Jeder gegen Jeden bot wesentlich mehr Möglichkeiten zum Überleben…“

      Argelastus trank einen weiteren Schluck aus dem gereichten Becher.

      „Ich

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