Die Angst reist mit. Eric Ambler

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Die Angst reist mit - Eric  Ambler

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Sie sich von dem Arzt versorgen und bleiben Sie in Ihrem Zimmer, bis ich komme.«

      »Ich hatte eigentlich nicht vor, noch auszugehen«, sagte Graham bissig, doch Kopejkin hatte bereits aufgelegt.

      In dem Moment erschien der Arzt, ein dünner ruhiger Mann mit blassem Gesicht, der einen Mantel mit schwarzem Lammfellkragen über dem Pyjama trug. Hinter ihm trat der Hoteldirektor ein, ein dicker, unangenehm aussehender Mann, der offensichtlich davon ausging, dass das Ganze nur ein Scherz war, den sich jemand ausgedacht hatte, um ihn zu ärgern.

      Er schenkte Graham einen feindseligen Blick, aber noch ehe er den Mund aufmachen konnte, berichtete ihm sein Stellvertreter unter viel Gestikulieren und Augenrollen von dem Vorfall. Der Direktor stieß dabei laute Rufe aus und sah Graham etwas weniger feindselig, dafür etwas besorgter an. Schließlich hielt der Manager inne und sagte dann mit vielsagender Miene auf Französisch:

      »Monsieur verlässt Istanbul mit dem Elf-Uhr-Zug und möchte sich daher die Unannehmlichkeit ersparen, die Sache der Polizei zu melden. Ich denke, Sie werden mir zustimmen, dass das eine kluge Einstellung ist.«

      »Sehr klug«, pflichtete ihm der Hoteldirektor würdevoll bei, »und äußerst diskret.« Er straffte die Schultern. »Monsieur, wir bedauern unendlich, dass Sie diese unwürdige und peinliche Situation erleben mussten. Aber nicht einmal die vornehmsten Hotels der Welt können sich vor Dieben schützen, die durchs Fenster einsteigen. Gleichwohl ist sich das Hotel Adler Palace seiner Verantwortung gegenüber den Gästen bewusst. Wir werden alles Menschenmögliche tun, um die Angelegenheit zu bereinigen.«

      »Wenn es menschenmöglich wäre, den Arzt zu bitten, sich einmal meine Hand anzusehen, wäre ich Ihnen sehr verbunden.«

      »Ach ja, der Doktor. Bitte tausendmal um Entschuldigung.«

      Der Arzt, der sich mit düsterer Miene im Hintergrund gehalten hatte, trat nun vor und begann, auf Türkisch Anweisungen zu erteilen. Die Fenster wurden geschlossen, die Heizung wurde aufgedreht, und der Manager musste eine Emailschüssel besorgen. Er kam sehr bald wieder, die Schüssel wurde mit heißem Wasser aus dem Badezimmer gefüllt. Der Arzt entfernte das Handtuch von Grahams Hand, tupfte das Blut ab und untersuchte die Wunde. Dann sah er auf und sagte etwas zum Hoteldirektor.

      »Monsieur«, berichtete der Hoteldirektor in klagendem Tonfall, »er sagt, dass es nichts Ernstes ist – nur eine kleine Hautschürfung.«

      »Das habe ich mir auch schon gedacht. Wenn Sie wieder ins Bett gehen wollen, bitte. Aber ich hätte gern etwas heißen Kaffee. Mir ist kalt.«

      »Sofort, Monsieur.« Er schnipste mit den Fingern in Richtung Manager, der daraufhin hinausschlurfte. »Sonst noch etwas, Monsieur?«

      »Danke, nein. Nichts. Gute Nacht.«

      »Stets zu Diensten, Monsieur. Das Ganze ist sehr bedauerlich. Gute Nacht.«

      Er ging hinaus. Der Arzt reinigte sorgfältig die Wunde und verband sie. Graham wünschte, er hätte nicht mit Kopejkin telefoniert. Die Sache hatte sich erledigt. Es war schon kurz vor vier Uhr. Wenn Kopejkin nicht versprochen hätte vorbeizukommen, hätte er noch vier Stunden schlafen können. Immer wieder gähnte er. Der Arzt war fertig, tätschelte beruhigend den Verband und sah auf. Seine Lippen bewegten sich.

      »Maintenant«, brachte er hervor, »il faut dormir.«

      Graham nickte. Der Arzt stand auf und packte seine Tasche mit der Miene eines Mannes, der sein Möglichstes für einen schwierigen Patienten getan hatte. Dann sah er auf seine Uhr und seufzte. »Très tard«, sagte er. »Gideceğim. Adiyo efendi.«

      Graham bemühte seine Türkischkenntnisse. »Adiyo, hekim efendi. Çok teşekkür ederim.«

      »Birşey değil. Adiyo.« Er verbeugte sich und ging hinaus.

      Kurz darauf kam der Manager mit dem Kaffee und einer geschäftsmäßigen Miene, die offensichtlich besagen sollte, dass auch er wieder ins Bett gehen würde, und griff nach der Whiskyflasche.

      »Die können Sie stehen lassen«, sagte Graham. »Ein Freund von mir wird gleich kommen. Vielleicht sagen Sie dem Portier …«

      Doch da klingelte schon das Telefon. Der Nachtportier meldete Kopejkin. Der Manager ging hinaus.

      Kopejkin kam mit übertrieben ernstem Gesicht ins Zimmer.

      »Mein lieber Freund!«, rief er und sah sich um. »Wo ist denn der Arzt?«

      »Er ist gerade gegangen. Nur ein Streifschuss. Nichts Ernstes. Ich fühlte mich ein bisschen schwach auf den Beinen, aber abgesehen davon, geht es mir gut. Es ist wirklich sehr nett von Ihnen, dass Sie gekommen sind. Die Hoteldirektion hat mir eine Flasche Whisky spendiert. Setzen Sie sich und trinken Sie! Ich selbst trinke Kaffee.«

      Kopejkin sank in den Sessel. »Erklären Sie mir genau, wie es passiert ist.«

      Graham erklärte es ihm. Kopejkin stemmte sich hoch und ging hinüber zum Fenster. Plötzlich bückte er sich, hob etwas auf und hielt es in die Höhe: Es war eine kleine Patronenhülse.

      »Eine automatische Pistole, Kaliber neun Millimeter«, sagte er. »Unangenehme Sache!« Er ließ die Patrone wieder fallen, öffnete das Fenster und sah hinaus.

      Graham stöhnte. »Ich glaube, es hat wirklich keinen Sinn, hier den Detektiv zu spielen, Kopejkin. Der Mann war im Zimmer, ich habe ihn überrascht, deshalb hat er auf mich geschossen. Los, machen Sie das Fenster wieder zu und genehmigen Sie sich einen Whisky!«

      »Gern, mein Lieber, gern. Entschuldigen Sie meine Neugier.«

      Graham wusste, dass er ein wenig dankbarer sein sollte. »Es ist wirklich sehr nett von Ihnen, Kopejkin, dass Sie sich so viel Mühe geben. Ich habe wegen einer Lappalie ein großes Theater gemacht.«

      »Das war auch gut so.« Er runzelte die Stirn. »Leider muss noch sehr viel mehr Theater gemacht werden.«

      »Sie meinen, wir sollten die Polizei verständigen? Ich wüsste nicht, was uns das nützen sollte. Außerdem, mein Zug geht um elf. Ich möchte ihn nicht verpassen.«

      Kopejkin trank etwas Whisky und stellte das Glas heftig auf den Tisch. »Mein Freund, Sie können keinesfalls mit dem Elf-Uhr-Zug abreisen.«

      »Was zum Teufel soll das heißen. Natürlich kann ich. Es geht mir bestens.«

      Kopejkin sah ihn neugierig an. »Zum Glück. Aber das ändert nichts an den Fakten.«

      »Fakten?«

      »Haben Sie bemerkt, dass sowohl Ihr Fenster als auch die Fensterläden von außen aufgebrochen wurden?«

      »Nein. Ich habe nicht nachgesehen. Na und?«

      »Wenn Sie aus dem Fenster schauen, werden Sie feststellen, dass sich darunter eine Veranda befindet, die zum Garten hin liegt. Über der Veranda ist ein Stahlgerüst, das fast bis zu den Balkonen des zweiten Stockwerks reicht. Im Sommer ist dieses Gerüst mit Strohmatten bedeckt, sodass man auf der Terrasse sitzen und im Schatten essen und trinken kann. Der Kerl ist offensichtlich am Gerüst hochgeklettert. Eine kinderleichte Sache. Sogar ich würde das vielleicht schaffen. Er könnte auf diesem Weg alle Zimmer dieses Stockwerks erreichen. Aber können Sie mir verraten, warum er ausgerechnet in eines der wenigen Zimmer eingebrochen ist, deren Läden und Fenster fest verschlossen

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